Das Schicksal hat es mit der Familie Heidrun und Gerd Kohnerts nicht gut gemeint. Zwei ihrer Töchter erkrankten in jungen Jahren an Krebs. Beide starben. Anstatt sich zurückzuziehen, wählten die Kohnerts einen anderen Weg. 1982 gründeten sie die "Aktion zur Hilfe für krebskranke Kinder", um die Lebens-, Pflege- und Therapiebedingungen für krebskranke Kinder und Jugendliche zu verbessern und Missstände im Gesundheitssystem abzufedern.
Sie fingen klein an. Aus gesammelten Äpfeln pressten sie auf "Gut Kaps" Apfelsaft und boten den anschließend zum Verkauf an. Freunde und Nachbarn schlossen sich der neu gegründeten Initiative an, die ersten Einnahmen wurden in Spielzeug und bunte Bettwäsche für die Station "Intern 3" der Dr. von Haunerschen Kinderklinik in München investiert. Die Wände im Klinikum waren damals noch weiß und trist, eine freundliche oder gar kindergerechte Ausstattung gab es nicht.
Die Spendenbereitschaft der Bevölkerung sowie zahlreiche Aktionen ließen die finanziellen Möglichkeiten der Ebersberger Kinderkrebshilfe stetig anwachsen, wie der Verein in einer Pressemitteilung erklärt. So konnten bald umfangreiche Anschaffungen realisiert werden. Dringend notwendige medizinische Geräte wie etwa Infusomaten, welche die exakte Dosierung von Medikamenten gewährleisteten. Formell genehmigt waren damals für die Abteilung Intern 3 nur vier Dosierpumpen, während sich 20 kleine Patienten und Patientinnen in stationärer Behandlung befanden. Auch dank der sieben Millionen Euro, die der Verein mittlerweile gesammelt hat, gehört das der Vergangenheit an.
Gustl Bayrhammer, Thomas Gottschalk und Garri Kasparow
Im Laufe der Jahre setzten sich viele Prominente für den Verein ein. Es gab Sommerfeste mit der Fernsehmoderatorin Carolin Reiber, dem Schauspieler Thomas Ohrner oder dem Sänger Dieter-Thomas Heck. Anfang der 1990iger legte Thomas Gottschalk gleich zweimal hintereinander den kompletten Ebersberger Marienplatz lahm. Es folgten alljährliche Bazare im Rathaus mit selbstgemachten Dingen und Kuchen. Auch hier halfen wieder viele Promis beim Ziehen der Tombolapreise als "Glücksfee", wie etwa Fritz Egner, Gustl Bayrhammer oder Ricco Groß. Sogar Schachlegende Garri Kasparow kam nach Ebersberg und spielte bei einer Veranstaltung simultan gegen 25 Meistbietende.
Im November 1990 wurde zusammen mit einer anderen Elterninitiative ein weiterer Meilenstein umgesetzt: Die Einweihung der Tagesklinik im oben genannten Spital. Hier werden Kinder ambulant behandelt oder kommen zur Nachsorge, ohne, dass sie mit neuen Patienten oder Rückfälligen in Kontakt kommen müssen, was eine zusätzliche psychische Belastung darstellen würde.
Schon damals musste die Kinderkrebshilfe Ebersberg, die ihren heutigen Namen seit 2001 trägt, für zusätzliches Personal aufkommen, um den Pflegenotstand einzudämmen. Personal ist noch immer Thema. Gerade in der langen Zeit des Lockdowns war es für die Kinder und deren Familien wichtig, genügend Erzieher, Pflegekräfte, Ärzte und psychologisch gut geschultes Personal um sich zu wissen.
Dabei sieht der Verein seine Hauptaufgabe in der unbürokratischen Unterstützung von Familien. Es kommt nicht selten vor, dass Eltern durch die Erkrankung ihres Kindes den Arbeitsplatz verlieren und in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Dann werden Therapiekosten, Kurzuschüsse für sozial schwache Kinder oder auch Kosten für eine Haartransplantation übernommen. Etwa wenn nach einem Gehirntumor keine Haare mehr nachwachsen.
Im Februar 2020 trat Gerd Kohnert nach über 38 Jahren als Zweiter Vorstand und Kassenwart nicht mehr zur Wahl an. Seine Frau Heidrun führte den Verein von 1982 bis 2001 als Erste Vorsitzende, danach übergab sie das Zepter an ihre damalige Nachbarin Helga Bogensperger. Über 18 Jahre lang war sie das Gesicht der Kinderkrebshilfe Ebersberg, ehe sie im April 2019 mit 58 Jahren selbst an Krebs starb.
Bis heute ist das siebenköpfige Kernteam des Vereins ein Verbund aus Freunden und Nachbarn der Familien Kohnert und Bogensperger. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, die Kinderkrebshilfe Ebersberg in ihrem Sinne weiterzuführen. Auch das gehe nur mit der Unterstützung der Bürger, aber der Einsatzwille und das Engagement vieler freiwilliger Helfer habe in den letzten vier Jahrzehnten mehrfach bewiesen, dass es unterschiedlichste Möglichkeiten gibt, sich zu beteiligen, wie der Verein mitteilt. Der neue Vorsitzende, Stefan Freytag, und sein Team sind stolz auf die Kooperation mit den Unterstützern und Unterstützerinnen.
Der Verein betont, dass nach 40 Jahren sich zwar vieles zum Guten geändert habe. Noch immer sei das Gesundheitssystem aber nicht ausreichend auf krebskranke Kinder eingestellt. Gerade deswegen sei es wichtig, weiterzumachen.
Mehr Informationen unter www.kinderkrebshilfe-ebersberg.de .