Berufsförderungswerk Kirchseeon:Bildungshotel muss schließen

Berufsförderungswerk Kirchseeon: Das Ausbildungshotel des Berufsförderungswerks in Kirchseeon strahlt nicht nur den Charme der Vergangenheit aus, bald könnte es selbst Vergangenheit sein.

Das Ausbildungshotel des Berufsförderungswerks in Kirchseeon strahlt nicht nur den Charme der Vergangenheit aus, bald könnte es selbst Vergangenheit sein.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Das Hotel "Bildungsblick" des Berufsförderungswerkes in Kirchseeon muss wohl Ende April schließen. Grund dafür ist, dass das Finanzamt den Betrieb nicht mehr als Lehrwerkstatt anerkennen will.

Von Wieland Bögel, Kirchseeon

Eine Vorzeigeeinrichtung zur Inklusion Behinderter ins Berufsleben steht vor dem Aus: Das Hotel "Bildungsblick" des Berufsförderungswerkes (BFW) in Kirchseeon muss wahrscheinlich Ende kommenden Monats geschlossen werden, dies hat die Einrichtung nun selbst mitgeteilt. Grund sind Probleme mit dem zuständigen Finanzamt, dieses will dem Hotel die bisher geltende Einstufung als Zweckbetrieb nicht weiter zugestehen.

Als solcher war das Hotel vor knapp fünf Jahren eröffnet worden, was bedeutet: Im Vordergrund sollte nicht der Betrieb eines Hotels stehen, vielmehr bildet es gewissermaßen nur die Kulisse für eine besonders realitätsnahe Ausbildung. Eine solche können im Berufsförderungswerk Menschen machen, die - etwa aufgrund eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung - ihren ursprünglichen Job nicht mehr ausüben können und umschulen wollen.

Mehr als 20 verschiedene Ausbildungen für sogenannte Rehabilitanden werden in Kirchseeon angeboten. Zur Auswahl stehen sowohl technische Berufe wie etwa Bautechnik oder Maschinenbau als auch Jobs im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie in Verwaltung, Wirtschaft und eben Gastgewerbe.

Das Hotel soll den Beruf unter Realbedingungen lehren

Für letztere war das Hotel Bildungsblick eingerichtet worden, erklärt BFW-Geschäftsführer Manfred Geier. Die Auszubildenden sollten zum einen die speziellen Angebote des Berufsförderungswerkes - wie ärztliche, psychologische und sozialpädagogische Betreuung - erhalten, andererseits aber ihren neuen Beruf unter Realbedingungen erlernen können. "Neben der Theorie ist es ganz wichtig, dass auch in der Praxis geübt werden kann", sagt Geier. Dies versuche man im BFW bei allen Ausbildungen zu bieten, so gibt es dort auch Werkstätten für die Handwerksberufe.

Und nichts anderes sei das Hotel mit seinen 62 Zimmern und 90 Betten, wo es derzeit acht Auszubildende gibt, sechs davon mit Behinderung. Zwei weitere Rehabilitanden warten aktuell darauf, im "Bildungsblick" einen Beruf im Gastgewerbe erlernen zu können. Dies sei, sagt Geier, eben nur in einem echten Hotel möglich, schließlich könnten die Azubis nur so lernen, wie man etwa eine Reservierung vornimmt, wie verschiedene Zahlungssysteme funktionieren und natürlich wie man mit echten Hotelgästen umgeht.

Auch ein Lehrhotel muss schwarze Zahlen schreiben

Dass dies nun vielleicht bald nicht mehr möglich ist, liegt an einer Neubewertung des Betriebes durch das Finanzamt Erding. Bislang galt das Hotel als sogenannter Zweckbetrieb, was bedeutet, nicht das eigentliche Geschäft - hier die Beherbergung von Gästen - steht im Vordergrund, sondern die Ausbildung. Das Hotel war also gewissermaßen eine Lehrwerkstatt für angehende Hoteliers. Dies hatte Auswirkungen auf die Besteuerung, sagt Geier: Zwar habe man, wie jedes andere Hotel auch, ganz regulär Umsatzsteuer bezahlt, bei den Gewinnen galt jedoch ein reduzierter Satz.

Dass das Hotel in den vergangenen Jahren Profit gemacht habe, bestreitet man beim BFW nicht, ganz im Gegenteil. "Wir müssen schwarze Zahlen schreiben", sagt André Stiefenhofer, Marketingleiter im BFW. Auch in den übrigen Lehrwerkstätten bemühe man sich um einen mindestens kostendeckenden Betrieb. Der Unterschied zu einer Firma in der freien Wirtschaft sei aber, dass der Hauptzweck des Hotels eben nicht der Gewinn, sondern die Ausbildung sei.

Bis vor wenigen Monaten sah man das beim Finanzamt ebenso, erklärt Geier. Dieses habe dem BFW noch Ende vergangenen Jahres mitgeteilt, dass man grundsätzlich keine Probleme darin sehe, das Hotel Bildungsblick als reinen Zweckbetrieb einzustufen - wollte dies aber gleichzeitig von einem Steuerprüfer untersuchen lassen. Dies ist kürzlich nun geschehen, mit dem Ergebnis, dass das Hotel nach mehr als vier Jahren seinen Status als Zweckbetrieb verlieren soll.

Nun steht der Status der Gemeinnützigkeit auf dem Spiel

Falls es tatsächlich so kommt - derzeit verhandle man mit dem Finanzamt noch über Alternativen, so Geier - hätte das für das BFW in mehrfacher Hinsicht negative Auswirkungen. Die geringere wäre dabei wohl die drohende Steuernachzahlung. Laut Geier sei dies zwar unangenehm, aber aus den Rücklagen wohl leistbar.

Problematischer wäre laut Geschäftsführer ein anderer Aspekt: Das BFW ist eine gemeinnützige GmbH, diesen Status, so Geier, könnte man aufs Spiel setzen, betriebe man einen kommerziellen Betrieb wie ein Hotel. Tatsächlich kann laut Gesetz die Gemeinnützigkeit verlieren, wer "einen vorrangig wirtschaftlichen Zweck verfolgt", ein Risiko, das man beim BFW nicht eingehen will. Darum sei es auch nicht möglich, das Hotel weiterzuführen, sollte es den Status als Zweckbetrieb verlieren. In diesem Fall werde man den "Bildungsblick" zum 30. April zusperren müssen.

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