Jubiläumsfest:Ebersberg feiert 20-jährige Partnerschaft mit Yssingeaux

134 Gäste aus der Auvergne werden dazu nach Bayern kommen

Von Jessica Schober, Ebersberg

Jubiläumsfest: Seit 20 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen Ebersberg und der französischen Stadt Yssingeaux.

Seit 20 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen Ebersberg und der französischen Stadt Yssingeaux.

(Foto: Privat)

Wie spricht man bloß den komplizierten Namen von Yssingeaux, der französischen Partnerstadt Ebersbergs, richtig aus? Für alle, die sich darüber in den vergangenen 20 Jahren den Kopf zerbrochen oder die Zunge verknotet haben, hat die Französischlehrerin Elisabeth Hamel eine Eselsbrücke parat: "Isser no da oder isser scho weg?", fragt sie stets zur Erklärung. Wenn also vom 27. Juli an eine Gruppe von 134 Franzosen in Ebersberg zum Jubiläum der Städtepartnerschaft zu Gast sein wird, dann kommen sie vermutlich aus dem weich gesprochenen "Isser scho", also jenem Yssingeaux, dem Städtchen in der Auvergne, das mitten in einer Vulkanlandschaft liegt.

Vor 20 Jahren unterzeichneten die Bürgermeister beider Gemeinden die Urkunde zur Städtepartnerschaft in Ebersberg und besiegelten damit die deutsch-französische Freundschaft, die sie bereits 1997 in Yssingeaux beschlossen hatten. Wechseljährig besuchen sich seitdem Deutsche und Franzosen und beherbergen sich gegenseitig. Mehr als 880 Autobahnkilometer trennen die beiden Orte, und doch verbindet sie inzwischen weit mehr als nur der Name der jeweils anderen Gemeinde auf den großen Tafeln am Ortseingang. Die 66-jährige Dolmetscherin Elisabeth Hamel war damals dabei, als die Partnerstadt Ebersbergs ausgewählt wurde. Auf einer Liste der Europäischen Kommission waren insgesamt drei Orte verzeichnet, die eine Gruppe von austauschwilligen Ebersbergern im Jahr 1994 besichtigte. "Die Gegend rund um die 7000-Einwohner-Gemeinde Yssingeaux ist sehr ländlich, wie bei uns, und die Leute dort waren schon beim ersten Besuch ganz entzückend", schwärmt Hamel. Besonders hatte ihr damals angetan, wie elegant die Französinnen auf ihren Velosolex, den typischen Mofas, die Beine baumeln ließen, während sie über die Felder fuhren. "Ich habe seit dem ersten Besuch eine Liebe zum Land und zu dieser melodiösen Sprache entwickelt." Deshalb bietet Hamel bis heute einen Sprachkurs an, der sich stets dienstags um 10 Uhr zum Parlieren trifft - ohne Hausaufgaben, wie sie betont. "Wir lesen Krimis, üben Konversation, und gerade gehen wir auch nochmals die Vokabeln durch, die wir für das große Jubiläumsfest gebrauchen können", sagt Hamel, "da geht es vor allem um Organisatorisches, wie zum Beispiel die Frage: Wo treffen wir uns - on se trouve où?"

Faschingszug Ebersberg 2017

Bunt und blühend mögen es beide Städte, das zeigte das Partnerschaftskomitee beim Faschingszug 2017.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Damit auch ansonsten beim Jubiläumsfest alles reibungslos klappt, laufen die Planungen im 14-köpfigen Partnerschaftskomitee bei Geschäftsführerin Jutta Bethmann zusammen. Sie zählt sich selbst seit Beginn der Partnerschaft zu den Frankophilen, die damals die "Aufbruchsstimmung" miterlebt haben. "Wir mussten uns zunächst gegenseitig beschnuppern und schauen, ob die Städte und Menschen Gemeinsamkeiten haben." Den ersten Kulturschock hätten sie damals am französischen Frühstückstisch erlebt: "Einige Ebersberger waren ganz überrascht, dass man in Frankreich morgens das Butterbrot nicht vom Teller, sondern bloß von der Serviette aß - und es dann auch noch in den Kaffee tunkte", erzählt sie lachend. Die Franzosen wiederum hätten ein paar Jahre gebraucht, bis sie den Deutschen auch Wurst und Käse zum Frühstück angeboten hätten. Inzwischen, so Bethmann, könne sie ihre französischen Besucher aber auch gut alleine an den Klostersee zum Schwimmen oder in die Altstadt schicken. Die Familie Morel, ein älteres Ehepaar und ihr Enkelkind, komme nun schon zum dritten Mal zu ihr zu Besuch.

"Der Abbau von Vorurteilen ist der größte Gewinn der Partnerschaft", sagt Bethman, "manche Ältere hatten noch Kriegserinnerungen, die sie durch neue Freundschaften überwinden konnten." Als 15-Jährige habe sie selbst bei einem Schüleraustausch die Schlachtfelder von Verdun besichtigt. Als sich nun die Veteranen untereinander versöhnten, sei ihr das unter die Haut gegangen. Heute hält auch die junge Generation die Verbindung zum Nachbarland aufrecht. Aktuell zeigen Realschüler der Grund- und Mittelschule vier Tafeln mit Bildern vom Schüleraustausch, die Mittelschüler stellen Arbeiten ihrer Projektwoche "Städtepartnerschaft und Europa" aus.

Jubiläumsfest: Vor 20 Jahren besiegelten die Bürgermeister Jacques Barrot (rechts) und Walter Brilmayer die Freundschaft, die auch über die weite Distanz bestens funktioniert.

Vor 20 Jahren besiegelten die Bürgermeister Jacques Barrot (rechts) und Walter Brilmayer die Freundschaft, die auch über die weite Distanz bestens funktioniert.

(Foto: Privat)

Wenn Ende Juli dann mit einem Gottesdienst, einem Festzug und einem Frühschoppen gefeiert wird, dürften auch bei den übenden Sprachschülern die Vokabeln sitzen. "Manche Ebersberger sind beim ersten Austausch noch mit einem Grummeln im Bauch losgefahren und haben dann gelernt, dass man sich auch ohne Worte verständigen kann", sagt Bethmann. Nicht zuletzt spricht ja auch Ebersbergs Bürgermeister solides Französisch. Sprachlehrerin Elisabeth Hamel erinnert sich, wie sie Walter Brilmayer einst eine Vokabelliste mitgab, die er innerhalb kürzester Zeit auswendig lernte. Ein "Bienvenue", ein herzliches Willkommen, sollte ihm also leicht über die Lippen gehen, wenn die Entourage aus der frischgebackenen Fußballweltmeisternation vor der Tür steht.

Das Programm

Das Programm zur Feier des 20. Geburtstags der Städtepartnerschaft zwischen Yssingeaux und Ebersberg beginnt am Freitag, 27. Juli, um 18 Uhr mit der Begrüßung der französischen Gäste am Marienplatz. Am Samstag, 28. Juli, wird von 10 bis 16 Uhr ein Spiel- und Kulturparcours mit sechs Stationen angeboten. Am Sonntag, 29. Juli, zieht von 9.30 Uhr an ein großer Festzug vom Volksfestplatz zur Stadtpfarrkirche St. Sebastian. Nach dem Gottesdienst findet um 12 Uhr ein Festakt im Alten Speicher statt, der ab 13 Uhr mit einem Unterhaltungsprogramm ausklingt, Bürgermeister Walter Brilmayer verspricht Freibier. Insgesamt werden 134 Gäste aus Yssingeaux erwartet, die fast alle bei Ebersberger Privatpersonen untergebracht werden. jesc

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