Kehrtwende in der Marktgemeinde:Kirchseeon will die Nordtrasse

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Mit großer Mehrheit spricht sich der Gemeinderat für eine Umgehungsstraße durch den Forst aus

Von Christoph Hollender, Kirchseeon

Auf der Münchner Straße in Kirchseeon, hier am Spannleitenberg, ist täglich viel Verkehr. Nun gibt es eine neue Idee für eine Entlastung. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Jahrelang stritten Bürger und Gemeinderat in Kirchseeon über eine Umgehungstrasse zur B 304. Am Montagabend die überraschende Wende - der Markgemeinderat stimmte mit einer großen Mehrheit für eine Trasse im Norden durch den Ebersberger Forst. Nur die Fraktion der Grünen lehnte das ab. Weniger als eine Stunde debattierten die Gemeinderäte; Bürgermeister Udo Ockel versuchte das Gremium mit einem emotionalen Plädoyer zu überzeugen: "Es gibt jetzt nur mehr eine Lösung, die Nordtrasse."

Weil es in Kirchseeon bisher keine Einigkeit darüber gab, wo eine Trasse gebaut werden könnte - Norden oder Süden, mit oder ohne Tunnel - wurde die Gemeinde im Bundesverkehrswegeplan, der im März veröffentlicht wurde, nicht vorrangig eingestuft. Die Gemeinde müsste damit noch Jahrzehnte auf eine Umgehungsstraße warten. Viele Kirchseeoner zeigten sich daraufhin enttäuscht und wütend. Sie protestierten und schickten ihre Einsprüche an das Bundesverkehrsministerium.

Die Südumgehung haben die Behörden schon zweimal abgelehnt

Die Belastung des Verkehrs an der B 304, die mitten durch die Gemeinde verläuft, sei für die Menschen im Ort "unerträglich". Eine schnelle Lösung müsse gefunden werden, stellten die Gemeinderäte fest. Die Fraktion der SPD forderte im Gremium, dass die Verwaltung das Straßenbauamt umgehend auffordern müsse, "weitere Planungen und Möglichkeiten einer Umgehungsstraße aufzunehmen und der Marktgemeinde vorzuschlagen". Thomas Kroll, der Fraktionssprecher der SPD, stellte klar: Eine Südtrasse komme dabei aber nicht mehr infrage, es gelte neue Lösungen für Kirchseeon auszuarbeiten. Welche Lösungen ließ er offen. Außerdem soll aus Sicht Krolls der Arbeitskreis B 304 wiederbelebt werden, um einen "breiten Konsens" mit den Bürgern zu erzielen. Für die CSU war das eindeutig zu wenig. "Wir müssen ein klares Signal nach Berlin senden, und das ist die Nordtrasse", stellte Andreas Scherer (CSU) klar. Nur dem Bundesverkehrswegeplan zu widersprechen "und unsere Meinung zu äußern, wandert in den Papierkorb". Nur wenn sich die Gemeinde klar für eine mögliche Umgehungsstraße ausspreche, könne diese nachträglich beim Bund eingereicht werden und werde überhaupt beachtet. Auf diese Möglichkeit hatte erst kürzlich der Ebersberger Bundestagsabgeordnete der SPD, Ewald Schurer hingewiesen.

Bürgermeister Ockel plädierte energisch dafür, sich auf die Nordtrasse zu einigen. Eine Umgehung im Süden Kirchseeons sei bereits zweimal beim Bund geprüft worden und durchgefallen, und damit keine Option mehr. Dass sich Ockel vor Jahren mit der Südtrasse "verspekuliert" hatte, räumte er ein. Damals setzte der Rathauschef entgegen großen Widerstandes der Bevölkerung auf eine Südtrasse. Ein Bürgerentscheid 2012 brachte dann das eigentliche Aus, denn 49,56 Prozent stimmten gegen eine Südtrasse, 50,44 Prozent waren dafür. Nur wenn sich eine große Mehrheit für eine Lösung ausspreche, gebe der Bund die Planung einer Straße in Auftrag.

Proteste gegen die neue Straße im Forst sind zu erwarten

Auch die SPD-Fraktion wusste, dass eine Nordtrasse wahrscheinlich die derzeit einzige Möglichkeit sei und stimmte deshalb gemeinsam mit der CSU und den Freien Wählern geschlossen dafür. Die Verwaltung wird damit beauftragt, dem Bund eine Nordumfahrung, die weit genug vom Ort abgerückt sein soll, als mögliche Lösung vorzuschlagen. Damit wolle man Einigkeit demonstrieren. Die Gemeinde verlangt weiter, dass zusätzliche Lösungen vom Straßenbauamt ausgearbeitet werden müssen. Einzige Bedingung sei, dass der Verkehr in Kirchseeon weniger werde. Die Fraktion der Grünen zeigte sich wenig begeistert mit dem Ergebnis. Eine Straße durch den Ebersberger Forst ist für die Grünen eine "schlechte Lösung". Sie hatten vorgeschlagen, einen Tunnel zu bauen. Dieser scheiterte vorab jedoch an den Kosten.

Ockel rechnet damit, dass mit der Entscheidung des Gemeinderates der Widerstand der Bürger aus dem Norden Kirchseeons und der Schutzgemeinschaft des Ebersberger Forsts wachsen könnte. Die nun favorisierte Trasse würde nämlich direkt durch ein Naturschutzgebiet verlaufen. Der Rathauschef sieht das aber gelassen: "Schlimmer als damals im Süden kann es nicht werden." Hingegen dürften die Kirchseeoner des Südens jetzt endgültig aufatmen.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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