Süddeutsche Zeitung

Haushalt Kirchseeon:"Es tut verdammt weh"

Mit Mühe, Not und kräftiger staatlicher Unterstützung schafft es der Markt Kirchseeon, einen Haushalt für das laufende Geschäftsjahr aufzustellen. Das Zahlenwerk sieht zwar auf den ersten Blick sehr solide aus, doch der Teufel versteckt sich im Detail.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

In die Gefühlswelt von Kirchseeons Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) kann sich wohl jeder hineinversetzen, der schon mal eine Rechnung bezahlen musste: "Es tut verdammt weh, wenn man schaut, was man mit dem Geld alles hätte machen können", sagte der Rathauschef am Montagabend, als es in der Gemeinderatssitzung um die Haushaltsplanung für das laufende Jahr ging. Jenes Geld, dem Paeplow bereits jetzt so sehnsüchtig hinterhertrauert, wird in 2023 zu einem Großteil für die Finanzierung der stark angestiegenen Energiekosten gebraucht. Und auch sonst gibt es in dem Kirchseeoner Zahlenwerk einige Posten, die für die Zukunft nicht unbedingt Gutes verheißen.

"Der Markt ist in vielen Bereichen weit abgeschlagen", so das ernüchternde Fazit des Bürgermeisters. Nur durch die hohen staatlichen Zuschüsse sei es überhaupt möglich gewesen, einen vernünftigen Haushalt für 2023 aufzustellen. Paeplow nannte neben den gestiegenen Energiekosten vor allem den jährlichen Defizitausgleich für Kitas, der in Kirchseeon traditionell besonders hoch ist. Die Entwicklung in diesem Bereich geht "exorbitant nach oben", sagte der Bürgermeister. Waren es vergangenes Jahr noch rund 1,7 Millionen Euro, die der Markt den Kinderbetreuungseinrichtungen zusätzlich ausgezahlt hat, werden es heuer knapp zwei Millionen Euro sein. "Wir müssen schauen, wie wir da gegensteuern können", sagte Paeplow.

Die Erhöhung der Kreisumlage sieht man in Kirchseeon nicht nur kritisch

Wenig tun kann Kirchseeon derweil was die Kreisumlage angeht, also die jährliche Abgabe an den Landkreis. Weil auch das Ebersberger Landratsamt nicht gerade im Geld schwimmt, ist der Betrag in diesem Jahr erneut angestiegen. Rund 6,2 Millionen Euro wird der Markt deshalb heuer in Richtung Kreisstadt überweisen müssen - ein riesiger Posten für die eher arme Gemeinde. Doch verteufeln will der Bürgermeister die Kreisumlage nicht unbedingt. Natürlich tue diese Summe weh, aber klar sei auch, dass die Gemeinde wiederum von den Ausgaben des Landkreises profitiere, etwa durch die Erweiterung des Gymnasiums. Dennoch mahnte Paeplow an, bei den Beschlüssen im Kreistag auch immer die Haushalte der einzelnen Kommunen im Blick zu haben.

Das Zahlenwerk von Kirchseeon fest im Blick hatte im Vorfeld der Beratungen in bewährter Manier Christiane Prosser. Doch selbst für die erfahrene Kämmerin stellte der Haushalt 2023 eine Herausforderung dar. In den vergangenen beiden Jahren habe Corona die Planung erschwert, "aber das ist heuer nochmal getoppt worden", so Prosser, die etwa auf die Unwägbarkeiten auf dem Energiemarkt anspielte. Sie habe für den aktuellen Haushaltsplan zwischenzeitlich die siebenfachen Kosten des Vorjahres ansetzen müssen, letztendlich kalkuliere man nun mit den dreifachen Energiepreisen im Vergleich zu 2022.

Auch bei den Personalausgaben hat die Kämmerin bereits eine Erhöhung von fünf Prozent für etwaige Lohnsteigerungen eingepreist. "Das ist zwar für mich persönlich erfreulich, aber für meinen Haushalt ist es eine Katastrophe", sagte Prosser. Immerhin muss Kirchseeon in 2023 keine neuen Schulden aufnehmen und kann einen Teil seines Defizits sogar tilgen. Das sieht in den nächsten Jahren jedoch ganz anders aus: Nicht zuletzt wegen einiger Großprojekte - etwa die 15 Millionen Euro teure Sanierung der Grundschule Eglharting - wird die Verschuldung bis 2026 auf stattliche 18,2 Millionen Euro anwachsen.

Es gibt viel Geld vom Freistaat - doch das sind für den Markt schlechte Nachrichten

Auf der Einnahmenseite wird Kirchseeon derweil durch die sogenannten Schlüsselzuweisungen durchaus großzügig begünstigt. Etwas mehr als 3,2 Millionen Euro zahlt der Freistaat Bayern heuer an die Marktgemeinde - ein Grund zur Freude ist aber auch das nicht unbedingt, wie Prosser erklärte: "Je mehr Schlüsselzuweisungen wir bekommen, desto schlechter ist unsere finanzielle Lage."

Im Gremium war man sich deshalb weitgehend einig, dass Sparen für die nächsten Jahre das oberste Ziel ist. Susanne Markmiller (FDP) bedauerte es, dass die aus ihrer Sicht chronisch unterfinanzierten Kommunen inzwischen gar keinen Handlungsspielraum mehr hätten. "Als Gemeinde kann man keine Entscheidungen mehr treffen", sagte Markmiller. Peter Kohl (CSU) mahnte derweil an, dass man mit dem wenigen Geld umso sparsamer und verantwortungsvoller umgehen müsse, schließlich seien es vor allem die Bürger, die dem Markt Einnahmen bescheren würden. Zustimmung für das Zahlenwerk gab es auch von den übrigen Fraktionen, so dass der Haushalt letztlich ohne Gegenstimme beschlossen wurde.

Der Haushalt im Überblick

Gesamtvolumen: 31,8 Mio. Euro

Verwaltungshaushalt: 24,3 Mio. Euro

Vermögenshaushalt: 7,5 Mio. Euro

Größte Einnahmen

Einkommenssteuer: 8,3 Mio. Euro

Verkäufe Anlagevermögen: 4 Mio. Euro

Zuschüsse u. Zuweisungen: 3,6 Mio. Euro

Größte Ausgaben

Kreisumlage: 6,2 Mio. Euro

Baumaßnahmen: 6,1 Mio. Euro

Schulden

Anfang 2023: 5,2 Mio. Euro

Ende 2023: 4,8 Mio. Euro

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5772737
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/fejo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.