Bauen und Wohnen:"Lassen Sie es auf sich wirken"

Bauen und Wohnen: So könnte die neue Kirchseeoner Ortsmitte nach Vorstellung der Investoren aussehen.

So könnte die neue Kirchseeoner Ortsmitte nach Vorstellung der Investoren aussehen.

(Foto: ECE Work & Live/oh)

Bei einer Infoveranstaltung wollen die Projektplaner der ECE Group ihre Vision für die neue Kirchseeoner Mitte erklären. Das stößt nicht bei allen Zuhörern auf Begeisterung - im Gegenteil. Über einen Abend mit gemischten Gefühlen.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

"Geh doch wieder heim, du hast doch keine Ahnung!" - dieser Zwischenruf eines Zuschauers in Richtung Architekt Valentin Hadelich setzte den Ton bei einer emotionalen Debatte um die Zukunft des ehemaligen Bahnschwellengeländes in Kirchseeon. Am Mittwochabend in der ATSV-Halle versuchten die Vertreter des Investors, der Hamburger ECE Group, ihre ambitionierten Pläne für die 16,5 Hektar große Brachfläche inmitten der Marktgemeinde vorzustellen. Das allerdings stieß nicht bei allen der rund 200 Zuschauer auf Begeisterung - im Gegenteil.

Projektchef Stefan Zeiselmaier und ECE-Architekt Valentin Hadelich waren zeitweise nicht wirklich zu beneiden, als sie ihre Kirchseeoner Zukunftsvision dem Publikum zu vermitteln versuchten. Bereits vor der Veranstaltung gab es Kritik an dem Megaprojekt, die sich nun in Form einiger wütender Wortmeldung auf die beiden Hamburger Verantwortlichen entlud. Diese wiederum versuchten den Nutzen der neuen Siedlung für die Marktgemeinde und den gesamten Landkreis Ebersberg zu betonen: "Wir brauchen Wohnraum, und wir wollen qualitativen Wohnraum schaffen", sagte Zeiselmaier.

Bauen und Wohnen: Etwa 200 Zuschauer hören sich am Mittwochabend in der ATSV-Halle die Ausführungen der Projektplaner an.

Etwa 200 Zuschauer hören sich am Mittwochabend in der ATSV-Halle die Ausführungen der Projektplaner an.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für den ein oder anderen Kirchseeoner waren die angedachten Dimensionen dann aber doch etwas zu mächtig. Nach den ersten Grobplänen nämlich sollen auf dem Gelände im Südosten der Gemeinde um die 1500 neue Wohnungen entstehen, was einem zu erwartenden Zuzug von 2800 bis 3000 Menschen entsprechen würde. Zudem wollen die Projektplaner dort eine neue Ortsmitte rund um den historischen Wasserturm erschaffen, flankiert von Geschäften, Bürogebäuden und kulturellen Einrichtungen. Ob allerdings jeder Zuschauer in der ATSV-Halle etwas mit den Begriffen "Co-Working-Spaces" oder "Mobility-Hub" anfangen konnte, darf eher bezweifelt werden.

Die Investoren wollen die Kirchseeoner Bürger bei der Umsetzung ihrer Ideen einbinden

Die Planer jedenfalls sind davon überzeugt, mit der neuen Kirchseeoner Mitte etwas Großes schaffen zu können. "Wir haben die Chance, etwas zu bewegen, obwohl die Herausforderungen natürlich riesig sind", räumte Architekt Hadelich ein. Im neuen Ortszentrum sollen von Senioren bis Studenten alle die Möglichkeit haben, eine Heimat zu finden. Es gehe nicht darum, dort große Villen zu bauen, versprechen die Vertreter des Investors. Sie würden sich bei ihrem Vorhaben auch die Rückendeckung und die Unterstützung aus der Kirchseeoner Bevölkerung wünschen: "Lassen Sie es auf sich wirken, machen Sie mit, denken Sie mit", so die Aufforderung von Stefan Zeiselmaier. Vor der Veranstaltung hatten die Projektplaner Postkarten ausgelegt und Pinnwände aufgestellt, auf denen die Zuhörer ihre Vorstellungen über das Neubaugebiet notieren konnten.

Zumindest die mündlich vorgetragenen Botschaften fielen dann jedoch überwiegend kritisch aus. Freie-Wähler-Kreisrat Wilfried Seidelmann nannte die Präsentation der Projektplaner "eine Show". Man müsse den ersten Schritt vor dem zweiten machen, forderte er. Damit spielte Seidelmann auf die Sanierung der stark von Erdölen und anderen giftigen Stoffen belasteten Fläche an. Wie die Projektplaner das Erdreich wieder sauber und damit bewohnbar machen wollen, steht derzeit allerdings noch nicht fest. Architekt Hadelich verwies auf die dafür notwendigen Abstimmungen mit dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt, deren Ergebnis noch völlig offen sei. "Wenn es am Ende heißt, es gibt keinen einzigen Weg, das Grundstück zu sanieren, dann haben wir ein Problem", so Hadelich.

Etwa die Hälfte der Zuhörer kann sich eine Umsetzung des Projekts vorstellen

Die weiteren Bürgerfragen drehten sich unter anderem um die Finanzierung. So wollte jemand wissen, ob in das Projekt auch ausländische Investoren involviert sein werden, was die Planer verneinten. Auch der Erdaushub und die dafür notwendigen Lkw-Fahrten durch den Ort waren Thema. Valentin Hadelich verwies darauf, dass man das Vorhaben abschnittsweise realisieren wolle und auch nicht das gesamte Erdreich abtransportiert werden müsse. Einige Bürger äußerten Sorgen wegen eines drohenden Kollaps auf der ohnehin schon überlasteten Bundesstraße. Auch hier verwiesen die ECE-Vertreter auf entsprechende Gutachten zu den Verkehrsströmen. Außerdem sei die Planung der Siedlung so ausgelegt, dass nicht alle Bewohner tagtäglich mit dem Auto hin- und herpendeln müssten - Stichwort "Co-Working".

Bauen und Wohnen: Das neue Wohngebiet würde eine Lücke in der bisherigen Bebauung schließen.

Das neue Wohngebiet würde eine Lücke in der bisherigen Bebauung schließen.

(Foto: ECE Work & Live/oh)

Eine Frage eines Bürgers beantworteten nicht die Planer, sondern die Zuhörer selbst: "Wer ist für das Projekt?", wollte er wissen. Etwa die Hälfte der Hände ging nach oben. Und tatsächlich gab es auch vereinzelt Lob für das ambitionierte Vorhaben. "Ich gratuliere zu der Entscheidung, die ich nachvollziehen kann", sagte ein Bürger, der froh war, dass sich endlich jemand der Industriebrache im Ortszentrum annimmt. Andere Zuhörer versprachen sich durch die Neuansiedlung auch zusätzliche Einnahmen bei der Gewerbe- und Einkommenssteuer oder begrüßten die zu erwartende Entlastung auf dem Wohnungsmarkt.

Noch stehen die Planungen für die neue Kirchsseoner Ortsmitte ganz am Anfang. In verschiedenen Arbeitsgruppen, an denen neben Vertretern von ECE Group und Gemeinde auch die Bürger selbst mitarbeiten können, sollen die Ideen nun konkretisiert werden. Grundsätzlich wollen die Investoren aber nicht allzu viel Zeit verstreichen lassen, eine erste Zielmarke für die Fertigstellung der sechs Bauphasen ist das Jahr 2032. Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) begrüßte dieses Mitspracherecht der Kirchseeoner Bürger und rief alle dazu auf, sich zu beteiligen. "Es ist eine Chance, den Markt für die Zukunft zu entwickeln", so der Rathauschef. "Das ist eine Entscheidung für die nächste Generation."

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