Süddeutsche Zeitung

Tempolimit:Langsam fahren mit Mehrwert

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Kirchseeon diskutiert über Tempo 30 auf der Ortsdurchfahrt. Das ist aus mehreren Gründen eine gute Idee - auch wenn Autofahrer das nicht gerne hören.

Kommentar von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Was für den Stier in der Arena das rote Tuch ist, das ist für den Autofahrer auf deutschen Straßen bisher eine Geschwindigkeitsbeschränkung. Während sich das Tier aber wohl auch in hundert Jahren noch auf ein Stück Textil stürzen wird, werden sich Fahrzeuglenker hierzulande zwangsläufig immer mehr mit Tempolimits anfreunden müssen. Schon bald könnte es sogar eine der Hauptverkehrsadern im Landkreis Ebersberg treffen: die Bundesstraße 304, die sich von der Münchner Stadtgrenze bis nach Wasserburg einmal quer durch die Region zieht. Während die meisten Ortschaften davon weitgehend unberührt bleiben, wird die Marktgemeinde Kirchseeon von der B304 quasi in zwei Hälften geschnitten. Was man bereits erahnen konnte, steht nun per Gutachten fest: Die Lärmbelastung für die Anwohner liegt jenseits der Grenze zur Gesundheitsschädigung.

Es ist also nur verständlich, dass die Gemeinde irgendwie reagieren muss. Als einzige Option, um die Belastung wenigstens etwas zu reduzieren, bleibt nur ein Tempolimit auf der gesamten Ortsdurchfahrt von 30 Stundenkilometer. Das mag nun so manchen der täglich mehr als 17 000 Autofahrer abschrecken, viele davon kommen im Ortsgebiet der Marktgemeinde aber jetzt schon nicht wirklich schneller voran. Gerade zu den Stoßzeiten wäre der ein oder andere wohl froh, wenn er 30 Kilometer pro Stunde fahren könnte. So kurios es zunächst klingen mag, aber auch hier könnte ein Tempolimit Abhilfe schaffen. Wie aus dem Gutachten hervorgeht, würde ein solches nicht nur den Lärm reduzieren, sondern auch für einen geregelteren Verkehrsfluss sorgen. Tempo 30 fahren oder stehen - das ist hier die Frage.

Neben der Lärmreduzierung und dem Verkehrsfluss gibt es aber noch zwei weitere Argumente, die dem Horror einer Geschwindigkeitsbeschränkung seinen Schrecken nehmen. Wer langsamer fährt, ist in aller Regel sicherer unterwegs - was gerade in einem dicht besiedelten Ortsgebiet mit mehreren Schulen und Kindergärten nicht zu verachten ist. Und dann wäre da natürlich noch der Klimaschutz: Wer langsamer fährt, braucht weniger Treibstoff und bläst damit auch weniger Abgase in die Luft.

Diese Punkte, die für eine Geschwindigkeitsbeschränkung sprechen, greifen immer mehr Kommunen in Deutschland und darüber hinaus auf - man denke etwa an Paris, wo fast in der kompletten Stadt Tempo 30 gilt. Es ist deshalb gut, dass das Thema nun auch im Landkreis Ebersberg angekommen ist, und Kirchseeon als erste Kommune konkrete Schritte einleitet.

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