Kabarett:Tabledance des Kapitals

Max Uthoff im alten Kino, BR aufzeichnung

Für Politik hat er sich schon als Bub interessiert: Max Uthoff, bekannt für seinen trockenen britischen Humor, fasziniert das Publikum im Alten Kino.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Max Uthoff begeistert das Publikum im Alten Kino mit erstklassigem politischen Kabarett. Unter dem Titel "Gegendarstellung" geht der Jurist der Ursache allen Übels auf den Grund

Von Viviane Rückner, Ebersberg

Mit bösem, fast britischem Humor fesselt Max Uthoff die Besucher am Montagabend im Alten Kino über zwei Stunden lang. Neben Neoliberalismus und Donald Trump behandelt er auch zeitlos brisante Themen wie Arbeitslosigkeit und Kapitalismus. Mit seinem Programm "Gegendarstellung" steht er seit zwei Jahren auf der Bühne, allerdings immer mit einer aktualisierten Auflage. Bekannt wurde der 49-jährige durch die ZDF-Sendung "Die Anstalt", dementsprechend gut besucht war seine Vorstellung in Ebersberg.

Schon als Kind sei er von seinen Eltern dazu aufgefordert worden, sich mit Politik auseinanderzusetzen. "Daher schaute ich von klein auf den Wochenspiegel", erzählt Uthoff. Er studierte Jura, entschied sich dann aber doch gegen ein Dasein als Anwalt und trat in die Fußstapfen seines Vaters, der Leiter des Münchner Rationaltheaters war, und fand damit sein Glück. Besonders gefalle ihm am Kabarett, dass er seinem Ärger freien Lauf lassen könne, erzählt er, was er auf intelligente, wohldurchdachte Art tut.

Uthoff, ein Moralist mit einem zynischen Blick auf die Welt, gibt den Zuschauern viel Stoff zum Nachdenken. Er wundert sich beispielsweise darüber, wie sich Leute über Fake-News aufregen können - nach so vielen Jahren Bild-Zeitung. Obendrein seien Falschmeldungen leicht zu erkennen: "Der Bundeswehr gehen die Nazis aus", wer würde das wohl glauben?

Lügenpresse, die brennende Frage nach Donald Trumps Friseur und die AfD, bieten neuerdings genug, um einen Abend zu füllen, doch Uthoff geht mit seinen Themen eine Ebene tiefer und erklärt den Zuschauern gleich die Ursache allen Übels auf der Welt: Der Neoliberalismus habe Schuld daran, dass die Interessen der Arbeiter hinter denen des Kapitals zurückstehen. Symptome dafür seien Kriege, soziale Verelendung, Flüchtlingsströme und triumphierende Rechtspopulisten. Und dennoch hinterfrage niemand das Geschehen, denn "Versteher" zu sein, sei in unserer Gesellschaft eine Beleidigung, erklärt Uthoff.

Anlässlich der diesjährigen Bundestagswahl bleibt auch die Regierungskoalition nicht von seiner bissigen Kritik verschont, insbesondere die SPD muss sich warm anziehen. Sich heutzutage noch der SPD anzuschließen, sei für ihn unbegreiflich, schließlich habe diese Partei die "Arbeitnehmerschaft hintergangen" und hänge inzwischen an der "Tabledance-Stange des Kapitals". Die Schimpftiraden gegen die AfD und FDP fielen dagegen geradezu glimpflich aus. Das Wahlverhalten der Deutschen nimmt er mit der Begründung in Schutz, dass Angela Merkel Sympathiegefühle auslöse, weil sich jeder mit ihrer Konzept- und Ziellosigkeit, gerade in der Flüchtlingsfrage, identifizieren könne. Uthoffs antikapitalistische Weltanschauung ist radikal und von Widersprüchen befreit, was es den Zuschauern leicht macht, sich seinen Ansichten anzuschließen und mitreißen zu lassen.

Es wird viel gelacht und applaudiert, nur in den letzten Minuten bleibt dem Publikum das Lachen im Halse stecken, als Uthoff von der Armut und dem Elend in Griechenland erzählt - "ein westeuropäisches Land, in dem ein Drittel der Menschen unter der Armutsgrenze lebt, und Deutschlands finanzielle Unterstützung alleine zur Schuldentilgung genutzt wird." Besonders betroffen blicken die Zuschauer drein, als der Kabarettist belegt, dass Hartz-IV-Empfänger als faul und minderwertig angesehen werden und von vielen, auch öffentlichen Personen, nicht als Teil der Gesellschaft akzeptiert werden - es habe sich ein "stabiles Feindbild in der sozialen Marktwirtschaft gebildet, von der Elite gefördert."

Max Uthoff bringt brennende Themen und Missstände so genau auf den Punkt, dass es mitunter weh tut. Er unterhält, regt aber auch zum Nachdenken an. Das Publikum verließ den Raum mit fröhlichen, aber auch teils ernsten Gesichtern. Aus den Zuschauerreihen war nur Positives zu hören: Eine Frau formulierte es so: "Er ist so wortgewandt und belesen. Das ist ausgezeichnetes politisches Kabarett."

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