Süddeutsche Zeitung

Informationsveranstaltung:Er ist wieder da

Aßling hat sich bislang erfolgreich gegen einen Mobilfunkmasten im Norden der Gemeinde gewehrt. Nun sieht es so aus, als ob die Antenne doch kommt - allerdings will die Kommune beim Standort mitreden

Von Wieland Bögel, Aßling

Der Anblick von Mobilfunkmasten mag manchen ein Zeichen des Fortschritts sein - andere empfinden die Eisengestelle als Verunstaltung der Landschaft. Zudem steht die von ihnen ausgehende Strahlung im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Um Landschaft und Einwohner zu schützen, wurde in Aßling Ende 2007 ein Flächennutzungsplan erlassen, der Mobilfunkanlagen nur in sogenannten Konzentrationsflächen erlaubt. Bislang ist die Gemeinde damit gut gefahren, Mobilfunksender gibt es aktuell nur am Wertstoffhof im Süden. Demnächst soll ein weiterer Mast im Norden hinzukommen, und ausgerechnet die Konzentrationsflächenplanung könnte für die Gemeinde Nachteile bringen, wie nun auf einer Infoveranstaltung vorgestellt wurde.

Hintergrund ist eine Anfrage der Deutschen Telekom vom vergangenen Herbst. Der Konzern will eine neue Sendeanlage im Norden der Gemeinde errichten, diese soll vor allem dem guten Empfang in den daran vorbeifahrenden Zügen dienen. Wie der von der Gemeinde beauftragte Sachverständige, Hans Ulrich, nun bei der Veranstaltung im Gemeindesaal erläuterte, könne Aßling das Vorhaben der Telekom an sich nicht verhindern. Er verwies auf entsprechende Urteile etwa vom Bundesverwaltungsgericht, demnach besteht ein "hohes öffentliches Interesse" an einer umfassenden Mobilfunkversorgung.

Die Definition, was darunter zu verstehen sei, habe sich seit der Festlegung der Konzentrationsflächen 2007 stark geändert, so der Experte. Damals sei es lediglich um mobilen Telefonempfang gegangen, heute sei der Standard auf Mobilgeräten schnelles Internet. Um dies entlang der Bahn und in den nördlichen Ortschaften der Gemeinde zu ermöglichen, brauche es einen weiteren Sendemasten.

Und hier sieht der Fachmann Konfliktpotenzial mit dem Flächennutzungsplan. Dieser erlaubt zwar im Norden der Gemeinde Mobilfunkstandorte - es gibt aber keine Garantie, dass die entsprechenden Grundstücke verfügbar sind. Komplett ausgeschlossen als Standort ist der Büchsenberg, der zumindest aus technischer Sicht gut geeignet wäre. Die Gemeinde hatte allerdings aus Gründen des Landschaftsschutzes die Bebauung der markanten Landmarke untersagt. Zwar hatte ein Mobilfunkbetreiber dagegen geklagt, allerdings zog er diese Klage 2011 wegen erwartbarer Erfolglosigkeit wieder zurück.

Das Problem sei nun allerdings, so Ulrich, dass die Telekom, wenn sie keine anderen Flächen findet, sich auf das Bundesverwaltungsgericht berufen könne. In einem Prozess könnte dann die gesamte Konzentrationsflächenplanung gekippt werden. Im ungünstigsten Fall würde der Konzern dann ein Hausdach im Ort als Senderstandort anmieten. Dieser hätte - neben der unschönen Optik - auch den Nachteil, dass die Nachbarn erstens unmittelbar der Strahlenquelle ausgesetzt seien. Diese müsse zweitens innerorts auch noch mit höherer Feldstärke senden, da diese Masten niedriger seien und das Signal sonst durch Häuser und Bäume blockiert werde.

Als Lösung für das Problem empfahl Ulrich ein sogenanntes Dialogverfahren. Hier stimmen sich Gemeinde und Unternehmen bei der Standortsuche ab, die Kommune könne dabei Vorschläge machen, wo der Mast hin soll - und wo man ihn auf keinen Fall haben möchte. Als Faustregel gelte dabei: "Die Gemeinde darf dem Netzbetreiber etwas zumuten, es darf aber keine Zumutung sein." Mitreden und mitbestimmen ist also möglich - Komplettverweigerung nicht.

In die Richtung zielte auch die Frage eines Zuhörers, ob die Gemeinde nicht entscheiden könne, man wolle keinen Mobilfunkausbau. Zudem dieser mit dem immer besseren Breitbandinternet künftig ja auch nicht mehr nötig sei, meinte ein anderer. Das Argument sei sicher bedenkenswert, so Ulrich, verwies aber erneut auf das Bundesverwaltungsgericht und dessen Einschätzung zum öffentlichen Interesse des Mobilfunks.

Ein Zuhörer wollte wissen, ob man nicht den vorhandenen Masten für den Behördenfunk im "Osterholz" nutzen könne. Theoretisch sei dies möglich, so Bürgermeister Hans Fent, er sei dies auch schon von mehreren Bürgern gefragt worden, die sich über den schlechten Empfang im Nordwesten beklagten. Allerdings habe bisher kein Betreiber - auch nicht die Telekom - Interesse angemeldet. Ein weiterer Zuhörer schlug vor, die Gemeinde solle selber einen Masten aufstellen und vermieten, sonst stelle der nächste Betreiber bald den nächsten Masten im Norden auf. Dies sei zwar unwahrscheinlich, meinte Ulrich, die Telekom müsse auch auf einen von ihr selbst gebauten Masten Anlagen anderer Firmen zulassen. Ein Gemeindemast sei dennoch überlegenswert, so der Experte, damit könne die Kommune nämlich besser Einfluss auf den Standort nehmen.

Welcher es am Ende wird, und ob man diesen über ein Dialogverfahren ermittelt, wird demnächst im Gemeinderat Thema sein, so Bürgermeister Fent. Er sicherte auch zu, bei diesem sensiblen Thema möglichst viele Informationen öffentlich zu machen und auch wenn möglich, also wenn es nicht um Vertragsverhandlungen geht, darüber öffentlich im Gremium zu beraten.

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Quelle:
SZ vom 08.06.2018
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