Im Klosterbauhof:Der Klang von Weihnachten

Klosterbauhof - Singen von Weihnachtsliedern.

Beliebte und weniger bekannte Volksweisen stimmen die Musiker Eva Bruckner und Ernst Schusser an. Die Ebersberger singen begeistert mit.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Volksmusikpfleger Ernst Schusser und Eva Bruckner animieren zum adventlichen Singen

Von Nathalie Stenger, Ebersberg

Kalt ist es, so kalt, dass man sich wundert, wie Ernst Schusser und Eva Bruckner ihre Instrumente überhaupt spielen können. Doch wahrscheinlich sind der Akkordeonist und die Gitarristin einfach daran gewöhnt, im Freien zu musizieren, schließlich machen die beiden das traditionell das ganze Jahr über und besonders häufig in der Adventszeit.

Am vergangenen Dienstagabend spielt das Duo des Volksmusikarchivs Oberbayern im Innenhof des Klosterbauhofs in Ebersberg. Organisiert von CSU-Stadtratskandidatin Birgit Hühn, sind alle, die Lust haben, zum "Weihnachtslieder selber singen" eingeladen.

Als Zusammenschluss aus privaten Sammlungen wurde 1985 das Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern gegründet, elf Jahre später übernahm Volksmusikpfleger Ernst Schusser die Leitung. Gemeinsam mit seiner Kollegin Eva Bruckner aus Berchtesgaden reist Schusser nun schon seit Jahren durch ganz Oberbayern, von Murnau bis Wasserburg, musiziert vor Ort mit den Einheimischen und erinnert an bereits vergessene Volkslieder. "Wenn die Leute sterben, geschieht dasselbe mit den mündlich überlieferten Liedern. Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Bräuche zu leben. Wir wollen an unseren Stationen Defizite erkennen und Impulse geben. Mehr machen wir gar nicht, das Singen kommt dann von selbst", erzählt Schusser.

So viele Defizite in Sachen weihnachtliche Volkslieder scheinen die Ebersberger aber gar nicht zu haben. Nach und nach trudeln immer mehr Singlustige ein, bis eine große, rund 70-köpfige Traube um die beiden Musiker herum entsteht. In dicke Mäntel und Schals eingepackt und teilweise mit Stirnlampen fürs Notenlesen ausgerüstet, warten alle gespannt darauf, bis die erste Weise "Zu Bethlehem geboren" angespielt wird. Manche sind anscheinend so erpicht darauf, endlich loslegen zu können, dass sie schon während des Vorspiels singen. Beim zweiten Versuch klappt es besser, nicht zuletzt, weil die Aussprache des "Eia" im Refrain noch einmal extra geübt wird.

Dass nicht alle immer die richtigen Töne treffen, stört den Volksmusikpfleger aus Bruckmühl nicht - ganz im Gegenteil. "Bitte singen Sie ganz laut, dann denkt der Nachbar, es stimmt! Das passt bei Volksliedern schon", witzelt er zwischen den Liedern. Dass Schusser damit völlig richtig liegt, beweisen weniger populäre Lieder wie "O du heilger Nikolo" oder "Kommet ihr Hirten". Auch bekanntere Weisen, etwa "O Tannenbaum", schmettern die Anwesenden mit voller Inbrunst. Der originale Text, in dem nicht etwa von grünen, sondern von treuen Blättern die Rede ist, findet sich in dem Liederbuch, das viele Anwesende noch vom letzten Adventssingen in Ebersberg vor einigen Jahren aufgehoben haben. Um sich warmzuhalten, schunkeln die Sängerinnen und Sänger ganz im Stile des Oktoberfests hin und her oder gehen bei der Imitation eines Dudelsacks im Rhythmus der musikalischen Begleitung in die Knie. Auch die Ankündigung der nächsten Lieder erinnert immer ein wenig an ein Volksfest. "Auf welcher Seite steht Schneeflöckchen, Weißröckchen?", ruft Schusser. "Seite 16!", lautet die einstimmige Antwort. Nach Schussers "Danke!" folgt stets das "Bitte!" der Singenden.

Mit "Es werd scho glei dumpa", werden die letzten Töne des Adventssingens angestimmt. Bedächtig schwebt der sinnliche Klang, der entsteht, wenn ein großer Chor kraft- und dennoch gefühlvoll gemeinsam musiziert, über dem dunklen Innenhof. Kerzenlicht flackert über die Pflastersteine und spätestens jetzt sollte bei allen der Weihnachtszauber im Herzen angekommen sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: