Bauen und Wohnen:Bahnschwellen-Gelände soll bebaut werden

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Mehrmals hat das knapp 17 Hektar große Areal im Zentrum Kirchseeons in den vergangenen Jahren den Besitzer gewechselt. Nun hat die Hamburger ECE Group in die Fläche investiert - und legt erste Pläne vor.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Das Gelände des ehemaligen Schwellenwerks im Kirchseeoner Süden wird in der Gemeinde gerne als "Filetstück" bezeichnet. Würde es sich allerdings tatsächlich um ein Lebensmittel handeln, man würde es eher nicht mehr essen wollen. Schließlich hat das rund 165 000 Quadratmeter große Areal in den vergangenen Jahren schon mehrmals den Besitzer gewechselt - und ist obendrein erheblich mit Schadstoffen wie Quecksilber und Teerölen belastet. Nun aber versucht sich der nächste Investor an der Fläche im Herzen der Marktgemeinde: Der Hamburger Projektentwickler ECE Group hat das Areal jüngst gekauft und bereits einige recht konkrete Vorstellungen, was damit in der Zukunft passieren soll. Für Kirchseeon jedenfalls könnte der Besitzerwechsel zu einem enormen Bevölkerungswachstum führen.

Wie die ECE Group auf SZ-Anfrage mitteilt, befänden sich die Überlegungen des Projekts zwar noch in einer frühen Konzeptphase, fest steht jedoch, dass dort ein "städtebauliches Nutzkonzept" angestrebt wird - also Wohnungen entstehen sollen. Konkret teilt ein Unternehmenssprecher mit: "Diese Konzeptidee sieht eine gemischte Nutzung auf dem Areal vor, die als integraler Bestandteil der Ortsentwicklung neben Wohnungen auch verschiedene Gewerbeflächen und zahlreiche öffentliche Nutzungen umfassen würde." Würde die ECE Group ihre Pläne in die Tat umsetzen, müsste die knapp 11 000 Einwohner große Marktgemeinde mit einem erheblich Zuzug rechnen, was das Ortsbild von Kirchseeon grundlegend verändern würde.

Zur Säuberung des Grundwassers hat die Bahn 2005 eine Pumpstation in Betrieb genommen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bis es soweit kommt, ist es allerdings noch ein langer Weg. Man arbeite aktuell an einer genaueren Ausgestaltung der ersten Projektidee, heißt es von ECE. Aufgrund der Größe und der Komplexität nehme das einige Zeit in Anspruch. Letzteres dürfte sich wohl vor allem auf die hohe Schadstoffbelastung in diesem Bereich beziehen. Im Jahr 1869 nämlich hatte die Königlich-Bayerische Staatsbahn eine für die damalige Zeit sehr innovative Produktionsstätte aufgebaut. In der Fabrik wurden Bahnschwellen mit einem speziellen Verfahren wetterfest gemacht, allerdings mit einer Nebenwirkung: Die Reste der dabei verwendeten Teeröle tropften von den Schwellen in den Untergrund und belasten bis heute das Grundwasser. Nachdem die Bahn von höchsten Gerichten zur Altlastenbeseitigung verpflichtet wurde, ging 2005 eine Pumpstation in Betrieb, die das belastete Wasser aus dem Boden holt und filtert - laut Experten eine Maßnahme, die noch mindestens 200 Jahre lang nötig ist.

Der Investor sieht in der Schadstoffbelastung keinen Hinderungsgrund

Bei der ECE Group ist man sich der Problematik durchaus bewusst: "Die grundlegende fachgerechte Sanierung des Areals ist eine wesentliche Voraussetzung für das Projekt, stellt aber kein Hindernis für eine mögliche städtebauliche Nutzung dar", heißt es von dem Unternehmen. Derzeit werde von Fachfirmen ein Sanierungskonzept erarbeitet, auf dessen Basis dann ein genauer Sanierungsplan mit konkreten Maßnahmen erstellt werden könne.

Es sind allerdings nicht nur die Altlasten unter der Erde, die eine Entwicklung der Fläche erschweren. Auf dem Grundstück südlich der Bahngleise stehen auch das ehemalige Betriebsgebäude und der historische Wasserturm - beides denkmalgeschützte Gebäude. Doch auch hierfür hat die ECE Group bereits eine Lösung parat: Es sei vorgesehen, dass die beiden Bauwerke in das künftige Nutzungskonzept integriert und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde einer neuen Nutzung zugeführt werden, "und so eine zentrale Rolle mit Wiedererkennungswert spielen".

All das kann die ECE Group von Hamburg aus aber nicht alleine stemmen, sondern ist auf die enge Zusammenarbeit mit der Gemeinde angewiesen. Einen ersten Workshop mit den örtlichen Gemeinderäten hat es bereits gegeben, in einem zweiten sollen dann die Planungsansätze weiter bearbeitet und diskutiert werden. Sobald erste Vorschläge vorliegen, will die ECE Group auch in den Dialog mit den Kirchseeoner Bürgerinnen und Bürgern eintreten. In einem nächsten Schritt soll dann nach vorheriger Zustimmung des Gemeinderates die weitere Vorbereitung des konkreten Planungsverfahrens erfolgen.

Die Planungshoheit soll bei der Gemeinde liegen

Kirchseeons Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) begrüßt derweil den neuerlichen Besitzerwechsel. Das Gelände des ehemaligen Bahnschwellenwerks stehe für den Ursprung der Gemeinde. "Mein persönliches Ziel ist es, gemeinsam mit dem Marktgemeinderat, ein Stück Geschichte zurückzuholen und mit einer möglichen Entwicklung ein neues Kapitel aufzuschlagen", sagt der Rathauschef. Allerdings betont Paeplow auch, dass man der ECE Group keineswegs freie Hand gewähren wird: "Wie bei jedem anderen Projekt unserer Ortsplanung ist klar, dass die Planungshoheit beim Markt Kirchseeon liegt."

Wie genau die Entwicklung der Fläche aussehen wird, könne man zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen. Es seien viele Fragen ungeklärt und müssten noch beantwortet werden, so Paeplow, der vor allem auf die Bodenbelastung, aber auch auf die infrastrukturelle Veränderung für die Marktgemeinde anspielt. Weiterführende Workshops sollen nun helfen, diese Fragen zu beantworten.

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