Kirchseeon/Ebersberg:Das Ziel vor Augen

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Abdussamed Mudsir Thaki ist aus Äthiopien wettkampferprobt. 2016 wurde er in Ebersberg Dritter. (Foto: Mohamad Alkhalaf)

Beim Ebersberger Stadtlauf starten viele geflüchtete Sportler

Von Mohamad Alkhalaf, Kirchseeon/Ebersberg

Abdussamed Mudsir Thaki hat seine Sporthose angezogen; sie ist windschnittig, damit sie beim Laufen möglichst wenig Luftwiderstand bietet. Vor einem Jahr hat der mittlerweile 19-Jährige beim Ebersberger Stadtlauf den dritten Platz in der Erwachsenenklasse über sechs Kilometer belegt. Dieses Jahr will er wieder voll angreifen und seine Leistung steigern. "Mein Ziel ist, bei der Olympiade 2020 in Japan mit dabei zu sein", sagt er. Dafür läuft er täglich zehn bis 20 Kilometer. Im Augenblick liegt sein Fokus allerdings auf einem lokalen Highlight: Mudsir Thaki startet wie im vergangenen Jahr wieder beim Ebersberger Stadtlauf.

Um zehn Uhr ist an diesem Sonntag Start, zum 25. Mal gehen viele Hobbyläufer aus der Region an die Startlinie. Läufer und Nordic Walker treffen sich morgens am Ebersberger Marienplatz, dort beginnt die Runde, entweder über sechs Kilometer, die Kurzstrecke - oder über zehn Kilometer, die volle Distanz. Egal, wer wie weit läuft, das Ziel ist für alle Läufer wieder der Marienplatz im Herzen von Ebersberg. Es werden Einheimische und - über 600 Meter - auch Kinder an den Start gehen. Und wie im vergangenen Jahr wollen auch diesmal wieder viele Flüchtlinge teilnehmen, Menschen wie Mudsir Thaki.

Der Äthiopier wohnt seit zweieinhalb Jahren in Kirchseeon, er geht in Ebersberg auf die Berufsschule und will sich im Landkreis ein neues Leben aufbauen - und sich einen Namen als Läufer machen. Eine Woche ist er für dieses Ziel durch die libysche Wüste geflüchtet, erzählt er, zwei Wochen verbrachte er auf einem Boot im Mittelmeer. "Es gab Leute in Äthiopien, die verfolgten mich wegen meiner Religion", sagt er. Er wolle hierbleiben, doch das ist gar nicht so einfach, weniger sportlich gesehen sondern vor allem aus bürokratischer Sicht. Vor nicht allzu langer Zeit sei sein Asylantrag abgelehnt worden, sagt Mudsirthaki.

Für viele Flüchtlinge im Landkreis Ebersberg und in ganz Bayern ist der Sport mit Hoffnungen verbunden. Viele geflohene Menschen, die hier leben und gerne Sport machen, haben sich diesmal lange auf den Lauf vorbereitet sein, sind längst angemeldet. Sie bekommen eine Teilnehmer-Nummer, und gehören dazu, zum großen Feld. Beim letzten Lauf haben manche im Wettkampf gut abgeschnitten, obwohl sie in ihrer Heimat vorher gar nicht gelaufen sind. Durch ihren Erfolg angespornt, werden sie nach dem Startschuss ihr Bestes geben.

Einer von ihnen ist Alkati Asmeron aus Eritrea. Er erreichte beim vorherigen Stadtlauf den zweiten Platz in seiner Altersklasse. Dieses Jahr trainiert er mit Manfred Kugler, um noch besser zu werden. Sie trainieren im Wald, auf dem Fußballplatz, auf Radelwegen. "Auf den Beifall der Zuschauer freue ich mich jetzt schon", sagt er. Der Zieleinlauf sei für ihn etwas ganz besonderes, sagt er. "Ich bin sehr froh, dass ich hier so viele Möglichkeiten habe zu trainieren." In seiner Heimat Eritrea sei das nicht möglich gewesen.

Sport ist sehr hilfreich für die Integration, besonders auch für das Erlernen der komplizierten deutschen Sprache. Aman aus Eritrea läuft sehr gerne in der Natur, ganz besonders im Wald, wo auch eine Begegnung mit Wildschweinen vorkommen kann. "Hier in Deutschland laufen sogar Mädchen mit mir mit", sagt er. In seiner Heimat wäre das undenkbar, hier lernt er Menschen kennen, macht Sport und verbessert sein Deutsch. Eine Helferin aus Kirchseeon lädt ihn und seine Freunde öfter zum Essen ein. Dann läuft er von Ebersberg nach Kirchseeon und nach einem schönen Abend läuft er dann wieder zurück nach Ebersberg.

Mohamad Ibrahim kommt aus Syrien, auch er wohnt jetzt im Landkreis Ebersberg. Joggen oder Laufen kannte er in seiner Heimat überhaupt nicht. "Das habe ich erst hier in Bayern kennengelernt", sagt er. Der Sport tue gut, aber es geht nicht nur darum. "Ich will einfach dabei sein", sagt er. Dem 29-Jährigen gefällt die Begeisterung der klatschenden Menschen, die Freude und das Miteinander. "Fast wie bei einer Hochzeitsfeier in seiner Heimat," sagt er. Es werden schöne Erinnerungen in ihm wach, sagt er, an Zeiten, in denen in Syrien noch kein Krieg war.

Der 25. Ebersberger Stadtlauf startet am Sonntag um zehn Uhr am Marienplatz in Ebersberg.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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