Kein Pflegeheim in Pliening:Flexibles Wohnen für Senioren

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Der Gemeinderat einigt sich im Grundsatz auf ein offenes Konzept in der Mitte des Orts. Nun soll ein Architekt ein erstes Modell erarbeiten, bevor über die Finanzierung entschieden wird

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Die Planungen schienen lange still zu stehen. Dabei will man im Plieninger Rathaus schon seit vielen Jahren mehr für die Senioren in der Gemeinde tun. Ein Pflegeheim, betreutes Wohnen, Wohngemeinschaften, günstiger Wohnraum - unter vielen Überschriften ist im Laufe der Zeit diskutiert worden, in welche Richtung das Rathaus mit einem Angebot für die älteren Mitbürger gehen könnte. Nachdem man sich im Januar bereits für das Erstellen eines Gesamtkonzepts entschieden hatte, mit dem sich Pliening den gestiegenen Anforderungen an seine Infrastruktur in Sachen, Kinder-, Jugend- und Seniorenbetreuung stellen will, hat der Gemeinderat nun einen eigenen Grundsatzbeschluss für die Senioren gefasst. Der beantwortet nun nicht mehr nur die Frage nach dem "ob", sondern bringt die Gemeinde auch in der Frage nach dem "wie" ein Stückchen voran. Ein Pflegeheim im klassischen Sinne ist nach den Rahmenvorgaben, die das Gremium nun einem Architekten für einen ersten Entwurf macht, damit eigentlich vom Tisch.

Das knapp 4700 Quadratmeter große Grundstück, auf dem eine Anlage welcher Art auch immer verwirklicht werden könnte, besaß die Gemeinde schon zu Zeiten des früheren Bürgermeisters Georg Rittler (CSU). Das sogenannte Müller-Grundstück liegt neben der alten Kirche Heilig Kreuz im Zwickel zwischen Wolfram-, Poinger und Geltinger Straße. Das Grobkonzept, das die Seniorenbeauftragte im Rathaus, Birgit Fleischmann-Werner, nun im Gemeinderat vorstellte, geht im Wesentlichen auf einen Workshop im September 2016 mit vielen älteren Teilnehmern aus der Gemeinde und etliche Gesprächskreise zwischen Fachleuten aus der Seniorenbetreuung und Vertretern von Gemeinderat und Rathaus zurück.

So soll die Anlage, die im Herzen der Gemeinde - eine unbedingte Forderung aus dem Kreis der Plieninger Bürger - entstehen könnte, zum einen barrierefreie Wohnungen verschiedener Größen und Zuschnitte aufweisen. Außerdem ist daran gedacht, bezahlbare Wohnungen für Mitarbeiter des Rathauses oder auch der Kindergärten und Sozialeinrichtungen in Pliening unterzubringen. In einem anderen Trakt soll eine Einrichtung zur ambulanten Tagespflege entstehen, deren Größe allerdings noch von einer landkreisweiten Bedarfsermittlung abhängt, die im kommenden Jahr fertig gestellt werden soll. Alternativ könnte auch die Einrichtung von Senioren-Wohngemeinschaften möglich sein. Weil gerade ältere und weniger mobile Menschen zu vereinsamen drohen, will man mit einem Veranstaltungsraum und Platz für Aktivitäten, einem öffentlich zugänglichen Café mit Mittagstisch unter Leitung eines professionellen Betreibers sowie einem Garten, eventuell mit Möglichkeiten zur Selbstgestaltung, beispielsweise mit Hochbeeten, gegensteuern. Auch die Einrichtung einer Arzt- und einer Physiotherapiepraxis im Haus sowie eines Friseursalons wurde debattiert - zumindest letzterer aber wieder gestrichen. Dafür soll eine Art Infopoint oder ein Betreuungsbüro unterkommen, das Senioren bei ihren Anliegen oder Aktivitäten unterstützt. Die Wohnungen sollen leicht umbaubar oder teilbar sein, um eventuell im höheren Alter nötig werdende 24-Stunden-Pflegekräfte unterbringen zu können.

Wie Bauamtsleiter Martin Schmidt-Roschow erläuterte, könnte eine Anlage aus zwei miteinander verbundenen Gebäudeteilen mit zwei Geschossen plus Dachgeschoss ohne die zeit- und geldraubende Aufstellung eines Bebauungsplans errichtet werden, da sie sich in die umgebende Bebauung einfüge. Möglich wäre vielleicht auch ein Turm als Verbindungsstück der beiden Baukörper, der mit einem Aufzug versehen den Bewohnern "einen schönen Blick in die Berge" ermöglichen könnte - gemäß dem Wunsch aus der Bevölkerung, es dürfe "gern etwa Neues, Besonderes oder Ungewöhnliches" sein.

Während das Vorhaben im Gremium grundsätzliche Zustimmung fand, gab es doch warnende Stimmen im Hinblick auf die Finanzierung. So wollte Zweiter Bürgermeister Franz Burghardt (CSU) wissen, ob geplant sei, dass die Gemeinde die Anlage in Eigenregie bauen werde. Ein Vorhaben, das sich Pliening nach bisheriger Einschätzung nicht leisten könne, merkte Michael Klaß (Alternative für Pliening) an. "Ich sehe die Wunschliste und frage mich als Banker: Wie wollen wir das alles finanzieren?" Ebenso wie Burghardt wollte auch Klaß ein klassisches Pflegeheim nicht gänzlich aus dem Pool der Möglichkeiten gestrichen sehen. Er riet dazu, die Planung "nicht zu übereilen" und fand Unterstützung in seinem Fraktionskollegen Markus Uffinger. Günter Schuler (CSU) hingegen gingen die Vorschläge für eine erste Planung zu sehr ins Detail.

Letztlich folgten die Zögernden aber doch wie der gesamte Rat den Argumenten von Bürgermeister Roland Frick (CSU), der wiederum Schützenhilfe von der SPD-Fraktion bekam. Mit weniger als 60 bis 80 Betten sei ein Pflegeheim nicht rentabel, führte die stellvertretende Fraktionssprecherin Bettina Marquis an. Das sei es auch nicht, was die Menschen sich wünschten, sagte ihre Fraktionskollegin Eva Strauss, "das weiß ich aus meiner eigenen Arbeit" (in der Altenpflege, Anm. d. Redaktion). Pliening sei mutmaßlich zu klein, um genügend Betten mit eigenen Bürgern zu belegen, erklärte der Bauamtsleiter, "da sind dann von 80 Plätzen zehn Plieninger, 70 kommen aus München. Das wäre am Bedarf vorbei geplant."

Auf die Bedenken der Alternative für Pliening reagierte Frick: Der Beschluss bedeute keine endgültige Vorgabe, sondern in einem "fließenden Prozess" nur ein erster Plan. "Aber wenn wir einem Architekten nichts vorgeben, dann kriegen wir auch nichts." Der Auftrag sei mit einer Kostenschätzung verbunden, anhand derer man sehen könne, ob und inwieweit die Gemeinde selbst bauen könne. "Da wäre ich eigentlich dafür. Wenn wir's aus der Hand geben, haben wir keinen Einfluss mehr." Fördermöglichkeiten seitens der Staatsregierung und ein größerer finanzieller Spielraum - durch den Verkauf gemeindeeigener Grundstücke in Landsham-Süd - versetzten die Gemeinde zudem in eine ungleich günstigere Position als früher. "Es geht jetzt schon seit so vielen Jahren", sagte Frick. Mit zu großer Eile habe das nicht mehr zu tun.

© SZ vom 02.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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