Zerstörtes Biotop:Kahlschlag in Ebersberg: Behörde verzichtet auf Verfahren

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Ausgerechnet am "Tag der biologischen Vielfalt" lässt ein Grundeigentümer ein Biotop roden. Die Aktion ist übertrieben - aber aus lauterem Motiv.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Es war eine Fällaktion der rabiateren Art, rechtliche Konsequenzen hat der Verursacher aber nicht zu befürchten. Die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Ebersberg verzichtet auf ein Verfahren gegen den Grundstückseigentümer, der am Freitag per Kahlschlag in einem Biotop Anwohner erzürnte. Wie Sachgebietsleiter Johann Taschner am Dienstag auf Nachfrage mitteilte, sei der Eigentümer mit den Maßnahmen zwar "über das Ziel hinaus geschossen". Angesichts des Motivs sehe die Behörde aber keinen Anlass, die Aktion als Rechtsverstoß auszulegen. Es sei dabei in erster Linie um die Absicherung eines Radwegs gegangen, der durch das Areal führt. Wegen Pilzbefalls, so Taschner, waren mehrere Bäume gefährdet, auf diesen Weg zu krachen.

Es geht um ein 4000 Quadratmeter großes Gebiet zwischen Grafing und Ebersberg, die Hälfte davon wurde abgeholzt - ausgerechnet am 22. Mai, dem "Internationalen Tag der biologischen Vielfalt". Johann Taschner erklärt, dass er die Lage zusammen mit der Ebersberger Revierförsterin Astrid Fischer umfassend vor Ort geprüft habe, und dass die Entscheidung in einem Grenzbereich fiel. Taschners Verantwortung ist die Gratwanderung zwischen Umweltschutz und Umweltnutzung. Im Fall des Biotops ging es dem Waldbesitzer um die wirtschaftliche Verwertung des Holzes, das sich als Bau-, Möbel- oder Brennholz verkaufen lässt. Und es ging um den Schutz der Nutzer des Radlwegs.

Bei den insgesamt 20 bis 25 gefällten Bäumen, so Taschners Schätzung, handele es sich größtenteils um Eschen, die vom Eschentriebsterben befallen waren und umzustürzen drohten. Würde dadurch etwa ein Radfahrer zu Schaden kommen, wäre der jeweilige Waldbesitzer in der Haftung. Dies sei Hauptmotiv und Anlass für die Aktion gewesen. Und dabei hätte man es belassen können. "Für die Sicherheit hätte gereicht, die acht Bäume an der Straße umzuschneiden", sagt Taschner. Wer aber ein Holzunternehmen samt Harvestermaschine engagiert, lässt nicht selten gleich noch weitere Arbeiten durchführen. Dies, so Taschner, sei aus wirtschaftlicher Sicht verständlich. Aber eben, wie er einräumt, für den Moment garstig anzuschauen.

Taschner geht dem juristischen Streit aus dem Weg. Der Eigentümer soll stattdessen die Aufforstung und die Instandsetzung des Baches bezahlen. Wo die bis zu 70 Jahre alten Eschen standen, sollen im kommenden Herbst unter anderem Erlen und Flatterulmen nachgepflanzt werden. Wachstumsdauer: sehr lang. Kostenfaktor: sehr gering - verglichen mit dem zu erwarteten Ertrag des geschlagenen Eschenholzes. Einen Vorteil hat das Ganze, so Taschner: Auf das erdige Ufer des Bachlaufs fällt ohne das Blätterdach wieder Sonnenlicht: Nun können dort Pflanzen wachsen.

© SZ vom 27.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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