Pilotprojekt:Ein Markt nur für Ideen

Pilotprojekt: Die Agora im Nordwesten der Akropolis in Athen ist heute nur noch ein Museumsgelände. In der Antike trafen sich die Leute hier zu Versammlungen.

Die Agora im Nordwesten der Akropolis in Athen ist heute nur noch ein Museumsgelände. In der Antike trafen sich die Leute hier zu Versammlungen.

(Foto: Antonis Nikolopoulos/imago images/ANE Edition)

Wie soll sich der Landkreis Ebersberg bis 2030 entwickeln? Bisher haben sich mit diesem Thema vor allem Fachleute und Politiker befasst. Nun sollen in einem bayernweit einzigartigen Projekt die Bürgerinnen und Bürger ran.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Die Agora, der zentrale Platz in einer antiken griechischen Stadt, war nicht nur ein Ort, an dem die Menschen Fleisch, Gemüse und sonstige Dinge des täglichen Bedarfs einkauften. Sie war auch ein Platz für Austausch und Diskussion - also auch ein Markt der Ideen. An diesem Bild hat sich der Landkreis für ein neues Projekt orientiert, das jetzt startet. Fleisch und Gemüse gibt es dabei zwar nicht, aber die Menschen sollen die Möglichkeit haben, auf einer neuen digitalen Plattform ihre Ideen für eine nachhaltige Entwicklung des Landkreises bis zum Jahr 2030 einzubringen. Bayernweit gibt es nach Angaben von Ludwig Karg von Baum Consult, der Beraterfirma des Landkreises, bisher nichts Ähnliches.

Das Projekt hat bereits einen langen Vorlauf mit vielen Workshops, in denen Vertreter von Vereinen und Organisationen sowie der Politik die wichtigsten Themenfelder für den Landkreis identifiziert und diskutiert haben - von bezahlbarem Wohnen über die Integration von Zugewanderten bis hin zu Mobilität und Siedlungsentwicklung. 20 Leitprojekte wurden daraus entwickelt, teilweise sind diese auch bereits in der Umsetzung. Eine umfassende Bürgerbeteiligung war von Anfang an geplant, doch auch dieses Projekt kam während der Corona-Jahre zum Stillstand. Schließlich, so Regionalmanager Augustinus Meusel, gab es in dieser Zeit genügend andere Themen, die die Menschen beschäftigt haben.

Pilotprojekt: Regionalmanager Augustinus Meusel sowie Christopher Prange und Ludwig Karg von der Firma Baum Consult bei der Vorstellung des Projekts (von links).

Regionalmanager Augustinus Meusel sowie Christopher Prange und Ludwig Karg von der Firma Baum Consult bei der Vorstellung des Projekts (von links).

(Foto: Christian Endt)

Nun aber soll es losgehen, die Plattform ist bereits freigeschaltet und wird künftig auch auf der Homepage des Landratsamts schnell zu finden sein. Nachzulesen sind auf der Seite umfassende Gedanken zu den verschiedenen Handlungsfeldern als Hintergrundinfo; wer auf Projekte klickt, kann aber auch schnell feststellen, wo genau die Expertise und die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger gewünscht ist. Als "Hausaufgabenbuch des gesamten Landkreises" beschreibt Karg das Modell.

Es soll eine neue Art der Bürgerbeteiligung sein

Mitreden können Bürgerinnen und Bürger beispielsweise dazu, wie Ehrenamt besser gefördert werden könnte. Oder wie es mit den Ausgleichsflächen im Landkreis besser klappen könnte - eventuell sogar dadurch, dass eigene Flächen angeboten werden. Auch um ein Effizienznetzwerk für Betriebe geht es; immerhin beheimatet der Landkreis etwa 2000 kleinere und mittlere Unternehmen, die auch voneinander lernen könnten. Ein Firmenchef könnte also hier auf die Schaltfläche "Das interessiert mich" klicken, und dann auch gleich das Angebot hinterherschieben, das er konkret mitmachen möchte - und welche Ideen er beitragen kann. Nur eine Bedingung gibt es: Man muss sich vorher registriert haben.

Die Vorschläge landen zunächst einmal bei den zuständigen Projektverantwortlichen im Landratsamt und auch bei Christopher Prange, der bei Baum Consult federführend für diesen Bereich zuständig ist. Sie prüfen die Vorschläge, sortieren sie und stellen Kontakte her - sofern diejenigen, die die Ideen eingebracht haben, dies auch wünschen. "Das ist eine neue Art von Bürgerbeteiligung", unterstreicht Ludwig Karg. Tatsächlich soll im Mittelpunkt das stehen, was die Bürgerinnen und Bürger selbst beitragen können und wollen, um den Landkreis voranzubringen. "Es soll keine Plattform werden, wo die Leute nur rumnörgeln und Forderungen an den Landkreis stellen", so Karg. Sollte sich herausstellen, dass zu einem Projekt akut Input aus der Landkreisbevölkerung nötig ist, soll auch über interne Verteiler oder die sozialen Netzwerke auf die Plattform hingewiesen werden.

Die Internet-Agora soll kein zeitlich begrenztes Projekt sein, für die Beteiligung gibt es keine Frist. Ludwig Karg rechnet durchaus mit größerem Interesse, wenn sich das Projekt einmal herumgesprochen hat - und somit auch mit einiger Arbeit für die Projektbeteiligten im Landratsamt. Insofern sei es durchaus mutig von Landrat Robert Niedergesäß (CSU), dass er diesen Weg gehen wolle.

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