In der Schrottgalerie Glonn:Mit Kanteneinsatz durchs Leben

Himmel, Arsch und Zwirn in Schrottgalerie.

Lebt vom Spannungsfeld zwischen Saiten und Fellen: Das Quartett "Himmel, Arsch & Zwirn" aus dem Fünf-Seen-Land.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Quartett "Himmel, Arsch und Zwirn" verknüpft Gegensätze auf gut Bairisch

Von Ulrich Pfaffenberger, Glonn

Rock, Blues und Pop hat die Band Himmel, Arsch & Zwirn am Freitagabend in die Glonner Schrottgalerie mitgebracht und zum Glück - so viel schon mal vorweg - vermischt das Quartett aus dem Fünf-Seen-Land diese drei Genres nicht miteinander. Sondern setzt sie gekonnt text-, stimmungs- und stilgerecht ein, um das eigene Können zu zeigen und das geneigte Publikum anregend zu unterhalten. Das macht es einem Zuhörer leicht, den einen oder anderen Song nicht so toll zu finden - sich aber trotzdem schon auf den nächsten zu freuen.

Es ist eine weite Spanne, die bei Himmel, Arsch & Zwirn ("Hauz") zum Beispiel zwischen den aggressiv-treibenden Rhythmen von "Weida" liegt, einem bayrischen "Ride on", und den sanften Klängen von "Fliag, Engerl, fliag", bei man dem Bandleader und Sänger Fabian Zöckler genau anmerkt, an wen er dabei denkt. Diese poetischen, mild gestimmten Balladen sind es vermutlich auch, die dem "Himmel" im Bandnamen am nächsten kommen. Wobei wir dem lieben Gott nicht zu nahe treten, aber an dieser Stelle doch an den hymnischen bayerischen Himmel erinnern wollen, dessen explizit erwähntes Blau eben auch nach dem Blues verlangt, jenem emotionsreichen, das Gemüt bewegenden Geschichtenerzählen, das tief unter die Haut geht - was wohl dem Zwirn im Bandnamen entspricht, der Erde und Himmel, Erlebtes und Erträumtes, Zorn und Freude miteinander verknüpft. Was auch der sprachlichen Wirklichkeit entspricht, zumindest in diesem wunderbaren, von Gegensätzen zusammengehaltenen bairischen Dialkt, der den Kraftausdruck "Himmel, Arsch und Zwirn" nicht nur als Formel für Ärger kennt, sondern auch für ungetrübte Anerkennung.

Mit einer geistreichen und zugleich bierzelttauglichen Neu-Interpretation von David Dundas' "Jeans on" als "I hob di Lederhos'n oa" verdient sich das Quartett genauso eine solche Anerkennung wie mit dem kraftvoll durchgezogenen "Z' bleed", bei dem Zöckler gemeinsam mit Thommy Böhm die Akustikgitarren singen und Uwe Nußbaum den Bass krachen lässt, dass es eine wahre Freude ist. Gleichzeitig liefert Stephan Moises an den Drums den schlagenden Beweis dafür, dass er seinen Spitznamen "Speedy" zu Recht trägt - denn er beherrscht Geschwindigkeit in jeder Ausprägung, nicht nur schnell sondern auch reduziert, und bringt so eine spektakuläre Dynamik in die einzelnen Titel. Der "Hauz"-Sound - wie er im von Saga inspirierten "Hoib so guat" am stärksten spürbar wird - lebt von diesem Spannungsfeld zwischen Saiten und Fellen.

Wobei es sich durchaus lohnt, sich nicht nur den Klängen der Band hinzugeben, sondern auch ihren Texten zu lauschen. Mag auch die eine oder andere Ballade eine Prise Lieblichkeit zuviel haben, zieht sich doch der geistvolle und poetische Umgang mit Sprache als roter Faden durch das Repertoire. Manches Sprachbild, das die Mundart erlaubt, entwickelt sich da zu völlig neuen Sichtweisen auf die Geschehnisse des Alltags und ungewöhnlichen Deutungen dessen, was einem da begegnet. Zeilen wie "Ois is Porno, i fang no'mal von vorn o" sind feine, handgedrechselte Figuren aus der Wortschatzgrube.

Hauz haben zu ihrem Konzert in der Schrottgalerie relativ viel Stromverbraucher mitgebracht. Das schadet zwar nicht dem Hörgenuss, aber man hätte schon gern gewusst, wie sich das Quartett unplugged anhört. Gelegentliche Beispiele dafür scheint es ja zu geben. Mit der starken Gitarrenpräsenz und den sehr hörenswerten, mehrstimmigen Gesängen wäre das sicher interessant geworden. Aber bei jenen Arrangements, bei denen das Keyboard mitspielt, hätte das altersschwache Schrotter-Klavier nicht mithalten können - und beim E-Bass gibt's sowieso keine andere Wahl. So bekommen die Zuhörer ein ungeplantes, geisterhaftes Intermezzo zu hören, bei dem sich die Elektronik selbständig macht und auf eigene Ampere mitspielt.

Am Ende gibt es kräftigen und lebhaften Applaus vom fast vollen Haus, in dem sich der eine oder andere wohl ein paar neue Anregungen geholt hat, was beim Skifahren aus dem Kopfhörer kommt. Denn wer Himmel-Arsch-und-Zwirn-Pisten liebt, der hat mit dieser Musik einen schwungvollen Begleiter für alle Schneelagen - vor allem beim Kanteneinsatz im Eishang.

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