Süddeutsche Zeitung

Nach der Prüfung:Hoffen auf einen Lerneffekt

Beim Bau des Kinderhauses Kirchseeon war viel Pech im Spiel - trotzdem sollte so manches künftig anders laufen.

Kommentar von Andreas Junkmann

Für die Erkenntnis, dass beim Bau des Kirchseeoner Hauses für Kinder Fehler gemacht worden sind, hätte es keine Sonderprüfung gebraucht. Dennoch tat die Gemeinde gut daran, die Experten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes mit der Nachbearbeitung des Pannen-Projekts zu beauftragen. Warum, das war in der Gemeinderatssitzung am Montagabend deutlich zu sehen. Das Vorhaben - für das die ohnehin nicht sonderlich wohlhabende Gemeinde viel Geld ausgeben musste - hatte das Potenzial, einen Spaltkeil in den Gemeinderat zu treiben, ebenso wie zwischen das Gremium und die Rathausverwaltung. Das zeigte sich nicht zuletzt an den Äußerungen einiger Gemeinderäte, in denen harsche Vorwürfe in alle möglichen Richtungen erhoben wurden.

Diese sind jedoch von der Sonderprüfung nicht gedeckt. Zwar lief beim Bau des Kinderhauses nicht alles glatt, mutwillig zu verantworten hat das allerdings niemand. Auf den ersten Blick mag es zwar merkwürdig erscheinen, dass Altbürgermeister Udo Ockel Aufträge am Gemeinderat vorbei freigegeben hat. Da es sich aber im Einzelnen immer nur um kleinere Summen gehandelt hatte, ist das Vorgehen durchaus legitim und auch gängige Praxis bei kommunalen Bauprojekten. Die großen Kosten - verursacht durch Kontamination des Erdreichs und Wasserschaden - sind eher der Kategorie Pech zuzuordnen. Deshalb ist das Argument von CSU-Gemeinderat Siegfried Seidinger durchaus nachvollziehbar, dass man diese Beträge von der Gesamtmehrung eigentlich abziehen müsste. Übrig bleiben würden demnach sieben Prozent Baukostensteigerung - für ein Vorhaben dieser Größenordnung also völlig normal.

Ein "Nachtreten", wie es Bürgermeister Jan Paeplow einigen Gemeinderäten vorwarf, ist deshalb tatsächlich unangebracht. Vielmehr sollten auch die neuen Gemeinderäte den Prüfbericht als Motivation verstehen, aus den Fehlern ihrer Vorgänger zu lernen und es selber in Zukunft besser zu machen.

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Quelle:
SZ vom 17.11.2021
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