Kinderbetreuung in Ebersberg:Grüße per Facetime

Die Ebersberger Krippenleiterin Lisa Bauer und ihre Kolleginnen halten auch jetzt mit ihren Schützlingen Kontakt. Die Rückkehr zur Normalität könnte aber nicht ganz einfach werden

Von Michaela Pelz

Wo sonst viele Kinder zusammen spielen oder durchs Freigelände toben, ist es jetzt meist still. Bis auf sogenannte "Notgruppen" mit Kindern von Eltern in systemrelevanten Berufen sind alle Kitas geschlossen. Was das für Kinder, Eltern und Personal bedeutet, will die SZ Ebersberg von Lisa Bauer wissen. Die Erzieherin leitet das "Kinderland Ebersberg", wo seit 2011 normalerweise rund 50 Kinder zwischen sechs Monaten und Jahren von 6.45 Uhr bis 16.30 Uhr spielen, essen und schlafen.

SZ: Frau Bauer, heute haben Sie Urlaub und sind daheim. Passt es gerade?

Lisa Bauer: Ja, mein fast Dreijähriger ist gut beschäftigt und hat versprochen, leise zu sein.

Gar nicht so leicht, einen Knirps in dem Alter ständig bei Laune zu halten ...

Sie sagen es! Da hilft nur eines: Viel Bewegung an der frischen Luft, die Kinder durchs Toben müde machen. Und, bei zwei Erwachsenen im Home-Office: Plan erstellen, wer wann zuständig ist. Einer vormittags, der andere dann bis abends.

Für Sie persönlich wäre es jetzt wahrscheinlich besser, Sie hätten Dienst in der Notgruppe. Da könnten Sie Ihren Sohn einfach mitnehmen.

Leider ist das gar nicht so einfach.

Wieso? Als Erzieherin haben Sie doch ein Recht auf Notbetreuung?

Anfangs war dem leider nicht so, was aber natürlich nicht am Träger lag. Jetzt geht es - auch, weil sich mein Mann, der eigentlich mit einer Agentur für Kommunikationsdesign selbständig ist, ehrenamtlich für Risikopatienten engagiert und sich nicht um den Buben kümmern kann.

Künftig sind Sie dann also wieder jeden Tag in der Krippe?

Nein, wir haben das Team zum Schutz in Schichten eingeteilt, damit möglichst wenige Erwachsene gleichzeitig anwesend sein müssen. Bei aktuell fünf bis sechs angemeldeten Kindern sind das aus Sicherheitsgründen zwei Personen. Die anderen bauen Resturlaub und Überstunden ab oder befinden sich im Homeoffice.

Für Sie als Leiterin warten da sicher zahlreiche administrative Aufgaben, aber was machen die Erzieherinnen?

Kinderbetreuung in Ebersberg: Der Spielplatz ist leer, in den Räumen werden derzeit nur fünf bis sechs Kinder in einer Notgruppe betreut. Die anderen Krippenkinder haben in diesen Tagen Osterpost erhalten - mit einem Lied, einem Bastelbogen und einer Geschichte.

Der Spielplatz ist leer, in den Räumen werden derzeit nur fünf bis sechs Kinder in einer Notgruppe betreut. Die anderen Krippenkinder haben in diesen Tagen Osterpost erhalten - mit einem Lied, einem Bastelbogen und einer Geschichte.

(Foto: Christian Endt)

Entwicklungsdokumentationen anfertigen, Elterngespräche vorbereiten und natürlich an den Portfolios arbeiten.

Portfolios?

Das ist ein Ordner pro Kind, in dem mit Fotos und Texten dokumentiert wird, wo wir waren und was die Kinder gemacht und erlebt haben. Normalerweise stehen diese Entwicklungsbücher in jeder Gruppe in Reichweite der Kinder, die auch unglaublich gern darin blättern. Am Ende der Krippenzeit dürfen sie sie mit nach Hause nehmen.

Was für eine schöne Erinnerung an die Tage bei Ihnen! Wie verlaufen die denn sonst so in der Regel?

Erst gibt es Frühstück - wir öffnen ja schon um 6.45 Uhr. Wenn spätestens um 9 Uhr alle da sind, wird bis zur Mittagessenszeit um 10.40 Uhr gespielt. Mit Lego, Autos, Puppen... In einer Gruppe gibt es zudem einen Frisierbereich, da machen sich die Kinder Zöpfe.

Dürfen alle überall hin?

Im Rahmen des offenen Konzepts können sich die Größeren frei im Haus bewegen und gegenseitig in den Nachbargruppen besuchen. Oder in den Nebenraum der Gruppe unterm Dach gehen, da gibt es ein Bällebad, Matten und ein Podest zum Klettern. Die ganz Kleinen und Neuen bleiben lieber in ihrer festen Gruppe, die ist als Rückzugsort mit ganz bestimmten Bezugspersonen ganz wichtig; da be- sucht man dann gemeinsam diese Räume. Um 11.40 Uhr ist Mittagschlaf, ab halb zwei startet die erste Abholzeit. Die zweite geht dann von halb vier bis halb fünf.

Sie gehen auch viel nach draußen?

Für je sechs Kinder haben wir einen "Bus" - das sind die großen Bollerwägen. Mit denen machen wir die umliegenden Spielplätze unsicher.

Die sind ja jetzt gerade für alle gesperrt.

Das ist in der Tat ein Problem. Unsere Notgruppenkinder können zum Glück wie sonst auch den Mehrzweckraum, den wir uns mit dem Familienzentrum teilen, als Turnhalle nutzen. Aber alle, die mit ihren Kindern jetzt daheim sind, müssen beim Spaziergang Spielplätze weiträumig meiden.

Weil es schwer ist, den Kindern die Sperre und die Situation überhaupt zu erklären?

Genau. Zu meinem Sohn, der außerdem seine beste Freundin sehr vermisst, sage ich zum Beispiel, dass alle ein bisschen krank sind und erst gesund werden müssen.

Und was ist mit den anderen Kindern?

Mit denen begründen es die Erzieherinnen per Facetime so: "Die Krippe ist leider geschlossen, ihr habt Urlaub mit Mama und Papa zu Hause!" Es freut uns sehr, dass wir diese Art von Kontakt haben dürfen. So können die Kinder uns nicht nur am Telefon hören, sondern auch sehen. Damit sie auch die Räumlichkeiten nicht vergessen, machen wir diese Anrufe von der Krippe aus.

Kinderbetreuung in Ebersberg: Lisa Bauer leitet das Kinderland Ebersberg, wo normalerweise 50 Kinder betreut werden.

Lisa Bauer leitet das Kinderland Ebersberg, wo normalerweise 50 Kinder betreut werden.

(Foto: Privat/oh)

Haben Sie weitere Maßnahmen ergriffen, um in Verbindung zu bleiben?

Jedes Kind hat eine kleine Ostermappe bekommen - in Ebersberg wurden sie persönlich verteilt, den anderen haben wir sie per Post zugeschickt. Darin befindet sich ein Osterlied, ein Hasen-Bastelbogen und ein Gedicht oder eine Geschichte.

Klingt, als hätten Sie alles gut im Griff und könnten nach dem Zeitraum der Schließung problemlos dort weitermachen, wo Sie vorher aufgehört haben ...

Ganz so ist es leider nicht. Ich sehe das ja bei uns zu Hause: Mein Sohn geht später ins Bett, schläft länger, macht keinen Mittagsschlaf... Das heißt, wenn die Kinder zurückkehren, werden sie sich erst einmal wieder an den Ablauf gewöhnen müssen. Gleichzeitig ist kurze Zeit später, im Mai, die große Eingewöhnung der ganz Neuen. Das müssen wir jetzt alles auf uns zukommen lassen und sehen, wie wir unsere Mädchen und Buben wieder behutsam mit dem Alltag vertraut machen können.

Hätten Sie dann zum Abschluss vielleicht noch einen Expertentipp, wie die Väter und Mütter ihren momentanen Alltag gestalten können?

Mit dem Rad in den Ebersberger Forst fahren, am besten querfeldein den Naturerlebnispfad erkunden. Puzzlen, backen, basteln. Riesenpapierbahnen mit Fingerfarben bemalen. Vor Ostern: Kresse aussäen. Im Internet gibt es noch ganz viele andere Anregungen. Vor allem ist, glaube ich, wichtig: Die Eltern sollten die Situation des "daheimbleiben Müssens" schätzen und als Geschenk ansehen. Die Zeit vergeht so schnell, sie werden nie mehr so viel Gelegenheit für ein intensives Beisammensein mit ihren Kindern haben, da ist jetzt die Gelegenheit, das effektiv zu nutzen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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