Eine Reise zum Mond ist nur wenigen Menschen vorbehalten. Wer jedoch in Zorneding wohnt, könnte künftig durch einen Spaziergang im Süden der Gemeinde ähnlich astronomische Atmosphäre schnuppern. Zumindest ist Linken-Gemeinderätin Ramona Baumgartner davon überzeugt, dass das Areal zwischen Bundesstraße 304 und dem Zornedinger Waldgebiet bald aussehen werde wie eine "Mondlandschaft". Hintergrund sind die in jüngster Zeit gehäuften Anfragen von Unternehmen, die im Gemeindegebiet Kies abbauen wollen. Eine Entwicklung, die zwar in Zorneding für viel Ärger sorgt, bei der der Kommune allerdings die Hände gebunden sind.
Aktueller Anlass für diese Debatte ist ein Antrag zur Baugenehmigung der Firma Penzenstadler, die ihre Kiesgrube südlich der Bundesstraße nach Westen hin erweitern will. Zusätzlich zur bereits bestehenden Abbaufläche soll direkt im Anschluss ein rund 10 445 Quadratmeter großes Areal zur Kiesgewinnung ausgewiesen werden. Hinzu kommt eine etwa 70 000 Quadratmeter große Kiesgrube weiter im Süden, die die Firma Ebenhöh bereits Anfang des Jahres beim Rathaus beantragt hatte - und der der Zornedinger Gemeinderat unter Bauchschmerzen zustimmen musste. Gleiches galt nun in der jüngsten Sitzung des Gremiums für die Fläche der Firma Penzenstadler.
Auch für diese liege eine Privilegierung vor, alles andere als ein positives Votum sei also ein Rechtsbruch, wie Bürgermeister Piet Mayr (CSU) erklärte. Kiesabbau nämlich gilt als privilegiertes Vorhaben und ist als solches im gemeindlichen Außenbereich ohne größere Hürden genehmigungsfähig. Die Entscheidung darüber, ob eine neue Abbaufläche ausgewiesen wird, trifft das Landratsamt. Die Gemeinde muss lediglich am Verfahren beteiligt werden - ohne jedoch über eine tatsächliche Handhabe gegen das Projekt zu verfügen. Denn verweigert sie ihre Zustimmung ohne rechtlich triftigen Grund, kann das Landratsamt diese Entscheidung wieder kassieren - und der Gemeinde drohen unter Umständen sogar Strafzahlungen.
Vor eben diesen Dilemma steht der Zornedinger Gemeinderat nun immer häufiger - sehr zum Ärger seiner Mitglieder. "Das kann man uns einfach nicht zumuten", sagte etwa Bianka Poschenrieder (SPD) über die jüngste Anfrage der Firma Penzenstadler. Die Zweite Bürgermeisterin befürchtete eine "Monster-Kiesgrube" im Süden der Gemeinde und plädierte dafür, das Vorhaben so lange hinauszuzögern, bis für den Bereich ein Flächennutzungsplan erstellt ist. Das werde jedoch zeitlich nicht klappen, sagte Bauamtsleiter Stefan Ballerstaller. "Wir können jetzt nur ja oder nein sagen." Dass "nein" dabei keine Option ist, machte Bürgermeister Mayr deutlich: Das Gremium würde definitiv rechtswidrig handeln, wenn es sein Einvernehmen verweigere. "In den sauren Apfel müssen wir tatsächlich beißen", so der Rathauschef.
Die Gemeinderäte waren sich aber einig, dass man künftig mehr Mitspracherecht haben will. Klappen soll das durch das Ausweisen sogenannter Konzentrationsflächen - also von der Gemeinde selbst bestimmten Grundstücken, auf denen Kiesabbau genehmigt werden soll. Entsprechende Pläne gibt es schon länger, nun soll Tempo in die Sache kommen. "Wir müssen schauen, dass wir das zügig angehen", sagte Wilhelm Ficker (Freie Wähler). Die Firmen seien hellhörig geworden, dass sich in Zorneding dahingehend demnächst was tun könne und würden deshalb nun massiv auf die Gemeinde zukommen. Dass man jedoch nicht zur Kiesgrube für die ganze Region werden wolle, stellte Helmut Obermaier (Grüne) klar.
Dessen Fraktionskollegin Barbara Weiß verwies zudem auf den Umweltaspekt: So entstünden beim Abbau von Kies bis zu 170 Tonnen CO₂ pro Jahr. Hinzu kämen unzählige Fahrten der Lastwagen, "die werden durch Zorneding donnern", so Weiß. Sie plädierte deshalb allgemein dafür, nachhaltiger mit dem Rohstoff Kies umzugehen.