Jugendamt:Hilferuf 

Leiter Christian Salberg berichtet Kreisräten von Mitarbeitern, die am Rande ihrer Kräfte sind, und verteidigt hohe Steigerungen im Etatentwurf

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Sie bauen Küchen ein, kaufen Feuerlöscher, kümmern sich um Versicherungen, Schließanlagen und darum, dass ihre Schützlinge abends auch brav im Bett liegen: Dienst nach Vorschrift mit einem geregelten Feierabend und Zeit zum Durchschnaufen gibt es für die Mitarbeiter des Ebersberger Jugendamts schon lange nicht mehr - die Bemühungen, immer mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gut unterzubringen und zu betreuen, bringt sie an den Rand ihrer Kräfte. Das hat Jugendamtsleiter Christian Salberg am Donnerstag im Jugendhilfeausschuss mit sehr emotionalen Worten klar gemacht. Dass es in seinem Bereich große Ausgabesteigerungen gebe, "liegt nicht daran, dass der Jugendamtsleiter so ein Depp ist und die Mitarbeiter das Geld rausjuxen", sagte Salberg.

Ungewöhnlich deutlich wandte sich der Jugendamtsleiter damit auch an Finanzmanagerin Brigitte Keller, die zuvor beleuchtet hatte, dass es im Bereich der Jugendhilfe wohl 2016 nicht annähernd gelingen werde, mit dem vom Kreis- und Strategieausschuss im Juli festgelegten Kostenrahmen hinzukommen: Statt einer Steigerung um 2,5 Prozent im Vergleich zu diesem Jahr wird es wohl auf eine Steigerung um 12,5 Prozent herauslaufen. Somit wird das Budget bei gut 13,6 Millionen Euro liegen. Zwar hatte Keller betont, die Zahlen seien transparent und nachvollziehbar, dennoch hätte sich Salberg offenbar mehr gewünscht: Keller habe ja einen "Scheiß-Job", weil sie immer die Kosten im Auge habe müsse, sagte er, doch "hätte es ganz gut getan, wenn man auch einmal die Leistungsfähigkeit des Jugendamts gewürdigt hätte".

Denn bisher habe man 77 Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zusätzlich zu jenen in bestehenden Einrichtungen "aus dem Nichts geschaffen", weitere 25 Jugendliche müsse man dieses Jahr wohl zusätzlich noch unterbringen. Salberg schilderte, wie schwer es ist, Räume und Mitarbeiter zu finden, wie viel Organisatorisches geklärt werden muss und wie oft man dabei auf Hürden stößt. Wenn beispielsweise ein Raum, den man nutzen wolle, nur acht Quadratmeter groß sei, die Vorschriften aber neun Quadratmeter forderten, müsse man vor der Heimaufsicht regelrecht "auf die Knie fallen" und darum bitten, dass die Pläne dennoch genehmigt würden - und meistens funktioniere es dennoch nicht. Salberg schilderte das große Engagement seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Allein Florian Robida, sein Stellvertreter, mache derzeit allein die Arbeit, die eigentlich auf zwei Schultern verteilt werden müsste. Eine andere Kollegin schaue jeden Abend bei den jungen Flüchtlingen vorbei, um zu sehen, ob hier alles in Ordnung sei. Stolz mache das Team, dass es gelungen sei, für jeden einzelnen der Flüchtlinge einen Berufsschulplatz und Kooperationspartner, die sich um zusätzliche Betreuung kümmerten, zu finden. Auch ein Berufsintegrationsprojekt sei bereits in Vorbereitung. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei die Betreuung der jungen Leute oft auch eine Herzenssache: "Sie sind teilweise ein bisschen Mami und Papi für die." Liebevoll und bisweilen auch streng kümmerten sie sich um die Jugendlichen, die sich allein auf den Weg gemacht haben, um vor Krieg und Gewalt sicher zu sein. Er selbst, so Salberg, habe ja den Ruf als Verwaltungsmensch und Technokrat - doch in den vergangenen Monaten habe er viel gelernt.

Dass die Ausgaben für die Jugendhilfe erneut so deutlich steigen, liegt indes nicht allein an den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Zwar werden hierfür im kommenden Jahr 5,9 Millionen Euro ausgegeben werden müssen, doch 5,6 Millionen werden dem Kreis voraussichtlich rückerstattet. Die Kosten für die Vormundschaften allerdings muss der Kreis selbst finanzieren, 2016 werden hierfür 325 000 Euro fällig. Kostensteigerungen gibt es darüber hinaus unter anderem im Bereich der Eingliederungshilfe, bei der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und bei der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung. Ermessensspielräume gebe es hier kaum, sagte Salberg: "Wir müssen Gesetze vollziehen." Dass es daher auch im Landkreis immer wieder Diskussionen über die Kosten des Jugendamts gebe, sei für ihn nicht so recht nachvollziehbar: "Mir kommt das so vor, als wenn man in ein Restaurant geht und die Speisekarte rauf und runter bestellt - und sich dann beschwert, wie teuer alles ist." Im zuständigen Ausschuss freilich gab es keine Beschwerden über die Kosten, sondern Applaus von den Mitgliedern und ein Lob vom Landrat: "Auch der Kreistag weiß, was er an ihnen hat", sagte Robert Niedergesäß (CSU). Freilich müsse man dennoch die Budgetentwicklung im Ganzen im Auge behalten.

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