Süddeutsche Zeitung

Kirchseeon:Debatte um Wahlwerbung

In der Marktgemeinde wollen die Parteien sich freiwillig mäßigen

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Bis zur Kommunalwahl ist es zwar noch mehr als ein halbes Jahr hin, langsam, aber sicher bringen die Parteien bereits ihre Kandidaten in Stellung. Dazu gehören auch erste zaghafte Versuche, mit Plakaten die Aufmerksamkeit der Wähler auf sich zu ziehen. Doch wo soll zum jetzigen Zeitpunkt bereits Wahlwerbung angebracht werden dürfen, und muss das überhaupt schon so früh vor dem Urnengang passieren? Über diese Fragen hat sich bei der jüngsten Sitzung des Kirchseeoner Marktgemeinderates eine Grundsatzdebatte entsponnen, an deren Ende die Fraktionen eine freiwillige Selbstverpflichtung in Aussicht gestellt haben.

Angestoßen hatte die Diskussion Grünen-Gemeinderätin Natalie Katholing - allerdings mit einer etwas anderen Intention. Sie störte sich daran, dass die Kirchseeoner CSU einen ihrer beiden Infokästen im Gemeindegebiet ausgerechnet an der Hauswand des "Café Zam" angebracht hat. "Ich finde politische Werbung an dieser Stelle völlig unangebracht", so Katholing. Für sie sei das Café eine Begegnungsstätte von Bürgern, in der auch die Sprechstunden der Senioren- und Bürgerbeauftragten abgehalten werden. Und tatsächlich: Die Marktgemeinde bewirbt die Einrichtung an der Münchner Straße als "Generationencafé" und "offenen Treffpunkt". Für Katholing steht deshalb fest, dass alles Politische dort nichts verloren habe.

Dieses sah man bei den Christsozialen freilich etwas anders. Gemeinderat und stellvertretender Fraktionsvorsitzender Paul Hörl verwies darauf, dass man sich hier rechtlich in einem völlig legitimen Rahmen bewege. Das Gebäude selbst sei ein Privathaus und man habe einen normalen Vertrag mit dem Eigentümer geschlossen. "Wir sehen keine Veranlassung, den Infokasten wegzunehmen", so Hörl. Auch sein Fraktionskollege Siegfried Seidinger sagte, man werde sich deshalb "keinen moralischen Schuh anziehen". Das Argument, man wolle hier bewusst jemanden beeinflussen, sei "an den Haaren herbeigezogen".

Doch Natalie Katholing stand mit ihrer Kritik nicht ganz alleine da. Auch die anderen Fraktionen äußerten Bedenken ob der Werbestrategie der CSU - wenn auch aus anderen Gründen. Thomas Kroll (SPD) störte sich vor allem am Inhalt der CSU-Plakate. Diese zeigen nämlich nur Bürgermeisterkandidat Jan Paeplow, ohne dabei auf eine Veranstaltung oder ähnliches hinzuweisen. "Das ist ein reines politisches Wahlplakat, und die sollen eigentlich erst kurz vor der Wahl aufgehängt werden", so Kroll. Dieser Argumentation schloss sich Klaus Seidinger, UWG-Gemeinderat und seines Zeichens selbst Bewerber um das Bürgermeisteramt, an. "Begeistert sind wir nicht. Das hat schon ein bisschen ein Gschmackerl."

Nachdem Sven Bittner (SPD) die Frage in den Raum geworfen hatte, ob das jetzt der Startschuss für die Wahlwerbung sei, war sich das Gremium - einschließlich CSU - einig, dass man hier doch lieber etwas auf die Bremse treten wolle. Klaus Seidinger brachte eine freiwillige Selbstverpflichtung aller Ortsparteien ins Spiel, bis sechs Wochen vor der Wahl, keine direkte politische Werbung zu plakatieren. Auch stellvertretende Bürgermeisterin Barbara Burgmayr-Weigt (CSU) appellierte an die Fraktionsvertreter, nochmals über ihre Plakatierungsstrategie nachzudenken.

Immerhin im Fall des umstrittenen Aushangs am Café Zam konnte direkt in der Sitzung eine Lösung gefunden werden. "Wir gehen in uns und schauen, dass wir so bald wie möglich was anderes reinhängen können", stellte Siegfried Seidinger in Aussicht.

Es war nicht zum ersten Mal, dass sich der Kirchseeoner Gemeinderat mit der Wahlwerbung beschäftigte. Erst im Februar dieses Jahres hatte das Gremium beschlossen, dem Wildwuchs in der Marktgemeinde ein Ende zu bereiten. So dürfen Plakate nurmehr an den offiziellen Anschlagstellen aufgehängt werden, die in dem Zuge von 24 auf zehn Standorte reduziert worden sind. Frei aufgestellte Ständer oder Plakate an Straßenlaternen sind gar nicht mehr erlaubt.

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Quelle:
SZ vom 29.08.2019
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