In den Sumpf gebaut:Grüne: Planung der Südumfahrung war ein Fiasko

In den Sumpf gebaut: Seit Ende Juli werden Buckel an der Südumfahrung ausgebessert.

Seit Ende Juli werden Buckel an der Südumfahrung ausgebessert.

(Foto: Christoph Moder/oh)

Der Ortsverband Ebersberg kritisiert die teuren Ausbesserungen an der Straße als "Quasi-Neubau". Schon kurz nach der Eröffnung 2010 waren Bodenwellen aufgetreten.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Mit dem Alter kommen die Falten, das scheint offenbar auch für Straßen zu gelten, zumindest für die Ebersberger Südumfahrung. Diese schlug schon kurz nach der Eröffnung vor knapp acht Jahren Wellen, Ursache ist der Moorboden, auf dem die Straße gebaut wurde.

Seit Ende Juli werden die Falten nun ausgebügelt, was Autofahrer sicher freuen dürfte. Weniger erfreut sind die Ebersberger Grünen, nicht wegen des Straßenliftings an sich, aber darüber, dass dieses überhaupt nötig wird - und in welchem Umfang.

"Dem Betrachter bietet sich ein Anblick wie bei einem Straßenneubau: Etwa einen halben Meter tief wurde die Erde entfernt", schreiben die Grünen in einer Pressemitteilung. Dass dazu eben keine kleine Ausbesserungsmaßnahme an der Teerdecke ausreicht, sondern "ein Quasi-Neubau" nötig ist, liege an einem Problem, auf das die Grünen bereits lange vor dem Bau der Straße immer wieder hingewiesen hätten: "Dass diese Straße gegen unseren jahrelangen Protest und Widerstand und gegen jeden Verstand buchstäblich in den Sumpf gesetzt wurde."

In den Sumpf gebaut: Die Ebersberger Südumfahrung hat auf fast der gesamten Länge kein festes Fundament, sondern "schwimmt" gewissermaßen auf einer Torfschicht.

Die Ebersberger Südumfahrung hat auf fast der gesamten Länge kein festes Fundament, sondern "schwimmt" gewissermaßen auf einer Torfschicht.

(Foto: Christoph Moder/oh)

Genauer: Auf den Sumpf, wie Matthias Geitz von der Abteilung Straßenbau im Staatlichen Bauamt Rosenheim erläutert. Denn die Südumfahrung "schwimmt" gewissermaßen auf der Torfschicht, erklärt Geitz, möglich ist dies durch eine sogenannte "Leicht-Schüttung". Wie der Name nahelegt, werden dazu Materialien eingebaut, die leichter sind als der Moorboden und darum nicht versinken.

Was laut Geitz nicht unbedingt Standard ist. Meist wird "schwieriger Boden" abgetragen und das Straßenfundament auf festen Untergrund gesetzt. Was im Falle der Südumfahrung wegen der Dicke der Torfschicht indes nicht passiert ist - mit einer Ausnahme. An der Bahnbrücke wurde das Fundament direkt auf die Schotterebene gegründet: "Da setzt sich dann auch nichts", sagt Geitz.

An anderen Stellen allerdings schon, teilweise mit erheblichen Folgen für die Benutzer. Dass sich die Trasse zu einer Teststrecke für Stoßdämpfer entwickelte und gelegentlich Unterführungen überschwemmt waren, sind dabei noch die kleinsten Probleme gewesen.

Deutlich unangenehmer war, als vor drei Jahren die Brücke im Laufinger Moos über die Umfahrung komplett gesperrt werden musste, weil sich der Boden gesenkt hatte. Die Brücke selbst wurde zwar nicht in Mitleidenschaft gezogen, allerdings klafften zwischen ihr und den Zufahrtsrampen große Lücken. Fast zwei Jahre lang musste, wer seitdem zwischen der Stadt Ebersberg und der Ortschaft Oberlaufing unterwegs war, einen längeren Umweg über Oberndorf nehmen.

In den Sumpf gebaut: Während der Eröffnung im Winter 2010 demonstrierten die Grünen gegen die Straße.

Während der Eröffnung im Winter 2010 demonstrierten die Grünen gegen die Straße.

(Foto: EBE)

Erst Anfang 2017 war die Brücke wieder passierbar. Diese Bauarbeiten - insgesamt rund 500 000 Euro teuer - waren, so hieß es damals aus dem Staatlichen Bauamt, auch der Grund, warum die Bodenwellen in der Straße lange nicht geglättet werden konnten. Dies sei erst möglich, seit die Brücke wieder benutzbar sei.

Schon damals wurde in der Behörde auf ein geologisches Gutachten verwiesen. Demnach hätte sich der Untergrund nicht so senken sollen, wie er es getan hat. Ein Risiko, vor dem die Grünen und die Initiative Laufinger Moos schon bei Planung der Straße gewarnt hatten. Bestätigt sehen konnten sie sich, als sich wegen der Schwierigkeiten beim Bau im Sumpf die Kosten für die Umfahrung erheblich erhöhten auf etwa 25 Millionen Euro, ungefähr das Doppelte der zunächst veranschlagten Summe.

"Der Steuerzahler begleicht die Rechnung"

"Der Steuerzahler begleicht nun abermals die Rechnung und fragt sich, ob mit seinem Geld nicht Sinnvolleres hätte angestellt werden können", schreiben die Grünen nun - etwa den Bau eines Ausweichgleises für die S-Bahn zwischen Grafing und Ebersberg.

Tatsächlich ist die Maßnahme nicht unbedingt ein Schnäppchen: Laut Geitz kostet der aktuelle Bauabschnitt rund 1,1 Millionen Euro. Denn die Arbeiten sind durchaus aufwendig. So bleibt zwar die Leicht-Schüttung erhalten, der Straßenbelag und die darunterliegende Kiesschicht, der sogenannte Frostschutz, werden aber erneuert.

In den Sumpf gebaut: Die Fahrbahn ist bis zum Fundament abgetragen.

Die Fahrbahn ist bis zum Fundament abgetragen.

(Foto: Christoph Moder/oh)

Letzterer wird außerdem mit "Geotextil" versehen, eine Art Stützstrumpf für den Schotter. Dadurch soll der Schotter bei erneuter Bewegung des Untergrunds diesen ausgleichen können, ohne dass der Straßenbelag oben wieder Falten wirft.

Ziel sei, sagt Geitz, dass die Straße diesmal länger buckelfrei bleibt. Was auch dadurch erreicht werden soll, dass die Schotterschicht mehr Zeit bekommt, sich an den Moorboden anzupassen. Heuer wird nur ein provisorischer Straßenbelag aufgetragen, erst im kommenden Jahr kommt der richtige Asphalt - was weitere 500 000 Euro kosten werde, schätzt man beim Straßenbauamt.

Bei allen Pleiten, Pech und Pannen mit der Straße in den vergangenen Jahren gibt es aber zumindest von der jüngsten Baustelle gute Nachrichten: Die Sanierung liege im Plan, sagt Geitz, und werde wohl wie vorgesehen zum 10. September abgeschlossen sein - falls nicht erneut zu viel Feuchtigkeit Probleme verursacht, diesmal welche von oben: Um den Straßenbelag aufzutragen darf es ein paar Tage am Stück nicht regnen, denn auch Regenwasser macht Falten.

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