Jam-Session in Grafing:Heimspiel eines Wunderknaben

Niklas Roever (Klavier)

Pianist Niklas Roever komponiert auch eigene Stücke.

(Foto: Veranstalter)

Der 20-jährige Niklas Roever spielt an diesem Donnerstag beim "Jazz im Turm"

Von Anja Blum, Grafing

Die Jam-Sessions der Musikerinitiative Jazz Grafing - genannt "Jazz im Turm" - sind mittlerweile so beliebt, dass ihr konzertantes erstes Set schon Jahre im Voraus vergeben ist. Arrivierte Jazzer von überall her kommen nach Grafing, um ihr eigenes Repertoire zu präsentieren und anschließend auf offener Bühne mit Einsteigern zu jammen. Nun, am Donnerstag, 25. Oktober, kehrt ein Wunderknabe heim: Niklas Roever unternahm bei den Grafinger Sessions seine ersten Gehversuche am Jazzpiano - mit zwölf Jahren. Und noch heute zählt er zu den ganz jungen Talenten, 20 Lenze hat er gerade mal erlebt. Am Donnerstag kann man Roever im Trio mit Bassist Roger Kintopf und Drummer Simon Bräumer erleben, Studenten wie er. Auf dem Programm stehen auch Eigenkompositionen von Roever.

Mit dem Klavierspiel begann Roever im Alter von acht Jahren, zum Jazz allerdings brachte ihn der E-Bass-Unterricht am Wasserburger Musikimperium: "Da haben wir ganz viele Standards gespielt - und die waren so schön!", erzählt der 20-Jährige. Also habe er im Plattenschrank des Vaters, ein Mann mit Affinität zum Jazz, nach "Input", nach eben solchen Aufnahmen gesucht und sei fündig geworden: Das Album "Portrait in Jazz" von Bill Evans bescherte ihm ein Erweckungserlebnis - das bis heute anhält: Der Pianist ist nach wie vor Roevers größes Vorbild. "Und alles andere hat sich dann ganz natürlich entwickelt."

Aufgewachsen in Maitenbeth lag die Ebersberger Jazzszene für Roever sehr nahe, und so wurden die Grafinger Sessions zu seiner ersten Bühne. Aber fühlt man sich nicht fremd, so als Teenager zwischen lauter Erwachsenen? "Nein, überhaupt nicht", erzählt der junge Pianist, "denn über die Musik ist man ja verbunden." Stets habe er sich in diesen Runden wohlgefühlt, sei fasziniert gewesen vom Können der anderen Musiker - "und sehr dankbar, dass ich mitspielen durfte".

Ein junger Klavierlehrer gab dann den Impuls für den nächsten Schritt: Roever, damals Schüler am Gymnasium in Gars, bewarb sich an der Musikhochschule München als Jungstudent - erfolgreich, versteht sich. Drei Jahre wurde er dort unterrichtet von Tizian Jost, dann, nach dem Abitur, ging es weiter an die Hochschule in Köln zu Hendrik Soll. "Ich hab' sehr viel gelernt in München, hatte dann aber das Bedürfnis nach neuem Input", sagt Roever. Außerdem sei Köln eine "Pianistenstadt" mit einer sehr großen und vielseitigen Jazzszene. Sehr wohl fühlt der Oberbayer sich dort, der Unterricht sei so inspirierend wie motivierend, die Atmosphäre familiär und unterstützend, das Leben in der Musiker-WG wunderbar. "Es könnte schlicht nicht besser sein!"

Roever beschäftigt sich vor allem mit Jazz der 60er und 70er Jahre, interessiert sich aber auch für Zeitgenössisches und Avantgardistisches. Auf der Bühne zieht es den 20-Jährigen zum Klaviertrio hin: Piano, Bass und Schlagzeug, das sei eine Paradedisziplin mit langer Tradition, deren Sound er sehr schätze, sagt er. Außerdem sei diese Besetzung aufgrund ihrer Flexibilität enorm spannend: "Bei nur drei Musikern ist viel Interaktion möglich, und zugleich sind es genug, um Impulse zu bekommen." Solche genießt Roever gerade auch bei seinen eigenen Stücken, diese entwickelten sich im gemeinsamen Spiel oft ganz unerwartet. "Außerdem finde ich es aufregend, auch mal frisches Material zu haben, da kann man viel freier agieren, als wenn jeder bereits irgendeine bestimmte Version als Ideal im Kopf hat."

Für Claus Regnault, der die Grafinger Jazzszene seit Jahrzehnten als SZ-Rezensent begleitet, ist Roever ein "Wunderknabe, der hoch konzentriert und ideenreich auf die Vervollkommnung seiner eigenen Improvisationssprache zustrebt". Und was hält der 20-Jährige von solch überschwänglichem Lob? "Ich fühle mich natürlich total geehrt", sagt er, "nehme mich selbst aber gar nicht als so außergewöhnlich wahr. Ich mache nur das, wofür ich eine Leidenschaft habe - wie viele andere auch". Niklas Roever ist also nicht nur ein höchst vielversprechendes Talent am Klavier, sondern scheint obendrein auch menschlich ein Schatz zu sein.

"Jazz im Turm" an der Stadthalle Grafing am Donnerstag, 25. Oktober, mit Niklas Roever. Einlass ist von 19 Uhr an, Beginn um 20 Uhr. Eintritt frei.

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