Kaum ein Konsens in Sicht:Weniger Verkehr muss her

Waldbeschützer und Umgehungsstraßenbefürworter aus Schwaberwegen treffen in Purfing aufeinander

Von Amelie Hörger, Vaterstetten

"Was ist so wichtig, dass dafür unser Forst in Gefahr gebracht wird?" Diese Frage stellt Ludwig Seebauer, Vorsitzender der Bürgerinitiative St 2080 - Schwaberwegen und Moos e.V. der Menge im Purfinger Haberer. In dem bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Raum wird er zwei Antworten von unterschiedlichen Fronten erhalten - die auch an diesem Abend zu keinem Konsens finden werden.

Unter dem Großthema "Verkehr" und speziell dem Aspekt "Umgehungsstraßen" und deren Vereinbarkeit mit dem Landschaftsschutzgebiet Ebersberger Forst hat die Bürgerinitiative St2080 zu mehreren Vorträgen unter anderem von Landrat Robert Niedergesäß (CSU) und Kreis- und Stadtrat Philipp Goldner (Die Grünen) geladen. Anwesend sind neben vielen vom Verkehrslärm betroffenen Anwohnern auch Forstleiter Heinz Utschig, der Bund Naturschutz, sowie Vertreter des Vogelschutzes.

Zunächst beginnt die Vortragsreihe trotz in der Vergangenheit stark polarisierendem Diskussionsthema recht harmonisch. Den Aussagen des ersten Redners Gernot Hartwig, Sprecher des Arbeitskreises Verkehr im Bund Naturschutz, scheint keiner der Anwesenden widersprechen zu wollen. Ein gesteigertes Verkehrsvorkommen ist schließlich eine Tatsache, welche nicht nur im Landkreis Ebersberg zu beobachten ist. Konkrete Lösungen für diese Problematik zeigt Hartwig jedoch nicht wirklich auf. Sein Vorschlag für eine verbesserte Infrastruktur: Rückbau der Autowege, dafür Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. "Straßenbau heute ist Unsinn", so sein Credo.

Kaum ein Konsens in Sicht: Die Bürgerinitiative St2080 macht bei einem Spaziergang auf die Schönheiten des Forsts aufmerksam.

Die Bürgerinitiative St2080 macht bei einem Spaziergang auf die Schönheiten des Forsts aufmerksam.

(Foto: Privat)

Deutlich konkreter auf den Landkreis bezieht sich der Ebersberger Philipp Goldner von den Grünen und liefert ein Potpourri aus Karten der Region, in denen in rot, gelb, grün und blau die unterschiedlichsten Straßen eingezeichnet sind. Mal sind diese bereits vorhanden, ein anderes Mal sind sie erst in Planung, manche der gezeigten Umgehungsstraßenpläne wurden längst verworfen. Deutlich wird bei seinem Vortrag vor allem die Grundproblematik des Landkreises: Mit einer immer deutlicher wachsenden Einwohnerzahl steigen auch die Zahlen der Pendler, der Autofahrer und der Lkw. Laut Goldner sind rund 10 000 Lastwagen im Landkreis gemeldet, Pkws zähle man gar 100000 Stück. Das Einwohnerwachstum des Landkreises Ebersberg gehört zu dem größten in ganz Bayern. "Ein Spitzenplatz auf den man jetzt nicht unbedingt stolz ist, weil er eben auch Schwierigkeiten mit sich bringt", sagte Landrat Robert Niedergesäß.

Intensiv gehen sowohl Niedergesäß als auch Goldner auf die Verbesserung des S-Bahn-Netzes ein. Gerade im Bereich öffentlicher Nahverkehr sei in den vergangenen Jahren viel verschlafen worden, so Goldner. Dies will Niedergesäß nun nachholen. Wenn es nach dem Landrat geht, soll es ein 24-stündiges Rufbussystem geben, das es den Bürgern im Landkreis möglich macht, auch einmal bequem zwischen den Ortschaften zu wechseln, ohne auf die SBahn angewiesen zu sein. Auch der Radverkehr soll durch entsprechende Fahrradwege gefördert werden. Dafür wurde im Landratsamt extra eine neue Stelle geschaffen. Der zuständige Mitarbeiter wird sich zukünftig hauptsächlich mit der Grundstücksbeschaffung für geplante Fahrradwege befassen, so der Landrat.

Kaum ein Konsens in Sicht: Bei der Podiumsdiskussion, ist auch Landrat Robert Niedergesäß mit von der Partie.

Bei der Podiumsdiskussion, ist auch Landrat Robert Niedergesäß mit von der Partie.

(Foto: Christian Endt)

Doch so leicht und friedlich ist der Saal nicht zufrieden zu stellen. Das eigentliche Streitthema ist nämlich bislang kaum zur Sprache gekommen. Und während die Temperaturen im immer noch bis zum Rand gefüllten Saal steigen, erhitzen sich langsam auch die Gemüter. Die Ecke, in der sich die Anwohner des Forstinninger Ortsteils Schwaberwegen eingefunden haben, kämpft seit Jahren für eine Umfahrung ihres Dorfs und fühlt sich missverstanden von der Politik. Aber auch von Initiativen, die dem Naturschutz einen höheren Stellenwert geben als der momentanen Belastung für die Leidtragenden.

Über teure Tunnellösungen wird kurz gesprochen, über die Möglichkeit der Aufforstung und ein Tempolimit. Ebersbergs Landrat Niedergesäß betont dabei immer wieder, dass der Landkreis nur für Kreisstraßen zuständig sei, es sich in diesem schwierigen Fall allerdings um eine Staatsstraße handele. Hier seien seine Möglichkeiten daher begrenzt.

Neben den Naturschützern melden sich auch Anwohner aus Schwaberwegen zu Wort, die seit 60 Jahren mit dem steigenden Verkehrsaufkommen leben müssen oder die Baugrund für die Straße verkaufen mussten. Ab und an entsteht ein reges Gespräch, oftmals wirken die Fronten jedoch starr und festgefahren. Und auf die Frage von Ludwig Seebauer zur Wichtigkeit des Ebersberger Forsts hat zumindest einer der Betroffenen eine klare Antwort: "Was ist wichtiger als die Natur? Der Mensch".

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