Im Rathaus Ebersberg:Kleine Künstler ganz groß

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Kräftige Acrylfarben, vor allem mit Rot- und Blautönen, haben die Grundschüler bei ihrer Arbeit verwendet. Abgeguckt haben sie sich das bei Maler Bakary Sarr, dessen Bilder sie neu interpretiert haben. Galeristin Antje Berberich (Mitte) hat daraus nun eine Ausstellung gemacht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ebersberger Grundschüler haben Werke des senegalesischen Malers Bakary Sarr interpretiert, die Ergebnisse sind nun zu sehen: "Deep Passion - Blickwechsel"

Von Katharina Güntter, Ebersberg

Eine gedrängte Menschenmasse, eckige Gesichter, dicke Gliedmaßen, erdige Farben. Auf der anderen Seite: eine gedrängte Fischmasse, dicke Gliedmaßen, wasserähnliche Farben. Das erste Bild bewusst kindlich gestaltet, das zweite tatsächlich von einem Kind gemalt. Die Parallelen bei gleichzeitiger Verschiedenheit sind beeindruckend. Die Ausstellung "Deep Passion - Blickwechsel" lässt sich nun in der Galerie im Ebersberger Rathaus bewundern. Zu sehen sind bereits seit längerem Werke des senegalesischen Künstlers Bakary Sarr und jetzt im Nebenraum zusätzlich der "Blickwechsel", eine Interpretation der Ausstellung in 16 Bildern, von Schülerinnen und Schülern der Klasse 3a der Grundschule Ebersberg gemalt.

Mitte Oktober haben die Kinder der Nachmittagsbetreuung Antje Berberich, Galeristin des Rathauses, besucht. Die Betreuerinnen der Kinder hatten bereits mit Sarr zu tun, als er 2014 nach Ebersberg kam. Dadurch kannten sie ihn und natürlich auch seine Bilder. Da die Nachmittagsbetreuung bereits öfters in der Galerie des Rathauses und in den Ferienprogrammen ein paar Mal in Münchner Museen war, nutzten die Betreuerinnen die Gelegenheit, mit den Kindern Sarrs Ausstellung zu besuchen und anschließend deren Kreativität freien Lauf zu lassen.

Bei der Vernissage erzählt Berberich begeistert, wie konzentriert die Jugendlichen die Bilder begutachtet hätten und dabei kaum ansprechbar gewesen seien. Eine Betreuerin berichtet, wie die Kinder dann zurück in der Schule innerhalb einer Stunde ihre eigenen Kunstwerke à la Sarr erschufen. Nur aus dem Gedächtnis sollten sie den Stil des Künstlers aus eigener Sicht widergeben.

Das Ergebnis ist erstaunlich. Viele Kinder wählten wie Sarr die kräftigen Acrylfarben in Rot und Blau. Mit Hilfe von Holz, Papier und Stoffschnüren erschufen die kleinen Künstlerinnen und Künstler zudem 3D-Optiken und trafen damit den Stil Sarrs auf den Punkt. Nicht nur die leuchten Farben, auch die Motive der Originale empfanden die kleinen Künstlerinnen und Künstler nach. So verstecken sich auf den kleineren Gemälden zwischen den abstrakten Farbflächen ebenfalls Gesichter; nicht ganz so eckig, aber unverkennbar im Stil. Da Sarr immer wieder mal einzelne Worte in seine Kompositionen einbaut, ließen die Kinder auch in diesem Sinne ihre Ideen mit einfließen. "Die Familie der Korallen" steht zum Beispiel als eine Art Überschrift auf dem Meeresbild.

Die Schülerinnen und Schüler selbst laufen bei der Vernissage, als sie ihre Bilder zum ersten Mal in der Galerie des Rathauses hängen sehen, aufgeregt durcheinander. Es wird wild geschnattert und laut durcheinander gerufen. Eine Schülerin legt im Gästebuch sogleich fest, dass ihr Kunstwerk 100 Euro kostet. Als eine der Betreuerinnen fragt, wie den Kindern die eigenen Bilder denn gefallen, antworten die meisten mit einem einfachen "gut!". Für weitere Ausführungen ist die Situation ja auch viel zu aufregend. Sarr selbst habe nichts von dem Vorhaben gewusst, erzählt Berberich, sei aber begeistert gewesen, als er die Kunstwerke der Kinder neben seinen eigenen das erste Mal gesehen habe. Bei der Vernissage kann der Maler leider ebenfalls nicht dabei sein, seine kaufmännische Ausbildung bei einem Geschäft für Künstlerbedarf in Forstinning lässt das nicht zu. Die Kinder stimmt das ein wenig traurig, doch Berberich verspricht, dass der Künstler sie noch einmal persönlich in der Klasse besuchen wird.

Dies ist nicht das erste Mal, dass Berberich Kinder in der Galerie empfängt. Neben etlichen anderen Schulklassen hatte sie auch schon Besuch einer Behindertengruppe, wie sie mit einem Lächeln erzählt. Unverkennbar ist zu sehen, wie viel Spaß der Galeristin und Archivarin diese Aktionen machen und wie gerne sie auch junge Leute im Rathaus empfängt. "Ich hoffe, dass sich andere Schulen einreihen und die Städtische Galerie ebenfalls als Erfahrungsort ansehen. Sie soll ein Ort sein, der zum Mitwirken Mut macht und möglicherweise einen Weg zur Kunst weist."

Bis Ende November soll die Ausstellung nun noch zu sehen sein; einen Monat länger, als ursprünglich geplant. Man müsse "ja noch genug Zeit haben, die Bilder der Schülerinnen und Schüler zu bewundern", sagt Berberich und lacht.

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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