Nur 2,7 Millionen Euro soll Grafing laut einem vorläufigen Freistaat-Förderbescheid für sein auf gut acht Millionen Euro geschätztes Kinderzentrum erhalten. Viel zu wenig, hatte der Stadtrat vergangene Woche befunden und alle weiteren Planungen für das Projekt gestoppt. Die Zukunft der zwischen Forellenstraße und "Am Stadion" geplanten Einrichtung ist seither völlig offen. Bei den Grünen gibt es eine Tendenz - und einen Alternativvorschlag. Er lautet: einen Wald-Hort bauen.
"In Ebersberg gibt es bereits eine solche Einrichtung, die sich großen Zuspruchs erfreut", heißt es in dem von den beiden Grünen-Stadträten Roswitha Singer und Hermann Maier unterschriebenen Antrag. Auch ein Grafinger Wald-Hort lasse sich mit vergleichsweise geringem Aufwand und sehr schnell realisieren. Zudem kämen die niedrigen Betriebskosten der wohl längerfristig angespannten Haushaltslage entgegen. Und: "Bei zügigem Handeln könnte eine entsprechende Einrichtung schon zum Schulbeginn im Herbst 2021 in Betrieb gehen."
Zu der Schlussfolgerung kommen die Grünen auch deshalb, weil ihnen ein konkretes Grundstück vorschwebt: Ein als "Wäldchen" bekanntes Areal an der Nettelkofener Straße, an dem sich auch bereits ein Wald-Kindergarten befindet. Singer zufolge befindet sich das Grundstück im Eigentum der Stadt. "Das Bauamt hält den Standort für grundsätzlich möglich", berichtet sie.
In die Überlegung spielt aber nicht nur grüne Natur-Nostalgie hinein, sondern schlichtes Zahlenwerk. Die Grünen verweisen darauf, dass der Bedarf an Kinderbetreuung schon in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sei. Laut Prognosen aus dem Landratsamt wird er weiter ansteigen, und zwar "massiv". Schon im Herbst dieses Jahres könnten die Plätze im bisher einzigen Garfinger Hort in der Wasserburger Straße knapp werden fürchtet Singer: 21 Plätze würden mit Ende des Schuljahres frei. "Für diese Plätze liegen bereits jetzt schon 17 Anfragen vor, es verbleiben voraussichtlich nur vier freie Plätze."
Ein im Herbst in Betrieb gehender Wald-Hort verschaffe der Stadt zudem Luft, um die aktuellen Unklarheiten beim Kinderzentrum nicht unter Zeitdruck klären zu müssen. Ein darin untergebrachter zweiter Grafinger Hort war einst der Auslöser sämtlicher Kinderzentrumspläne.
Was die weitere Vorgehensweise an der Forellenstraße angeht, scheint im Stadtrat mittlerweile ein schwarz-grüner - und damit mehrheitsfähiger - Schulterschluss möglich. "Damals wollte man eine große zentrale Einrichtung verwirklichen", heißt es in der dem Grünen-Antrag beiliegenden Pressemitteilung. Der Trend gehe aber hin zu über das Stadtgebiet verteilten kleineren Einrichtungen. Ähnlich hatten einige CSU-Stadträte in der jüngsten Stadtratssitzung argumentiert.
Auch in einer zweiten Sache liegen Christsoziale und Grüne in Sachen Kinderzentrum recht nah beieinander: "Mir fehlt bei den bisherigen Planungen ganz klar der ökologische Aspekt", befand etwa CSU-Stadträtin Susanne Linhart. Nicht einmal eine Photovoltaikanlage ist nach dem aktuellen Planungsstand für das Gebäude vorgesehen. Und klar, dass eben dies auch von den Grünen in der Sitzung bemängelt wurde. Das Kinderzentrum kleiner auszulegen und etwa die Hortbedarfe über einen Wald-Hort abzufangen, ist nun mit ihrem Antrag in der politischen Debatte.