Kirchseeon:Das Maskeum ist eröffnet

Kirchseeon: Eine eigentümlich gekleidete Gestalt - umringt von Perchten des neuen Kirchseeoner Maskeums: Landrat Robert Niedergesäß lässt sich den Spaß nicht nehmen.

Eine eigentümlich gekleidete Gestalt - umringt von Perchten des neuen Kirchseeoner Maskeums: Landrat Robert Niedergesäß lässt sich den Spaß nicht nehmen.

(Foto: Christian Endt)

In Kirchseeon entsteht das "Maskeum", ein einzigartiges Perchten-Museum. Bei der Eröffnungsfeier gibt es erste tiefe Einblicke - und fiese Grimassen.

Von Michaela Pelz, Kirchseeon

"Wer kann schon von sich behaupten, es ins russische Staatsfernsehen geschafft zu haben?", sagt Robert Niedergesäß während der Eröffnung des Maskeums. Damit spielt der Landrat nicht nur auf die internationale Aufmerksamkeit an, die dem in Kirchseeon gelebten Perchtenbrauchtum bereits zuteil wurde, sondern bringt so auf den Punkt, was am Samstagnachmittag zu spüren ist: Mit diesem Museum ist den Machern - der Perschten-Stiftung Kirchseeon, dem Perschtenbund Soj Kirchseeon e.V. sowie dem Förderverein Maskeum e.V. unter der Projektleitung von Rainer Eglseder - Besonderes gelungen.

16 Jahre mussten vergehen, bis aus der zunächst belächelten Idee eine faszinierende Dauerausstellung für die schaurig-schönen, mystischen Perchten wurde. Dass diese aus Kirchseeon nicht mehr wegzudenken sind, ist dem 2019 verstorbenen Ehrenbürger Hans Reupold zu verdanken, über den man im Museum ebenfalls einiges erfährt. Nach dem Krieg habe er, der sich stark für das Brauchtum interessierte, angeregt durch den Kontakt mit dem einstigen Kreisheimatpfleger Heinrich Kastner, das Maskenschnitzen begonnen und 1954 den ersten Lauf initiiert, erzählt Tochter Martina Heiler-Reupold, Vorsitzende des 7-köpfigen Stiftungsrats, dem auch ihre beiden Geschwister angehören.

"Damals hingen die Masken bei uns im Gang", erinnert sie sich. Angst habe ihr das als Kind aber nie gemacht. "Unheimlich fand ich nur die leeren Haken an der Wand, wenn sie beim Lauf waren." Sie selbst durfte als Fünfjährige unter einer vom Papa geschnitzten Maske erstmals teilnehmen, heimlich, denn seinerzeit war dies im Gegensatz zu heute Mädchen nicht gestattet.

Reupold ließ sich davon nicht beirren, ebenso wenig wie durch die Bezeichnung "Spinner". Stattdessen gründete er einen passenden Verein, den Perschtenbund Soj Kirchseeon. Für den fertigte er im Lauf der Jahre mehr als hundert Masken an. Dieser Bestand vergrößerte sich kontinuierlich durch weitere Schnitzarbeiten des Vereins nebst Schenkungen und Ankauf. Weil die Lagerung im Rathaus aber bei zudem klimatisch ungünstigen Bedingungen schwierig wurde, entstand die Idee einer würdigeren Präsentation. Die ist nun in Gestalt des Maskeums erreicht.

Dass dessen Ausstellungsfläche im zweiten Stock des Nordbaus der Grund- und Mittelschule nur etwa 125 Quadratmeter beträgt, ist wahrlich nicht zu erkennen. Dafür sorgt das ausgeklügelte Lichtkonzept mit seinen 55 Lampen, durch die der Raum wesentlich größer wirkt.

Kirchseeon: Andreas Lenz und Hans Vollhardt lauschen.

Andreas Lenz und Hans Vollhardt lauschen.

(Foto: Christian Endt)

Über solche Details informiert in seiner Rede Rainer Eglseder, der mit der Fertigstellung des Maskeums vom Projektleiter zum Museumsdirektor avanciert ist. Besonders lobende Worte findet er für die Mitstreiter Herbert Schafbauer, Johanna Killi und den verstorbenen "Harry" Blöchl sowie die außerordentliche Leistung des Ausstellungsplaners Atelier Hackel.

Nicht zu vergessen jene, die neben Stiftung, Perschtenbund und Förderverein zur Finanzierung der etwa 420 000 Euro Gesamtkosten beigetragen haben, wie Gemeinde, Landkreis oder die Landesstelle für nichtstaatliche Museen. Einige Sponsoren-Vertreter, so etwa Landrat Robert Niedergesäß, Kirchseeons Bürgermeister Jan Paeplow und sein Vorgänger Udo Ockel würdigen sodann ihrerseits das Engagement von Eglseder und seinem Team und sichern künftige Unterstützung zu.

Kirchseeon: Martina Heiler-Reupolds hält eine Rede.

Martina Heiler-Reupolds hält eine Rede.

(Foto: Christian Endt)

Geschenke haben sie auch dabei: Paeplow ein Bild von Hans Niedermaier, Niedergesäß einen Umschlag mit Geld sowie ein Gemälde von Josef Kardinal, das bisher als Dauerleihgabe der Kreissparkasse im Landratsamt hing. Jetzt kommt es neben die anderen beiden Werke des Künstlers, gleich hinter dem Eingang des neuen Kirchseeoner Maskeums.

Im Anschluss an die Reden dürfen sich die geladenen Gäste, zu denen auch Altlandrat Hans Vollhardt und der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz gehören, bei einem Rundgang davon überzeugen, welch ausgeklügelten Raffinessen mit dem für die Ausstattung eines Museums eher kleinen Budget realisiert werden konnten: Neben den gut 70 Masken und lebensgroßen Figuren finden sich interaktive Medienstationen mit Fotos, Film- und Tonaufnahmen, ein Maul als Tor, eine Riesenmaske, ein "Selfie-Point", um die Welt aus Perchten-Perspektive sehen zu können, ein begehbarer Kopf als Audiotheater mit neun Hörstücken sowie schließlich die versenkbaren Figuren vor einer Leinwand, auf der unterschiedliche Filme etwa über die Bedeutung der Tänze aufklären oder echte Auftrittsatmosphäre vermitteln.

Will man darüber noch mehr hören, kann man einen der 27 geschulten Ehrenamtlichen fragen, die den Besuchern künftig zur Seite stehen. Einer davon ist Florian Zarriello, der seit 26 Jahren zu den Aktiven gehört, die eine der bis zu 25 Kilogramm schweren Ausrüstungen aus Maske und Gewand anlegen. 70 Personen ab zwölf Jahren sind es insgesamt, von denen stets 40 im Einsatz sind, um bei elf vier- bis siebenstündigen Perchtenläufen jedes Haus am Ort zu besuchen und - falls es sich ausgeht - noch Sonderauftritte zu absolvieren, ausgewählt aus den rund 90 Einladungen, die der Verein jedes Jahr erhält.

Maskeum in Kirchseeon, Münchner Straße 19. Eröffnung für das Publikum: Samstag, 2. Oktober, fortan immer Samstag und Sonntag von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Weitere Infos unter www.maskeum.de

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