Bürgerversammlung:Kirchseeoner Freizeitgelände soll für Autohaus weichen

Lesezeit: 3 min

Der Dirtpark am Spannleitenberg ist ein beliebtes Ziel der Kirchseeoner Jugend. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Am Spannleitenberg soll ein neues Autohaus gebaut werden. Dirtpark, Skateranlage und Bolzplatz müssten dafür umziehen.

Von Franziska Langhammer, Kirchseeon

- Bei einem Punkt wird Udo Ockel dann doch fast noch emotional. Es ist seine letzte Bürgerversammlung, im nächsten Jahr wird er freiwillig aus dem Bürgermeisteramt ausscheiden. Die letzten Monate hat er bereits in der voll besetzten ATSV-Halle Revue passieren lassen, da spricht Ockel ein Thema an, das am kommenden Montag im Gemeinderat auf der Tagesordnung steht: Die Firma BMW Wagner aus Kirchseeon braucht einen neuen, zusätzlichen Standort. Doch in Kirchseeon ist kein Platz dafür. "Im ganzen Gemeindegebiet haben wir keine Fläche, die zur Verfügung steht", so Ockel. "Fast schon verzweifelt" sei er auf die Idee gekommen, als Ersatzgrundstück auf den Spannleitenberg im Bereich von Skateranlage, Bolzplatz und Dirtpark zurückzugreifen. Was bedeuten würde: Eben diese Anlage müsste dem Autohaus weichen. "Jetzt sage ich mal Ich statt Wir", sagt Ockel und wird ungewohnt vehement: Er habe damals mit dem Grundstückseigner gesprochen, er habe damals die Fläche gekauft, er habe damals mit den Jugendlichen die Anlage beschlossen.

Eine Anlage, um die es ihm also natürlich leid täte. Aber eine Firma wie BMW Wagner könne man nicht ziehen lassen, so Ockel. Das Autohaus sei bereits auswärts auf der Suche und prinzipiell fündig geworden; die Zeit dränge also. "Für mich ist die Waagschale klar", sagt Ockel. Schließlich hingen an der Firma BMW Wagner "ein Haufen Arbeits- und Ausbildungsplätze".

Eigentlich ist die Fläche am Spannleitenberg für das Vorhaben zu klein

Für den Dirt- und den Skaterpark gibt es schon eine Ausweichidee; schlecht steht es jedoch um die Zukunft des Bolzplatzes, für den man einfach keinen Ersatz findet. Und auch sonst scheint der Spannleitenberg keine Optimallösung zu sein: Eigentlich ist die Fläche für das Vorhaben zu klein, der Zuschnitt ungünstig und eine Reihe von Fragen noch offen.

Fragen, die auch den Bürgern in der Diskussionsrunde im Anschluss unter den Nägeln brennen. "Warum muss das jetzt als Grundsatzentscheidung getroffen werden?", will etwa Bernhard Buckl wissen. Ob das nicht noch bis nach der Bürgermeisterwahl im März Zeit habe? Wer trägt die Kosten? Und wie sieht es denn mit dem Naturschutz an dieser Stelle aus? Großen Applaus erhält Buckl für sein abschließendes Plädoyer: "Wir legen immer großen Wert auf Jugendliche; aber wenn es konkret wird, wird Jugendlichen dieser Platz bis auf Weiteres wieder weggenommen."

Die Eltern sind in Sorge um die Zukunft des Spielplatzes

Auch Ines Helge sieht die Überlegungen kritisch: "Meine Kinder würden den Bolzplatz und den Dirtpark schmerzlich vermissen." Schade wäre es, wenn das nächste grüne Grundstück in Kirchseeon zubetoniert würde. Zudem wirft sie die Frage in die Runde: Was passiert mit dem Spielplatz nebenan? "Ich stelle mir das nicht schön vor für Kinder, in der Umgebung von einem Autohaus", so Helge. Auch wenn BMW Wagner der Gemeinde die Pistole auf die Brust setze, wende sie sich mit einer Bitte an den Gemeinderat: in der nächsten Beratung über dieses Thema nicht die Kinder und Jugendlichen zu vergessen.

Versöhnlicher wird die Stimmung, als sich diejenigen zu Wort melden, die von der geplanten Maßnahme direkt betroffen sind. Rund 15 Jugendliche und junge Erwachsene sind zur Versammlung gekommen, die sich für den Dirtpark und die Skateranlage einsetzen wollen. Adrian Binder, der seit fünf Jahren den Bikepark betreut, räumt zuerst einmal ein: "Der Informationsfluss bisher ist gut, wir fühlen uns gut aufgehoben." Binder erzählt, wie er damals, als die Anlage gebaut wurde, ein Jahr ehrenamtlich mit angepackt hat. "Sollten wir umziehen müssen", sagt er, "dann können wir das nicht mehr ehrenamtlich stemmen." Sie seien alle älter geworden, er selbst habe jetzt ein Kind und einfach nicht mehr die Zeit dafür. "Das ist auch verständlich für mich", sagt Ockel und sichert ihm seine Unterstützung zu.

Das Autohaus will den Umzug des Dirtparks finanziell unterstützen

Zum letzten Redebeitrag des Abends meldet sich schließlich Richard Wagner, Inhaber des Autohauses, selbst zu Wort, und damit schließt sich auch der Kreis: Der Zeitdruck, unter dem er stehe, komme von der Gemeinde. Das ehemalige Bundeswehrgelände, das seit Jahren von BMW Wagner gemietet und genutzt werde, soll nun bebaut werden; daher braucht das Autohaus nun eine neue Fläche. "Wenn die Gemeinde uns dort ließe, ich wäre der glücklichste Mensch der Welt", so Wagner. Mit den "Dirtparklern" sei man übrigens schon überein gekommen: In einem Telefonat am Nachmittag habe er ihnen finanzielle Entlastung zugesichert: "Wenn es um 10 000 Euro Maschinenleistung und 10 000 Euro Arbeitslohn geht, ist das sicherlich überhaupt kein Problem." Und auch für den Bolzplatz glaubt Wagner eine Lösung gefunden zu haben: "Man kann Vereinen beitreten, die haben eh Nachwuchsprobleme."

Im Gemeinderat wurden die Optionen bereits inoffiziell besprochen; eine Entscheidung wird in der Sitzung am kommenden Montag erwartet.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Runter vom Gas
:Kirchseeon fordert Tempolimit am Spannleitenberg

Geht es nach dem Marktgemeinderat, soll das Tempo auf 70 Stundenkilometer begrenzt werden. Nun muss das Landratsamt entscheiden.

Von Andreas Junkmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: