In Erinnerung:Satiriker aus Leidenschaft

In Erinnerung: Renate Hildebrandt, Dieter Hanitzsch und Maria von Welser erinnern an den treffsicheren Witz von Dieter Hildebrandt.

Renate Hildebrandt, Dieter Hanitzsch und Maria von Welser erinnern an den treffsicheren Witz von Dieter Hildebrandt.

(Foto: Christian Endt)

Bei der Markt Schwabener Sonntagsbegegnung erzählen Renate Hildebrandt, Dieter Hanitzsch und Maria von Welser aus dem Leben des Kabarettisten und Schauspielers Dieter Hildebrandt

Von Amelie Hörger, Markt Schwaben

"Lassen Sie mich doch mal ausreden", erklingt blechern die Stimme des vor fünf Jahren verstorbenen Kabarettisten Dieter Hildebrandt aus einer kleinen weißen Stereoanlage. Allein das bringt die Zuhörer und Zuschauer, die sich im Bürgersaal im Unterbräu versammelt haben zum Lachen. Denn jeder in den Reihen weiß, wenn Hildebrandt erst einmal anfing zu sprechen, war es schwer für sein Gegenüber selbst zu Wort zu kommen.

Wer wüsste das wohl besser als seine Frau Renate Hildebrandt und sein enger Freund Dieter Hanitzsch, Karikaturist und Buchautor. Die beiden bilden gemeinsam mit Fernsehmoderatorin Maria von Welser das Trio, das sich in Gedenken zusammen gefunden hat, um Anekdoten über den beliebten Bühnen- und Fernsehkünstler zu erzählen. Und Hildebrandt selbst, in Wort und Stimme zugegen, erweitert das Ensemble zu einem Quartett.

Zunächst mutet die Diskussion recht politisch an, denn direkt zu Beginn wird die Frage aufgeworfen, wie Hildebrandt, der besonders für seine pointierte politische Satire berühmt war, wohl mit der heutigen Situation umgehen würde? Was würde er sagen zu Trump oder der AfD und wie würde er diese Themen in seinen Texten aufgreifen? "Würde er überhaupt noch schreiben?". Diese Frage stellt seine Witwe in den Raum. Sie könne sich nicht vorstellen, dass er gar nicht mehr schreiben würde, entgegnet von Welser daraufhin. "Er würde wütend werden, er wäre empört, würde verbal um sich schlagen", so sind ihre Worte und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen pflichtet ihr Renate Hildebrandt schließlich bei.

Doch um die Karriere und das Werk von Dieter Hildebrandt, dem Mann, der die "Münchner Lach- und Schießgesellschaft" gegründet hat und durch zahlreiche Fernsehformate wie die Kabarettsendung "Scheibenwischer" oder die Satirereihe "Notizen aus der Provinz" bekannt geworden ist, dreht sich das Gespräch nur am Rande. Im Vordergrund stehen vor allem viele nette Anekdoten aus dem Privatleben des Künstlers. Zum Beispiel geht es um die Liebe zu seiner Frau und seine große Leidenschaft für Tennis und Fußball.

Gerade die Eindrücke und Erzählungen von Hildebrands Ehefrau Renate vermitteln ein tiefes, lebendiges Bild des 1927 in Niederschlesien geborenen Sohns eines Beamten abseits des Fernsehbildschirms. Im Saal wird es ganz still, wenn sie über die gemeinsame Zeit spricht. Wie sie ihn am meisten vermisst, wenn sie mit den Hunden spazieren geht, weil sie sonst immer zu zweit unterwegs waren. "Das tut am meistens weh, immer noch. Aber er ist immer bei mir", erklärt sie fest. Gerne spricht sie über die schöne Zeit mit ihrem Mann und verrät auch ihr ganz persönliches Ehegeheimnis. "Wenn ich mich über Dieter geärgert habe, dann hab ich ihn einfach auf der Bühne angeschaut, dann war alles wieder gut", lacht sie laut und seufzt.

Frauen seien unter ihnen nie ein Thema gewesen, sagt Hanitzsch achselzuckend. "Nur die aus der Politik", ergänzt er und erntet dafür ein Lächeln von den beiden Frauen neben ihm. Weiter wird geredet über seine Mitgliedschaft in der Promifußballmannschaft FC Schmiere, in welcher der Kabarettist ganz untypisch, witzelt Hanitzsch "rechts außen" spielte.

Die Runde wird dominiert von lustigen Geschichten und wie es bei einem Gespräch über einen Kabarettkünstler wohl nicht anders zu erwarten ist, wird viel gelacht. Nur kurz werden traurige Töne angeschlagen, als Ehefrau Renate von einer Reise nach Polen erzählt, in das ehemalige Schlesien, eben dorthin wo Hildebrandt aufwuchs. Während der Reise besuchten sie sein Elternhaus und den Bahnhof Bunzlau, von wo er in den Krieg aufgebrochen war, eingezogen im Alter von 17 Jahren. Bei dem Anblick "hat Dieter neben mir gestanden und geweint. Und ich dann auch", so ihre Beschreibung der Szene. Kurz muss sie bei dieser Erinnerung innehalten, doch schon bald beginnt die nächste Geschichte, die jeden wieder zum Lachen bringt. Denn eines wird im Gespräch klar: Dieter Hildebrandt hat nicht nur auf der Bühne und durch die Fernsehbildschirme Leute zum Lachen gebracht, sondern auch privat und schafft es sogar noch über seinen Tod hinaus.

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