Jugendhilfe:ÖDP und Linke erheben Vorwürfe gegen Ebersberger Jugendamt

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Viele Abteilungen im Ebersberger Landratsamt sind personell am Anschlag. Neue Mitarbeiter kosten allerdings Geld - und davon hat der Landkreis nicht allzu viel. (Foto: Christian Endt)

Jugendamtsleiter Christian Salberg wehrt sich gegen Vorwürfe, man habe während der Pandemie die Arbeit vernachlässigt.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ein Jugendamtsleiter hat häufig brenzlige Situationen zu moderieren und braucht dafür zumeist starke Nerven. Entsprechend ist der Ebersberger Behördenchef Christian Salberg eigentlich nur schwer aus der Fassung zu bringen. Die Fraktionsgemeinschaft von ÖDP und Linke im Kreistag hat nun aber genau das geschafft. In einer Anfrage erkundigten sich die beiden Parteien über die Arbeit des Jugendamtes während der Corona-Krise. Zwischen den Zeilen konnte man jedoch durchaus Andeutungen herauslesen, wonach die Behörde in den vergangenen Monaten ihre Arbeit nicht anständig erledigt habe - ein Vorwurf, den Salberg entschieden zurückwies.

"Das hinterlässt einen schalen Beigeschmack", sagte der Behördenchef über den von ÖDP und Linke eingereichten Fragenkatalog. "Es wirkt so, als hätten wir etwas Unrechtes getan." Salberg bezieht sich dabei auf den Punkt, der die beiden Parteien besonders stört: Zur Bewältigung der Pandemie waren Vertreter des Jugendamtes mit rund 5300 Arbeitsstunden für die Führungsgruppe Katastrophenschutz im Einsatz. Im Umkehrschluss bedeutet das für ÖDP und Linke, dass sich drei Vollzeitkräfte in dieser Zeit nicht um die Kinder und Jugendlichen kümmern konnten, oder wie es Kreisrätin Marlene Ottinger (Linke) formulierte: "Wir haben die Befürchtung, dass hier Stunden abgezogen wurden, die woanders die Krise verschärft haben." Dagegen jedoch wehrte sich Christian Salberg in einer emotionalen Rede.

Man habe den Kinder- und Jugendschutz auch während der Pandemie zu keinem Zeitpunkt vernachlässigt, "wir sind schließlich nicht nur drei Hansel im Jugendamt", so der Behördenleiter. Er jedenfalls könne "den Vorwurf in keiner Weise nachvollziehen". Zumal es sich um ein Gebot der Menschlichkeit handele, in einer Krise seinen Beitrag zu leisten. "Wir ha- ben das aber alles unter Wahrung des Jugendschutzes gemacht", sagte Salberg.

Tatsächlich aber konnten einige Aufgaben in den vergangenen Monaten nicht so umgesetzt werden, wie man sich das beim Jugendamt gewünscht hätte. Das allerdings habe Salberg zufolge nichts mit dem abgestellten Personal zu tun. Der weitere Ausbau der Jugendberufsagentur etwa stockte ein wenig, die sogenannten Spielkistl konnten während der Pandemie überhaupt nicht angeboten werden. Der Ausbau der Bürgerzentren in Glonn und Poing ging ebenso etwas stockend voran, wie die Neukonzeptionierung der Hilfen für junge Volljährige. Die Ersatzbetreuung in der Kindertagespflege und die Kliniksprechstunden konnten aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen zeitweise ohnehin nicht stattfinden. "Wir haben versucht, alles zu realisieren. Manche Dinge waren aber einfach nicht möglich", sagte Salberg.

Dessen Einschätzung bestätigte auch Brigitte Keller, die Leiterin des Corona-Krisenstabs im Landratsamt: "Im Jugendamt sind nicht die größten Lücken entstanden." Auf die Frage von ÖDP und Linke, wie denn nun die verlorene Arbeitsleistung nachgeholt werden könne, antwortete Keller, dass die Pandemie ja keineswegs plötzlich weg sei. In den vergangenen Wochen und Monaten hätten sich bei den Mitarbeitern schließlich zahlreiche Überstunden und nicht genommene Urlaubstage aufgestaut. "Die Leute werden Erholungsurlaub brauchen, und sie werden ihn auch bekommen", so Keller. Auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sagte, "die Stressphase ist noch nicht vorbei".

Das werden vor allem auch die Mitarbeiter im Jugendamt zu spüren bekommen. "Es wird ein Mehraufwand werden", sagte Leiter Christian Salberg über die Zeit nach der Pandemie. Man werde sich der Aufgaben nun in gewohnter Weise annehmen - trotz der Corona-bedingten Nachwehen. "Ich kann meine Mitarbeiter nur darum bitten, mehr zu arbeiten", so Salberg, der sich statt des eingereichten Fragenkatalogs lieber "ein kleines Dankeschön" seitens der Politik gewünscht hätte. "Ich jedenfalls bin sehr stolz auf meine Mitarbeiter."

Dass man womöglich etwas über das Ziel hinausgeschossen ist, räumte schließlich auch Marlene Ottinger ein. Es sei zwar als gewählte Kreisrätin ihre Aufgabe, Vorgänge kritisch zu hinterfragen. "Das sollte aber kein Angriff sein", sagte die Linken-Vertreterin über den Fragenkatalog. Durch dessen Beantwortung sich Landrat Niedergesäß nun ein Ende des Streits zwischen den beiden Parteien und dem Jugendamt wünscht. Er hoffe, dass die durchaus glaubhaft vorgetragenen Sorgen nun ausgeräumt werden konnten. Die Bewältigung der Corona-Krise indes sei nicht so einfach "wie sich das der ein oder andere vielleicht vorstellen mag".

© SZ vom 15.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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