Jugendarbeit:Der Freigeist

KJR GF Neu - Philipp Spiegelsberger

"Ich habe richtig Lust, beim KJR ordentlich mit anzupacken": Philipp Spiegelsberger freut sich über die neue Herausforderung.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für Philipp Spiegelsberger steht demokratische Bildung an erster Stelle. Dabei setzt der neue Geschäftsführer des Kreisjugendrings auf partnerschaftliches Lernen

Von Anna Horst, Ebersberg

Ein neues Gesicht steht an der Spitze des Kreisjugendrings: das junge, seriös blickende Gesicht von Philipp Spiegelsberger. Der gebürtige Rosenheimer übernahm Anfang Dezember die Geschäftsführung des KJR und trat damit die Nachfolge von Blandine Ehrl an. Zuvor arbeitete der 31-Jährige als Referent für strategische Planung und Koordination - die Jugendarbeit spielte aber schon immer eine wichtige Rolle in seinem Leben.

Angefangen hat alles, als er als Kind am Zeltlager des Katholische Landjugendbewegung Kolbermoor teilnahm: "Ich bin dann irgendwie dort hängen geblieben", sagt Spiegelsberger. 15 Jahre lang habe er sich dort in der Jugendarbeit engagiert, eine Gruppe geleitet und natürlich das jährliche Zeltlager mitorganisiert. "Mir gefiel die Gemeinschaft so gut, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein und sich da austauschen zu können. Jetzt ist es ein tolles Gefühl, den jungen Leuten durch die Jugendarbeit helfen zu können und gleichzeitig für mich selbst noch etwas rauszuziehen", erklärt Spiegelsberger.

Der Berufswunsch Lehrer war naheliegend. An der Universität in Augsburg studierte er Englisch und Geschichte auf Lehramt, doch seine bildungspolitischen Ansichten ließen sich nicht mit seinem Studium vereinen: "Es gibt so wenige Möglichkeiten zur Ausgestaltung des Schulalltags, alles ist so gezwungen", erklärt Spiegelsberger. Auch die ständige Spannung zwischen Lehrern und Schülern habe ihn gestört. Das Studium habe er zwar erfolgreich beendet, anschließend jedoch "für mich entschieden, dass ich in diesem Schulsystem nicht unterrichten möchte".

Stattdessen beschäftigte er sich mit Alternativen zu den deutschen Regelschulen. Während seines Studiums Erziehungswissenschaftlich-empirischer Bildungsforschung kam ihm zusammen mit Freunden die Idee, in Augsburg eine demokratische Schule aufzubauen, deren Prinzip auf der Freiwilligkeit ihrer Schüler beruhen sollte: "Kinder lernen das, was ihnen Spaß macht, viel besser und schneller", erklärt Spiegelsberger. Bald schon wurden die Pläne konkreter, ein pädagogisches Konzept ausgearbeitet und Genehmigungsanträge für die geplante "Luana-Schule" eingereicht. Freies Lernen und demokratische Bildung sollten im Mittelpunkt der alternativen Schule stehen. "Leider wurde unser Konzept von der Regierung von Schwaben aber abgelehnt, und wir konnten die Schule nicht eröffnen", sagt er.

Den Gedanken, junge Menschen durch freie Ausgestaltung und Praxis auf das Leben vorzubereiten, bringt Spiegelsberger nun auch in den KJR mit. "Da schließt sich der Kreis gewissermaßen", sagt er mit einem Schmunzeln. Obwohl er erst seit wenigen Wochen in Ebersberg ist, hat der neue Geschäftsführer schon viele Pläne für das Jahr 2019. Besonders liegt ihm am Herzen, auch nicht institutionalisierte Gruppen zu unterstützen: "Wir wollen, dass sich diese Leute an uns wenden und sehen, dass wir hinter ihnen stehen." Zwar könne der KJR an nicht eingetragene Gruppen keine Fördergelder auszahlen, aber unterstützen könne er durch Netzwerkarbeit und Beratung in rechtlichen Fragen.

Auch das Fortbildungsangebot für Jugendliche möchte Spiegelsberger erweitern. Dazu gehörten Infoveranstaltungen zur Zuschussvergabe und zu rechtlichen Aspekten, die Jugendgruppen betreffen, ihnen aber oft nicht vertraut sind. Es werde Fortbildungen für ehrenamtliche Mitarbeiter und Erste-Hilfe-Kurse geben; zudem wolle man inhaltliche und gesellschaftliche Themen wie das Problem Rechtsextremismus ansprechen, sagt er.

Um demokratische Bildung und Engagement gegen Rechtsextremismus wird es beim größten Projekt des KJR im kommenden Jahr gehen: "Partnerschaft für Demokratie" ist eine bundesweite Initiative, die lokale Akteure wie Städte oder Landkreise bei ihren Projekten finanziell unterstützt. "Bei uns wird dafür eigens eine Person angestellt, die das Konzept ausarbeitet, das Projekt koordiniert und ein Ansprechpartner ist", sagt Spiegelsberger. Genaue Pläne für die Umsetzung der "Partnerschaft für Demokratie" gibt es noch nicht, da die "Koordinierungs- und Fachstelle", wie sie offiziell heißt, noch nicht besetzt ist.

Doch die Pläne für 2019 gehen noch weiter: Auch den Studientag des KJR wird es wieder geben, der in jedem Jahr ein anderes Thema behandelt: "Ich könnte mir Europa oder Demokratie gut vorstellen", sagt Spiegelsberger. Die Jugendlichen sind an diesem Studientag eingeladen, zum Beispiel an Vorträgen von Experten und Diskussionen mit eingeladenen Politikern teilzunehmen. "Das Ganze soll die jungen Leute wiederum zum Engagement anstiften. Wir hoffen, dass sie die Inhalte des Studientags in ihren Gruppen weitergeben und andere zum Nachdenken bringen", erklärt er.

All diese Projekte möchte Spiegelsberger bis März 2020 umsetzen, bis dahin ist seine jetzige Stelle als Geschäftsführer befristet. "Ich habe hier in Ebersberg Handlungsspielraum gesehen und ich verfüge über das nötige Handwerkszeug", sagt er. Im Januar steht ein Hüttenwochenende mit dem gesamten Team an. Bis dahin will er sich mit den Abläufen in der Geschäftsstelle vertraut machen. "Ich habe richtig Lust, beim KJR ordentlich mit anzupacken."

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