Integration stockt:Kein Platz für Flüchtlingskinder

Grafing hat bislang die meisten Asylbewerber im Landkreis aufgenommen, darunter auch viele Familien. Doch die Kapazitäten der Kitas sind ausgeschöpft

Von Sophie Rohrmeier

Von Beginn an haben sich die Grafinger um die Flüchtlinge gekümmert, die in ihrer Stadt Unterschlupf gefunden haben. Dabei hat sich die Verwaltung - wie auch in anderen Kommunen im Landkreis - besonders darum bemüht, dass Familien kommen und in den Containern und Wohnungen nicht nur reine Männerunterkünfte entstehen. In Grafing hat sich der Wunsch erfüllt, in den Containern am Gymnasium leben inzwischen Eltern mit ihren Kindern. Doch jetzt stellt die Stadt fest: Es gibt nicht genügend Kindergartenplätze - obwohl die Kinder von Asylbewerbern ein Recht auf einen Platz haben. Nun hat eine Einrichtung den ersten Schritt getan und holt drei Kinder nachmittags zu sich.

Mit offenen Mündern standen die Kleinen im Grafinger integrativen Kindergarten "Der gute Hirte" da und staunten ob der drei Neuen in der Tür. Oder vielmehr ob der großen Zahl ihrer Begleiter. An ihrem ersten Tag brachten das Mädchen und der Bub aus Syrien sowie ein Junge aus Pakistan Eltern und Bekannte mit, die sich anschauen wollten, wo ihre Kinder mehrere Stunden am Tag verbringen sollen. "Da kam gleich ein ganzer Pulk mit", erzählt die Kindergartenleiterin Ingrid Rienth. Aber gefremdelt habe keine der beiden Seiten. "Sie haben gleich zusammen gesungen, und die Neuen haben mitgeklatscht", beschreibt sie die Atmosphäre. "Es ist sehr, sehr schön - und interessant." So habe sie dem Mädchen beim Anziehen geholfen und dabei das deutsche Wort "Schal" vorgesprochen. "Sie hat mir dann das Wort auf Syrisch erwidert."

Das ist der Beginn dessen, was für die Kinder der Asylbewerber jetzt am wichtigsten ist: Deutsch zu lernen. Denn es ist nicht abzuschätzen, wie lange sie in Deutschland bleiben werden. Sie alle haben den gleichen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz wie deutsche Kinder, erklärt Stefanie Geisler, die Leiterin der Abteilung "Soziales" im Ebersberger Landratsamt, die sich auch um die Integration der Asylbewerber im Landkreis kümmert. Aber in Grafing sind alle Kindergärten voll. "Wir auch", sagt Ingrid Rienth. Nachmittags allerdings seien es nicht ganz so viele Kinder. Daher ihre Idee, wenigstens die drei Flüchtlinge im Vorschulalter in das integrative Haus zu holen. Doch damit ist es nicht einfach getan. Denn die Eltern, die in Grafing Zuflucht gefunden haben, müssen die nötigen Formulare ausfüllen. "Das ist schwierig, sie verstehen nichts, es muss immer jemand dabei sitzen", berichtet Rienth. Aber es sei wichtig, dass das Mädchen und die Buben, die 2014 schulpflichtig werden, bis dahin Deutsch lernen. "Sonst haben sie keine Chance."

In den Unterkünften für die Asylbewerber in Grafing und anderen Landkreisgemeinden leben allerdings noch mehr Kinder als die drei, die jetzt den "guten Hirten" besuchen. Deshalb ist Stefanie Geisler vom Landratsamt gerade im Gespräch mit dem Jugend- und dem Sozialamt, um eine Struktur für diese Kinder zu schaffen. Details sind laut Geisler allerdings noch nicht ausgearbeitet. Die Verantwortlichen in der Behörde seien derzeit mit allen betroffenen Gemeinden im Gespräch.

Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler (FW) teilte per E-Mail mit, er bezeichne das "Procedere", was die Betreuung der Kinder betreffe, "als schwierig". Genaue und eindeutig belastbare Zahlen sind aus dem Rathaus momentan nicht zu erhalten. Das Problem betrifft allerdings nicht nur die Kinder der Familien, die aktuell in Grafing in der Container-Unterkunft leben. Nach Aussage von Elisabeth Kajnath von der Ausländerhilfe haben auch die Kinder mehrerer Familien, deren Anträge auf Bleiberecht inzwischen angenommen seien, keine Kindergartenplätze. Dabei handele es sich um Familien aus Afghanistan und dem Kosovo. Die dringendsten Fälle in Grafing allerdings, das sagt auch Elisabeth Kajnath, sind die zwei syrischen Kinder und der pakistanische Junge, die im September eingeschult würden.

Doch in den Unterkünften am Gymnasium leben auch jüngere Kinder, denen ebenfalls einen Kindergartenplatz zusteht. In den Monaten Januar und Februar des kommenden Jahres beginnt die Anmeldung für die Kindergärten. "Man sollte für diese Kinder und auch für weitere, die eventuell als Flüchtlinge hier ankommen, Plätze frei halten", sagt deshalb Kindergartenleiterin Ingrid Rienth. Damit die sich dann so schnell integrieren können, wie die Kleinen im integrativen Haus.

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