Jugend musiziert im Landkreis:Mit Disziplin und Charme

Beim 49. Regionalwettbewerb Jugend musiziert erreichen die Teilnehmer aus dem Landkreis überwiegend hervorragende Ergebnisse

Rita Baedeker

Geschafft! Alina Rothbauer lacht ausgelassen. Sie hat ein gutes Gefühl. Und Spaß hat es auch gemacht. Die unermüdlichen Proben zu Hause auf dem Speicher vor dem Spiegel sind erst mal Geschichte. "Mein Puls war verdammt hoch, ich war richtig außer Atem." Gut, nicht alles hat perfekt geklappt. Während der Vorführung fiel von ihrem Tanzstab der Knauf herunter, und auch die Puppe, ein wichtiges Requisit der Show, landete - alles andere als drehbuchgerecht - auf dem Boden.

Jugend musiziert im Landkreis: Für sie lief es beim Wettbewerb "Jugend musiziert" vergangenes Wochenende gut: Roxane Brießmann (links im Bild) und Theresa Rasch zeigten im Fach Trompete ihr herausragendes Talent.

Für sie lief es beim Wettbewerb "Jugend musiziert" vergangenes Wochenende gut: Roxane Brießmann (links im Bild) und Theresa Rasch zeigten im Fach Trompete ihr herausragendes Talent.

(Foto: Robert Haas)

Diese kleinen Pannen hinderten die vierköpfige Jury jedoch nicht daran, Alina Rothbauer aus Eglharting einen ersten Preis mit Weiterleitung zum Landeswettbewerb zuzuerkennen. Nun sitzt die 15-Jährige vom Gymnasium Kirchseeon auf der Zuschauertribüne im Carl-Orff-Auditorium der TU in der Luisenstraße und entspannt sich erst mal. Zwei ihrer besten Freundinnen sind mitgekommen, um Daumen zu drücken, und natürlich auch die Mama und Simone Fulier, ihre Tanz- und Schauspiellehrerin vom Haarer Institut "Dansation", wo Alina sich auf eine professionelle Karriere als Musicaldarstellerin vorbereitet.

Ihren golden glitzernden Rock hat sie noch an, Hut und Stock samt Knauf sind verstaut, die Kiste mit der "blöden Puppe" und einem guten Dutzend Jungmädchenbüchern steht neben ihr auf der Bank. Alles Requisiten ihrer Performance. Das zierliche dunkelhaarige Mädchen mit dem Pferdeschwanz überlässt nichts dem Zufall. Für ihr Programm mit Songs unter anderem aus den Musicals "Der Glöckner von Notre Dame", "Wicked" und "Annie get your Gun" hat sie sich eine zu den Liedern passende Rahmenhandlung ausgedacht - die Geschichte eines Mädchens, dem Hausarrest verordnet wurde, weil es nicht so will, wie die Frau Mama es gern hätte.

Beim Wettbewerb "Jugend musiziert" ist die Kategorie "Musical" noch ziemlich neu. Nach den Erfahrungen der ersten Jahre, so Claus Christianus, Vorsitzender des Regionalausschusses und der Jury, wurde der Kriterienkatalog nun präzisiert. "Wenn man hier punkten will, reicht es nicht, sich hinzustellen und passabel zu singen. Bewertet werden auch Tanz und Text als Einheit", sagt Christianus. Gerade das Tanzen werde häufig unterschätzt. "Manche denken, sie könnten sich das einfach mal vom Fernsehen abschauen." Simone Fulier ergänzt: "Das Hauptaugenmerk liegt zwar auf der Musik, aber die wirkt nicht überzeugend, wenn die Rolle nicht zum Typ passt."

Die schwierige "leichte Muse" verlangt von den Jugendlichen eine ganze Menge - etwa den Mut aus sich heraus zu gehen. Doch Alina wirkt selbstbewusst und ist glänzend vorbereitet. Ihre Sopranstimme trägt, ihr Auftritt hat Witz und Charme. Naturgemäß melden sich zur Musical-Wertung mehr Mädchen als Jungen an. Schon wegen der Sache mit dem Stimmbruch. Christianus erinnert sich etwa an einen Landeswettbewerb, bei dem ein Halbwüchsiger antrat. "Eine Woche vorher hatte der noch Sopran gesungen."

Mehr noch als über die guten Leistungen im Fach Musical staunt er darüber, dass in den Wettbewerben neuerdings die Kammermusik so stark vertreten sei wie nie zuvor, sogar bei der jüngsten Altersgruppe; und dass so viele Instrumente aus, wie er es nennt, "Notstandsgebieten" dabei seien. Damit meint er Blasinstrumente wie Oboe, Horn, Tuba und Fagott.

Mädchen mit der Trompete

Früher eine Männer-Domäne entdecken mehr und mehr Mädchen die Trompete für sich, zum Beispiel die 13-jährige Roxane Brießmann und die jüngere Theresa Rasch, die an der Musikschule Vaterstetten unterrichtet werden. Roxane schaffte mit Stücken von Thorvald Hansen, Haydn und Telemann einen ersten Preis, Theresa, die sich an ein zeitgenössisches Stück und sogar an Jazz wagte, erreichte einen hervorragenden zweiten Platz. In der Kantine der Musikhochschule werden die entscheidenden zwanzig Minuten nachbereitet. Lehrerin Constanze Wild lobt die Mädchen. Wichtig sei die Motivation. "Der Weg ist das Ziel." Jetzt, nach der Wertung, erzählt Roxane locker vom Vorspiel. Aus dem Augenwinkel registriere man jedes Mitschreiben, jedes Zurücklehnen der Jurymitglieder, erzählt sie. "Mein Eindruck ist: Wenn die anfangen zu schreiben, dann war irgendwas nicht so gut."

Jugend musiziert im Landkreis: Auch für sie lief es gut beim Wettbewerb "Jugend musiziert": Alina Rothbauer strebt eine Karriere als Musicaldarstellerin an - schon jetzt zeigt sie auf der Bühne große Präsenz.

Auch für sie lief es gut beim Wettbewerb "Jugend musiziert": Alina Rothbauer strebt eine Karriere als Musicaldarstellerin an - schon jetzt zeigt sie auf der Bühne große Präsenz.

(Foto: Robert Haas)

Anja Weyrauch, Klarinettenlehrerin an der Musikschule Grafing, findet die intensive Vorbereitung auf den Wettbewerb und die großartige Leistung ihrer Schüler wichtiger als Preise und Punkte. Sie unterrichtet Adam Ambarzumjan aus Grafing und Harutjun Khatchatrian aus Ebersberg, beide sind 14 Jahre alt, beide erreichten sie einen tollen zweiten Platz. Adam und sein zwölfjähriger Bruder Hamlet wurden vor einiger Zeit ins Begabten-Förderprogramm der Musikschule aufgenommen. Hamlets Zwillingsbruder David, der sich zusammen mit diesem in der Duo-Wertung einen ersten Preis mit Weiterleitung erspielte, hat sich als Geiger bereits einen Namen gemacht. Gerne spielen die Brüder daheim im Trio, sie musizieren aber auch in der Musikschule Grafing und im Altenheim. Zwei weitere Söhne der aus Armenien stammenden Familie, so Adam, seien dagegen eher sportlich orientiert. Adam ist mit seinem zweiten Preis vollauf zufrieden. "Mir ging's beim Vorspiel ganz gut, das Mitmachen hat sich auf jeden Fall gelohnt", sagt er, der mit kleinen Stücken von Howard Ferguson, einer Sonate von Saint-Saëns und einem Satz aus einem Konzert von Stamitz beeindruckte.

Jedes Kind, jeder junge Musiker gibt sein Bestes und möchte auch beim Landeswettbewerb sein Talent beweisen. Doch nicht alle ersten Preisträger bekommen diesen Ritterschlag. "Das ist das Problem mit den Punkten", sagt Claus Christianus. Denn diese eine Zahl sei nur der Mittelwert aller Einzel-Beurteilungen der Jury. Und nicht jeder, der ein sehr gutes Vorspiel abliefere, sei auch reif genug für den Landeswettbewerb. "Wenn wir eine Weiterleitung ablehnen, dann ist das keine Herabsetzung. Wir wollen die jungen Menschen in erster Linie schützen - vor einer möglichen Enttäuschung bei der nächsten Runde."

Die Preisträgerkonzerte finden - bei freiem Eintritt - am Sonntag, 5. Februar, um 11 Uhr im Stadtmuseum, Sammlung Musik, am Sonntag, 18. März, um 11 Uhr im Kleinen Konzertsaal des Gasteigs sowie am Samstag, 25. März, um 11 Uhr im Großen Saal der Hochschule für Musik in München statt.Der Landeswettbewerb beginnt am 29. März in Erding.

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