Süddeutsche Zeitung

Überschwemmungen im Landkreis:Wenn das Wasser kommt

Auch im Landkreis Ebersberg gibt es bei Starkregen immer wieder Überschwemmungen. Den Markt Kirchseeon erwischt es dabei besonders häufig. Dort will man sich nun mit Hilfe eines Risiko-Konzepts gegen solche Ereignisse schützen.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

An diesem Abend ist die Straße vor dem Kirchseeoner Rathaus zwar noch feucht, der Regen hat aber bereits vor einigen Stunden aufgehört. Das haben die Bürger in der Marktgemeinde allerdings auch schon anders erlebt. Dann nämlich, wenn der Himmel seine Schleusen öffnete und heftiger Starkregen auf die Erde niederprasselte. Was andernorts aufgrund der Topografie nicht weiter schlimm ist, wird in Kirchseeon schnell zu einem ernsthaften Problem. Immer wieder werden Teile der Gemeinde nach starken Regenfällen überschwemmt, hohe Schäden an Gebäuden sind die Folge. Wie man sich dagegen sinnvoll schützen kann, darum ging es nun am Montagabend im Gemeinderat, der bereits vor einem Jahr den Beschluss fasste, sich für ein ganz besonderes Förderprogramm des Freistaates zu bewerben.

Dieses trägt den etwas sperrigen Titel "Integrales Konzept zum kommunalen Sturzflutrisikomanagement" - was nichts anderes bedeutet, als eine Expertenanalyse darüber, wo am Ort gehäuft Hochwasser auftreten und was die Gemeinde am besten dagegen tun kann. Das soll das Ingenieurbüro Spekter aus Herzogenaurach herausfinden, das sich auf die Simulation von Starkregenereignissen spezialisiert hat. Seit einigen Monaten läuft die Analyse in Kirchseeon und auch erste Ergebnisse gibt es bereits, die Florian Brodrecht nun vorstellte. Dafür mussten sich die Experten zunächst einen Überblick über den Ist-Zustand verschaffen und haben dazu eine Gefahrenermittlung und eine Bestandsanalyse durchgeführt. Darin eingeschlossen sind mehrere Faktoren, wie etwa die Bodenbeschaffenheit in bestimmten Bereichen, aber auch das Gefälle oder die Bepflanzung. All das habe Einfluss darauf, wie sehr ein bestimmtes Gebiet von starken Regenfällen betroffen sei, wie Brodrecht erklärte.

Eine Simulation zeigt, wo es in der Gemeinde zu Überschwemmungen kommen kann

Als Hotspot haben die Experten wenig überraschend das tiefgelegene Kirchseeoner Moos im Osten der Gemeinde identifiziert, wo es in den vergangenen Jahren tatsächlich immer wieder zu schweren Überschwemmungen gekommen ist. Aber auch das Gelände des ehemaligen Bahnschwellenwerks, auf dem nach Plänen des neuen Investors ein ganzes Wohngebiet entstehen soll, gilt als Risikobereich. Was passiert, wenn viel Regel vom Himmel kommt, hat das Ingenieurbüro in einer Simulation dargestellt, die Brodrecht nun in der Sitzung zeigte: Je nach Stärke des Niederschlags wurden die blauen Flecken auf der Gemeindekarte immer größer, bis schließlich auch einige Siedlungen davon umschlossen waren. "Wenn die Gräben überlastet sind, kann es auch zu Überschwemmungen in Wohngebieten kommen", so der Experte.

Damit das künftig verhindert werden kann, soll als nächster Schritt eine Risikoanalyse durchgeführt werden, bei der man Orte mit besonderem Handlungsbedarf herausfiltern will. Die Ergebnisse werden schließlich in zwei Workshops mit Vertretern der Gemeinde, der Feuerwehren und des Bauhofs besprochen. "Es geht darum, herauszufinden, was mit baulichen und nicht-baulichen Mitteln getan werden kann", sagte Brodrecht, der neben der Errichtung von Dämmen etwa auch ein besseres Überwachungssystem oder eine Flächenvorsorge ins Spiel brachte. Was die jeweiligen Maßnahmen bewirken würden, kann ebenfalls in der Simulation durchgespielt werden.

Um die richtigen Schlüsse aus dem Konzept zu ziehen, sind die Experten aber auch auf die Hilfe der Kirchseeoner Bürger angewiesen. Auf der Internetseite www.starkregenmelder.de können Betroffene eintragen, wann es wo zu Überflutungen in der Gemeinde kam. Diese Daten nutzt das Ingenieurbüro, um die errechneten Ergebnisse der Simulation zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen. Über ein Formular, das es im Rathaus gibt, können die Meldungen auch analog abgegeben werden.

Noch bis Sommer nächsten Jahres soll das Projekt laufen

Im Sommer nächsten Jahres soll das Projekt abgeschlossen sein. Dann gilt es für die Gemeinde, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. "Das Thema wird uns noch eine Zeit lang beschäftigen", sagte Bürgermeister Jan Paeplow (CSU). Ziel sei, am Ende gute Lösungen für die Gemeinde zu finden. Lob für die Simulation gab es auch von UWG-Gemeinderat Christian Eringer, der aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Kirchseeon-Dorf ist. Zwar seien die bisherigen Ergebnisse keine große Überraschung für ihn, schließlich seien die Problemstellen am Ort schon lange bekannt, "trotzdem ist jede Hilfe, die wir durch Experten bekommen begrüßenswert".

Neben dem Gutachten will die Gemeinde auch die Renaturierung des Kirchseeoner Moos vorantreiben, wie Bürgermeister Paeplow sagte. Und auch für den dortigen Abfluss, der sich in der Vergangenheit immer wieder als nicht wirklich ausreichend gegen die Wassermassen erwiesen hat, suche man weiter nach Lösungen.

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