Kabarett in Grafing:Eine mit vielen Gesichtern

Kabarett in Grafing: Gestik, Mimik, Stimme: Franziska Wanninger verleiht jedem ihrer Charaktere eine eigene Note - manchmal ist sie aber auch einfach nur sie selbst.

Gestik, Mimik, Stimme: Franziska Wanninger verleiht jedem ihrer Charaktere eine eigene Note - manchmal ist sie aber auch einfach nur sie selbst.

(Foto: Christian Endt)

Wie normale Menschen ihre Klamotten, wechselt Kabarettistin Franziska Wanninger die Rollen. Diese Vielseitigkeit sorgt bei ihrem Auftritt in der Turmstube für Begeisterung

Von Andreas Junkmann, Grafing

Eigentlich ist Franziska Wanninger nicht auf den Mund gefallen. Wenn es aber um die Liebe geht, dann ist die sonst so forsche Powerfrau plötzlich ganz schüchtern. Genau um diese Angst hat die Kabarettistin ihr drittes Bühnenprogramm mit dem Titel "Furchtlos glücklich" gesponnen, in dem sie das Publikum mit auf eine zweistündige Reise zu mehr Selbstsicherheit und Mut im Leben nimmt. Was die Zuschauer am Donnerstag in der Turmstube der Grafinger Stadthalle geboten bekamen, war weit mehr als nur eine Solovorstellung. Es war ein bunter Mix aus verschiedenen Charakteren, die mit all ihren Eigenheiten und Macken für einen kurzweiligen Abend sorgten. Die 36-jährige Altöttingerin bewies dabei nicht nur feinen Humor, sondern zeigte auch, dass sie als Schauspielerin und Sängerin so einiges drauf hat.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Wanningers heimliche Liebe zu ihrem Zahnarzt Andi, dem einzigen Mann, der sie zum Schweigen bringen kann. Neben der "Happy-Hippo-Phobie", also der Angst vorm Zunehmen, bereitet ihr gerade die Furcht davor, den ersten Schritt zu wagen, große Sorgen. Deshalb braucht Wanninger den nötigen Schub von ihrer rabiaten osteuropäischen Putzfrau, die sie ob ihres unaussprechlichen Namens einfach Lady Gaga nennt. "Franziska! Wo ist Kind?" - dieser Satz bringt für Wanninger das Fass endgültig zum Überlaufen, weshalb sie sich für das Angstseminar von Melissa Schneebergen anmeldet.

Dort kann die Kabarettistin Wanninger ihre Vielseitigkeit wunderbar ausleben, trifft die fiktive Wanninger in der Therapiegruppe doch auf allerhand merkwürdige Gestalten. Angefangen bei der Seminarleiterin selbst, die durch ihre fragwürdigen und lebensfernen Therapiemethoden für reichlich Verwunderung bei den Kursteilnehmern sorgt. Vor allem sind es aber Charaktere wie der grantige Herbert oder die pragmatische Wiesn-Bedienung Brigitte, die dem Grafinger Publikum die Lachtränen in die Augen treiben. Wenn Wanninger in diese Rollen schlüpft, sieht man nicht mehr die Frau mit roten Haaren, rotem Lippenstift und roten Pumps vor sich. Dort auf der Bühne steht dann tatsächlich der Hans mit stattlichem Doppelkinn, der nach eigener Aussage vom Bier schon gar nicht mehr besoffen wird, und dessen Frau jetzt einen Unternehmensberater hat - obwohl sie gar kein Unternehmen hat.

Zwischen den Seminarszenen gibt Wanninger Einblick in ihr Familienleben, etwa wenn die genauso penible wie nervige Cousine "Chrischta" plötzlich bei ihr auftaucht. "Wenn einer aus Baden-Württemberg bei dir vor der Tür steht, weißt du: Der will was", sagt Wanninger. Für Chrischta packt sie ihr feinstes Schwäbisch aus. Dann geht es über Therapeutin Schneebergen wieder ins Hochdeutsche, ehe sie mit dem Seminarteilnehmer Robert im Österreichischen gelandet ist. Eine Vielseitigkeit, die das Grafinger Publikum immer wieder mit reichlich Applaus belohnt.

Aber was ist denn nun eigentlich mit dem Zahnarzt Andi, in den sich Wanninger doch so unsterblich verguckt hat? Wie es der Zufall will, sitzt der natürlich ebenfalls im Angstseminar, was Wanninger dazu bringt, für alle Fälle vorzusorgen: Der BH auf dem Nachtkästchen wird durch Mundspülung und Zahnseide ersetzt. Mehr läuft aber nicht, denn mit einem ersten zarten Annäherungsversuch beim Abendessen scheitert Wanninger kläglich. Und dann kommt auch noch der Tiefschlag: Bei einer Vertrauensübung soll sie einen Brief gegenlesen, der für Andis Geliebte gedacht ist. "Mir langt's jetzt", schimpft sie und lässt ihren Angebeteten kurzerhand mit verbundenen Augen die Treppe runterpurzeln. Dieser verliert dabei einen Vorderzahn, was Wanninger mit der Aussage quittiert, er solle nicht so jammern, schließlich sitze er doch an der Quelle.

Als alles gescheitert scheint, und Zahnarzt Andi längst vom Seminar abgereist ist, wirft Wanninger dann doch einen Blick in den Brief - und entdeckt, dass er für sie bestimmt war. Angetrieben von Putzfrau Lady Gaga schickt sie Andi eine Sprachnachricht, er ruft prompt zurück. Ende gut, alles gut. Das gilt nicht nur Franziska Wanninger selbst, sondern auch für das begeisterte Grafinger Publikum, das nach diesem Abend nicht nur furchtlos, sondern vor allem wunschlos glücklich war.

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