Kammermusikzyklus:Schlag auf Schlag

Kammermusikzyklus: Klangexperimente die begeistern: Das Ensemble "Berlin Piano-Percussion" legt beim Kammermusikzyklus des Kulturvereins im Zornedinger Martinstadl mit seiner außergewöhnlichen Besetzung einen furiosen Auftritt hin.

Klangexperimente die begeistern: Das Ensemble "Berlin Piano-Percussion" legt beim Kammermusikzyklus des Kulturvereins im Zornedinger Martinstadl mit seiner außergewöhnlichen Besetzung einen furiosen Auftritt hin.

(Foto: Christian Endt)

"Berlin Piano-Percussion" begeistert im Martinstadl

Von Claus Regnault, Zorneding

Das war schlicht eine Sensation: das Konzert der fünfköpfigen Truppe Berlin Piano-Percussion im Zornedinger Martinstadl. Das war auch frische Luft in einem an der Klassik orientierten Abonnement-Zyklus, eine wahrhaftige Ohrenbefreiung. Schon das Eingangsstück, die fabelhafte, an Ravel und an Steve Reichs minimal music anknüpfende Komposition des Marseillers Régis Campo "Eternal sunshine.1" erweckte das überwiegend grauhaarige Publikum zu schier enthemmtem rhythmischem Kopfnicken. Ein gehämmertes Perpetuum mobile der zwei Pianos, zusätzlich akzentuiert durch zwei Schlagzeuger, die, die Köpfe in den Innenraum des Flügels gebeugt, Rhythmen klopften, was das dortige Holz hergab.

Großartig - und das gilt für das ganze Konzert - die Präzision und Klangvariation ihres Spiels, Schwerstarbeit für die beiden Pianistinnen Ya-ou Xie und Sawami Kioshi und die Schlagzeuger Adam Weismann und Matthias Buchheim. Und dann, gleich nach dem Campo, eines der wirklich maßgebenden Werke der modernen Musik, Bela Bartóks "Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug " aus dem Jahre 1937, geschrieben im Auftrag von Paul Sacher, dem Großförderer zeitgenössischer Musik und Leiter des Basler Kammerorchesters, der in den Schweizer Bergen eine tiefgekühlte Sammlung der meisten Partituren der neuen Musik vor dem Verderb und dem Zugriff der Nazis gerettet hat. Was Bartók in diesem Stück, stark beeinflusst von ungarischer Folklore, geschaffen hat, ist rhythmisch und melodisch von einer derart zwingenden Sprache, dass es schon in der Uraufführung die Begeisterung der Hörer entfachte. Die Interpretation zeichnete sich durch große Transparenz, rhythmischen Furor und Vielfalt der Klangfarben, ebenso wie die Komposition selbst durch Maßstäblichkeit aus.

Nach der Pause dann der leichtere Teil des Programms. Zunächst wieder eine Besonderheit: Alle Musiker traten vor die Pianos, in den Händen verschieden gestimmte Klangstäbe (Claves), welche Steve Reich, der Initiator der minimal music, in seiner Komposition "Music für pieces of wood" als Demonstration dafür gewählt hat, dass Rhythmus auch Klang sein kann - eben tönendes Holz. Danach eine sozusagen skelettierte Bearbeitung der "Sinfonischen Tänze" aus der "West Side Story" von Leonard Bernstein, melodiegesättigte Highlights aus diesem großartigen Musical. Das mit kräftigen Menschenstimmen ausgerufene "Mambo" hätte den letzten Schläfer im Publikum aufgeweckt, wenn dieses nicht ohnehin von diesem fulminanten Konzert wach gehalten worden wäre. Nach allen vier Programmpunkten begeistert zustimmender Beifall, der eine bezaubernde Zugabe zur Folge hatte: der fünfte Satz aus Maurice Ravels "Ma mère l'oie", dessen Bearbeitung für das Ensemble zwar den zarten Streicherklang des Originals nicht wiedergeben konnte, dafür aber den auch im Original von Celesta und Xylofon-Arpeggien geprägten orgiastischen Schluss umso strahlender zur Geltung brachte. Ein Ereignis ähnlich einer sich öffnenden exotischen Blüte.

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