Auf diesen Rekord kann der betroffene Autofahrer alles andere als stolz sein: Mit einer Geschwindigkeit von 123 Kilometern pro Stunde wurde er an einer Stelle geblitzt, wo Tempo 50 gilt. 800 Euro Bußgeld, dazu ein Fahrverbot von drei Monaten – das sind die Folgen. Die meisten Verkehrsteilnehmer sind am Kirchseeoner Ortseingang nicht annähernd so schnell, dennoch werden immer noch viele von ihnen auf Beweisfotos verewigt, die der stationäre Blitzer aufnimmt, und die dann wenig später zusammen mit einem Bußgeldbescheid ins Haus flattern. Zwischen 20. Dezember 2023 und 30. September 2024 – das letzte Quartal steht noch aus – wurden 30 775 Geschwindigkeitsverstöße registriert, das zeigen die Daten des Zweckverbands Kommunale Dienste Oberland, der im Auftrag der Gemeinde den Blitzer betreibt und die Bußgeldbescheide verschickt.
Wie viel Geld der Blitzer in die Gemeindekasse gespült hat, darüber will Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) voraussichtlich Anfang 2025 informieren, wenn auch das letzte Quartal abgerechnet ist und die anfallenden Kosten abgezogen sind. Das Ziel, die Verkehrssicherheit in der Nähe des Hauses für Kinder und der Schule zu erhöhen, sei aber erreicht worden, sagt der Bürgermeister: „Wir haben positive Rückmeldungen.“

Brenner-Nordzulauf:Noch nicht gewählt und schon in der Pflicht
Die S-Bahn-Gemeinden von Kirchseeon bis Haar wenden sich in einem gemeinsamen Schreiben an die künftige Bundesregierung. Ihre Forderung ist bereits bestens bekannt: mehr Lärmschutz entlang der Zuggleise. Die Deutsche Bahn schätzt die Lage jedoch etwas anders ein.
Das stationäre Blitzgerät am Spannleitenberg erfasst seit Ende Dezember 2023 die Geschwindigkeitsverstöße von Verkehrsteilnehmern, ob sie nun zu schnell in den Ort hineinfahren oder beim Hinausfahren zu stark aufs Gaspedal drücken – und hat damit bundesweit Berühmtheit erlangt. Denn schon weniger als zwei Wochen nach Inbetriebnahme waren mehr als 3000 Autofahrer bei Geschwindigkeitsverstößen erwischt worden. So mancher Kirchseeoner hoffte bereits, dass sich mit den Einnahmen das mittlerweile geschlossene Hallenbad doch noch sanieren lässt.
Doch entsprechende Hoffnungen dämpft der Bürgermeister, man könne eine Zweckbindung des Geldes nicht festlegen, es fließe in den allgemeinen Kirchseeoner Haushalt ein und werde dabei helfen, wichtige Maßnahmen zu finanzieren – etwa das Feuerwehrhaus oder die Schule in Eglharting. Ohnehin, sagt Paeplow, werde er „sicher nicht juhu schreien“, wenn viele Verkehrsteilnehmer geblitzt würden und somit viel Geld an die Gemeinde fließe. Es sei schließlich traurig, dass solche Maßnahmen notwendig seien, um den Verkehr langsamer zu machen.
Auf eine Bilanz dürften dennoch viele gespannt sein, nachdem schon Anfang 2023 hochgerechnet worden war, dass allein in ersten zwei Wochen Bußgelder von annähernd 100 000 Euro eingenommen worden sein könnten – eine Zahl, die Paeplow damals nicht bestätigte. Schließlich, so der Bürgermeister, müsse man die Kosten der Gemeinde gegenrechnen, um eine realistische Zahl zu erhalten.
Die allermeisten Verkehrsteilnehmer halten sich ans Tempolimit
Auch jetzt gibt es noch keinen Kassensturz, auch weil das letzte Quartal noch nicht zu Ende ist. Die große Mehrheit der Verkehrsteilnehmer halte sich brav an das Tempolimit, sagt der Bürgermeister, doch bei 17 000 bis 23 000 Verkehrsbewegungen täglich macht die weniger brave Minderheit dennoch immer noch eine ganz stolze Zahl aus.
Bei den 30 775 Verstößen, die der Zweckverband Kommunale Dienste Oberland bis Ende September gemessen hat, ergäbe sich rein rechnerisch ein Durchschnitt von etwa 108 Verstößen pro Tag. Wobei, auch das zeigt die Statistik, nicht alle Tage oder Monate gleich aussehen: Im ersten Quartal 2024 blitzte es noch 11 038 Mal, im zweiten Quartal gingen die Zahlen nach unten, es wurden nur noch 7102 Verstöße registriert, wobei in diese Zeit auch die Sanierung der B304 fiel, als kurz vor Kirchseeon der Straßenbelag erneuert wurde und die Autofahrer generell erheblich langsamer unterwegs waren. Im dritten Quartal stieg die Zahl der Verstöße wieder auf 9788 an.
Allerdings relativieren sich die doch beeindruckend hohen Zahlen etwas, wenn man auf die Art der Geschwindigkeitsüberschreitung blickt: An die 70 Prozent der geblitzten Verkehrsteilnehmer waren nämlich sechs bis zehn Stundenkilometer zu schnell, bei weiteren 20 Prozent der Verkehrsteilnehmer zeigte der Tacho elf bis 15 Stundenkilometer mehr als erlaubt. Bußgelder von 30 beziehungsweise 50 Euro werden hierfür fällig. Zwischen 6,4 und 6,8 Prozent liegt in den ersten drei Quartalen des Jahres der Anteil jener, die 16 bis 20 Stundenkilometer zu schnell fuhren, verbunden mit einem Bußgeld von 70 Euro.
Und dann gibt es noch die, die noch deutlich schneller an Kinderhaus und Schule vorbeirasten. 758 Verkehrsteilnehmer fuhren seit Beginn der Messungen 21 bis 25 Stundenkilometer zu schnell, 26 bis 30 Stundenkilometer zu schnell fuhren 282 Verkehrsteilnehmer 31 bis 40 Stundenkilometer 209 Verkehrsteilnehmer. Bis zu 50 Stundenkilometer mehr als erlaubt hatten 62 Verkehrsteilnehmer drauf, 21 sogar bis zu 60 Stundenkilometer. Elf Verkehrsteilnehmer überschritten das Tempolimit um mehr als 60 Stundenkilometer. Bereinigt ist diese Statistik übrigens bereits um jene, die an dieser Stelle mit gutem Grund schneller unterwegs sind als das Tempolimit eigentlich erlaubt: Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge auf dem Weg zu Einsätzen.