Gymnasium Kirchseeon:Keine Männersache!

Gym KS Podcastgruppe

Die Podcastgruppe des Gymnasiums Kirchseeon.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach wie vor stehen Frauen in der Forschung oftmals im Hintergrund. Das stört die Schülerinnen der 12. Klasse vom Gymnasium Kirchseeon. In ihrem Projekt-Seminar "Vergessene Frauen in den Naturwissenschaften" wollen sie mit einem Podcast auf das Thema aufmerksam machen.

Von Louisa Lettow, Kirchseeon

"Forschung, das ist was für Männer!" - Diese stereotype Sichtweise, ist nach wie vor in vielen Schulen präsent. Die Schülerinnen vom Gymnasium Kirchseeon wollen sich das aber nicht gefallen lassen. Warum hängt Einstein als Idol an der Wand, aber Marie Curie nicht? Alles was man im naturwissenschaftlichen Unterricht lernt dreht sich um Männer, weibliche Vorbilder fehlen. In dem Projekt-Seminar "Vergessene Frauen in den Naturwissenschaften" machten sich die Zwölftklässlerinnen daran, mit ihrem Podcast "Dust off - Spotlight auf Frauen in den männerdominierten Wissenschaften" die Erfolge von Frauen mehr in den Vordergrund zu rücken.

Naturwissenschaftlerinnen bleiben oft die Einträge in den Geschichtsbüchern verwehrt

P-Seminare finden in der Oberstufe statt und werden frei gewählt, im Fokus steht dabei, ein eigenständiges Projekt auf die Beine zu stellen. Viele hätten sich aus eigenem Nicht-Wissen eingeschrieben, erzählt eine der Schülerinnen, das richtige Interesse sei eigentlich erst nach und nach gekommen. Sie hätten erstmal feststellen müssen, wie wenig sie selbst über Frauen in der Forschung wissen, so eine andere Stimme aus der Gruppe. Auf der Homepage der Schule ist der Podcast jetzt für alle zugänglich, sie hoffen darauf die Hörerinnen und Hörer für das Thema zu sensibilisieren.

Die Idee, zu dem Thema "Vergessene Forscherinnen" einen Podcast zu machen, kam von den Schülerinnen selbst. In ihrer Freizeit würden sie alle gerne Podcasts hören - ob True Crime, Philosophie To Go oder Comedy. Ihre eigene Erfahrung mit dem Medium hätte sie auch bei der Umsetzung inspiriert. So kam ihnen unter anderem der Einfall, Musik als Zwischenblenden einzusetzen und ein Cover zu gestalten. "Unsere Idee war es, ein Comic-Design zu machen, das hat am besten gepasst", erzählt Franziska Winkler, sie selbst hat das Cover entworfen hat.

Kirchseeon, Gymnasium, P-Seminar 'Vergessene Frauen in den Naturwissenschaften' - Podcastgruppe. Logo

Die Gestaltung des Podcast-Covers stammt von Gruppenmitglied Franziska Winkler.

(Foto: privat/oh)

In jeder der fünf Folgen des Podcasts behandeln die zwölf Schülerinnen einen anderen Aspekt. Es geht zum Beispiel um die historischen Hintergründe, ein Interview mit Professorin Karen Alim von der TU München, um die Erfinderin einer Funkfernsteuerung für Torpedos Hedy Lamarr oder um die Kernphysikerin Lise Meitner. Die Themen haben alle Schülerinnen gemeinsam beschlossen und sich dann in kleine Gruppen aufgeteilt.

Seminarleitung Katharina Unger, Lehrerin für Biologie und Chemie, sei völlig irritiert gewesen, wie eigenständig das Team dann mit kaum Unterstützung das Projekt auf die Beine gestellt hat. "Es war echt cool mal etwas alleine zu machen, das hat mir bisher in der Schulzeit komplett gefehlt", berichtet Julia Willeke, "ich denke, das hat uns auch für die Zukunft etwas gebracht." Die anderen nicken. Sie seien überrascht gewesen, wie gut letztendlich alles geklappt hat - auch wenn der Zeitplan nicht immer aufgegangen sei.

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Die Gruppendynamik unter den Schülerinnen scheint von Begin an gut funktioniert zu haben: Schon nach einem gemeinsamen ersten Brainstorming war klar, dass sie ein möglichst breites Spektrum abdecken wollten. Je nach Interesse haben sie Teams aus zwei oder drei Schülerinnen gebildet und in der großen Gruppe Rücksprachen getroffen. Unter anderem entschieden sie sich für genaue Rollenverteilungen, damit sich nicht alle um alles kümmern mussten. Es gab somit ein Organisationsteam, Sprecherinnen und andere Aufgaben. Manchmal sei dann aber doch schulische Hilfe nötig gewesen. Probleme gab es zum Beispiel auf der Suche nach passender Musik. Denn dabei mussten sie feststellen, dass das mit dem Copyright gar nicht so einfach ist. Und auch in die Schnittprogramme mussten sich die Schülerinnen erst einarbeiten. "Eine Lehrerin hat uns einen Crash-Kurs gegeben, ich finde, für unser erstes Mal haben wir das ziemlich gut gemeistert", erzählt Antonia Stöhr stolz.

Gym KS Podcastgruppe

Antonia Stöhr, Julia Willeke und Franziska Winkler (von links) beim Einsprechen des Podcasts.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vor den Arbeiten am Podcast haben die Schülerinnen kaum darüber nachgedacht, was für ein Bild es vermittelt, dass im Unterricht eigentlich immer nur die Rede von männlichen Forschenden ist, wie sie sagen. Den meisten geht es wie ihnen, sie kennen höchstens noch Marie Curie - das ergaben die Ergebnisse einer Umfrage der Schülerinnen. Doch die Forscherinnen aus dem Podcast seien beim Fortschritt der Wissenschaft kaum wegzudenken: Hedy Lamarr galt als schöne Schauspielerin, doch die wenigsten wissen von ihrem Beitrag, der später zur Erfindung von Bluetooth und WiFi führte. Oder Lise Meitner, die gemeinsam mit Otto Frisch zum ersten Mal eine physikalische Erklärung lieferte für die zuvor beobachtete Kernspaltung - trotz 49 Nominierungen bekam sie nie einen Nobelpreis verliehen. Viele weitere Frauen leisteten und leisten nach wie vor einen Beitrag in der Wissenschaft, ihre Namen kennt jedoch kaum jemand. Gerade in den Naturwissenschaften müsse noch einiges passieren, sagt Seminarleiterin Unger. Inzwischen sei ein großer Teil der Lehrkräfte in diesem Bereich weiblich - umso trauriger sei es, dass die Rolle von Frauen in der Forschung nach wie vor im Hintergrund steht.

"Von Mitschülern und Lehrern haben wir bisher sehr positives Feedback bekommen", berichtet Anna Weisheit. Aber das soll noch nicht alles gewesen sein: Bald wollen sie Plakate verteilen und eine Durchsage im Schulhaus machen, damit noch mehr von ihrem Podcast erfahren und über das Thema nachdenken. Die Arbeit an dem Projekt hätte ihnen viel Spaß bereitet. Highlight sei jedes Mal der mitgebrachte Kuchen in den Seminarsitzungen. Sie sind alle stolz auf ihr erstes großes Projekt, auch wenn es traurig sei, dass der Podcast überhaupt nötig ist.

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