Süddeutsche Zeitung

Kirchseeon:Ryan Gosling aus Kirchseeon

Ludwig Lehner ist das offizielle Double des Hollywoodstars. Für seine Auftritte wird der 27-Jährige bezahlt. Privat gönnt er sich in seiner Rolle auch mal einen Spaß.

Von Sandra Langmann, Kirchseeon

"La La Land" wurde zwar nicht mit dem Oscar als "Bester Film" ausgezeichnet, obwohl es aufgrund einer Hollywood-reifen Panne zuerst ganz danach aussah. Dennoch, oder gerade deswegen, ist der Spielfilm und vor allem der Hauptdarsteller Ryan Gosling in aller Munde. Ein verschmitztes Lächeln, verträumte blaue Augen und dazu noch ein richtiger Frauenversteher. Was will Frau eigentlich mehr? Schade nur, dass es sich um einen Hollywoodstar handelt.

Sprich: Alles Schmachten ist vergebens, der 36-Jährige ist schlicht unerreichbar. Jedenfalls das Original - denn die Marktgemeinde Kirchseeon hat mit dem Stardouble Ludwig Lehner ihren eigenen Ryan Gosling, der beim ersten Blick schon für das eine oder andere verdutzte Gesicht sorgt. Mit der silbernen Sportjacke aus dem bekannten Hollywoodstreifen "Drive", den gleichen blauen Augen und Dreitagebart kann es zur Verwechslung kommen. Auf den zweiten Blick sind dann aber doch ein paar Unterschiede zu erkennen.

Bis 2013 wusste Ludwig Lehner noch gar nichts von seiner optischen Ähnlichkeit zum kanadischen Schauspieler. Erst nach einem Kinobesuch von "Drive" wurde er von Kinogästen angesprochen, die mit ihm Fotos machen wollten. "Das hat mich sehr überrascht", so Lehner. Dann führte eines zum anderen. Sein Vater meldete ihn bei einer Doppelgänger-Challenge bei Pro7 an.

Gefragt waren laut Lehner aber eher Justin-Bieber-Doubles, Ryan Gosling eher nicht. Trotzdem kam er unter die Top fünf. Dadurch wurde die Agentur Florstedt auf ihn aufmerksam, die ihn nun seit vier Jahren managt. Wie Ludwig Lehner verrät, befinden sich nur offizielle Doubles in der Kartei der Agentur. Somit gilt der Kirchseeoner europaweit als offizielles Ryan-Gosling-Double.

Wenn das Original seine Frisur ändert, muss das Double mitziehen

Seine Aufträge beschränkten sich bislang auf deutsche Städte, jedoch gebe es einiges zu tun. Um die zwei Auftritte kämen im Monat zusammen, die ihn zu Kinopremieren und zu TV-Shows führen. So spazierte er als Hollywoodstar vor dem Mathäser-Filmpalast den roten Teppich entlang und posierte fleißig vor Werbebannern. Auch der Selfie-Wahn der Fans machte vor ihm nicht Halt. Zuvor war er professionell geschminkt und in einen Anzug gesteckt worden. "Da fühlt man sich auch wie ein echter Star", schwärmt Lehner, dem die Rolle richtig Spaß macht.

Zwar wird er für seine Auftritte bezahlt, doch er macht das auch "just for fun". Natürlich werden die Leute dadurch in die Irre geführt, aber die Täuschung werde hin und wieder auch aufgeklärt, erzählt Lehner.

Für die Rolle im US-Spielfilm "The Place Beyond the Pines" erblondete Ryan Gosling plötzlich. Da musste auch Lehner mitziehen. Mit einem Bild vom blonden Gosling begab er sich zum Friseur. "Mit blonder Haarfarbe fühlte ich mich wirklich unwohl", so der Kirchseeoner, doch es half nichts. Für das Starmagazin Promiflash schlenderte er durch ein Berliner Einkaufszentrum, dafür benötigte er ein hellblondes Haupt. Da er von Kameras verfolgt wurde, hielten ihn die Leute für den echten Schauspieler. Doch viel weiter würde der gelernte Koch nicht gehen, um sein Äußeres zu verändern.

Zwar sei es für ihn kein Problem, sich dem Original anzupassen, was Körperumfang und Haarfarbe betreffen. Eine Grenze hat sich Lehner aber gesetzt. "Ich würde mich nie einer Schönheitsoperation unterziehen", erklärt er. Das würden zwar einige seiner Double-Kollegen machen, für Lehner kommt es aber, wie er sagt, auf keinen Fall in Frage. Auch eine Nacktszene wäre für ihn unvorstellbar. "Da ist für mich Schluss." Für den gestählten Körper des Originals müsste er sich auch ordentlich ins Zeug legen. Mit Goslings Waschbrettbauch sei aber schwer mitzuhalten, bestätigt Lehner.

Immer wieder gibt es auch sprachliche Barrieren zu überwinden. Denn wenn der Bayer von den Fans angesprochen wird, ist der Unterschied zu Gosling sofort zu erkennen. "Ich kann zwar die Basics", sagt Lehner und grinst, "aber mein Englisch ist nicht perfekt." Vor allem sei es schwierig, sich die kanadische Aussprache anzueignen.

Über weibliche Fans ist seine Frau nicht gerade begeistert

Seine Stärken liegen daher in seinem Äußeren. Ludwig Lehner sieht sich alle Filme von Gosling immer wieder an, um seine Bewegungen und sein Verhalten zu studieren. Vor Auftritten achtet er besonders auf seine Ernährung und bringt sich in Form. Als Schauspieler besetzte er bereits kleinere Rollen beim "Tatort" und "In Gefahr". Auch kleinere Filmszenen, in denen er Ryan Gosling mimt, sind im Internet zu sehen. Das Schauspielern macht Lehner zwar Spaß, doch am Doublesein habe er mehr Freude, erzählt er.

Denn im Mittelpunkt zu stehen, dabei von Kameras umgeben zu sein und mit Berühmtheiten Kontakte zu knüpfen, scheint dem 27-Jährigen ganz gut zu gefallen. Der TV-Auftritt bei "Circus Halli Galli" bei Joko und Klaas ist ihm besonders in Erinnerung geblieben, denn da fühlte er sich wie ein echter Star. Da er an einem runden Tisch mit anderen Star-Doubles sitzen und dabei kein Englisch sprechen musste, war die Verwechslungsgefahr wieder etwas größer.

Wird er in der Öffentlichkeit von weiblichen Fans angesprochen, ist seine Frau nicht so begeistert davon. Zwar unterstützt sie ihn und ist auch gerne bei seinen Auftritten dabei, doch seine silberne Jacke möge sie nicht so gerne, sagt der Kirchseeoner. Doch wie Ryan Gosling hält sich auch Ludwig Lehner für einen richtigen Frauenversteher. "Ich höre gerne zu", versichert Lehner, ohne dabei rot zu werden.

Auf die Frage, ob er mit dem echten Ryan Gosling tauschen wolle, muss er aber nicht lange überlegen. Natürlich wäre es interessant, einen ganzen Tag lang Ryan Gosling zu sein. Um zu sehen, wie der Schauspieler und Regisseur lebt, und um zu erfahren, wie es sich anfühlt, ein Star zu sein.

Das Scheinwerferlicht hat es ihm eindeutig angetan. Doch sein Leben wolle er auf keinen Fall tauschen. "Ich bin mit meiner Frau glücklich", so Lehner, der sich in seiner Haut wohl fühlt und auch seiner Arbeit als Koch in Poing gerne nachgeht. Mit seinem Chef konnte er vereinbaren, dass er sich für seine Arbeit als Double öfter frei nehmen kann. Denn als Double müsse man flexibel sein und auch spontan Aufträge annehmen.

Ludwig Lehner geht davon aus, dass er bald häufiger gebucht wird. Immerhin staubte "La La Land" gleich sechs Oscars ab. "Dann bin auch ich gefragter", ist Lehner überzeugt.

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SZ vom 03.03.2017/koei
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