Tierheim:Wo Haustiere auf das große Glück warten

Zur Ferienzeit werden besonders viele Tiere ausgesetzt. Einige von ihnen landen in der Ebersberger Auffangstation. Dort werden sie aufgepäppelt - und auf das Leben in einem neuen Zuhause vorbereitet.

Von Stella Vogl, Ebersberg

"Es ist nicht mehr so wie früher, als alle Tiere vor den Sommerferien rausgeschmissen worden sind", sagt Evelyn Bauer. Nach wie vor gelte aber: "Bevor die Ferien beginnen, werden Tiere aus den unterschiedlichsten Gründen abgegeben." Wohl kaum jemand im Landkreis hat so viel Erfahrung mit Fundtieren, wie die Vorsitzende des Tierschutzvereins Ebersberg. Bereits seit 2004 leitet Bauer die Fundtierstation des Landkreises - und das mehr zufällig als geplant. Denn was eigentlich nur vorübergehend gedacht war, ist für Evelyn Bauer nun ehrenamtlicher Alltag geworden.

Derzeit muss sie sich zusammen mit den zwei Tierpflegerinnen und einer Halbtagshilfe zwar nur um Kaninchen, Hasen und Katzen kümmern, aber "heuer gab es schon um die 75 Fundhunde", und auch der ein oder andere Wellensittich war dabei. Wildtiere dagegen könne man aus Platz- und Personalgründen nicht aufnehmen. Ein ausschlaggebender Grund dafür, dass so wenig Hunde vertreten seien, liege Bauer zufolge an der überraschend schnellen Vermittlung. Schließlich bereiten gerade diese Vierbeiner einen beachtlichen Aufwand, nicht nur platztechnisch, sondern auch was die Pflege betrifft.

Ohne die Hunde haben die etwa 30 Katzen das Kommando in der Auffangstation übernommen, die ursprünglich auch nur für sie vorgesehen war. So habe man katzentechnisch "alles durch die Bank", sagt Bauer. Grande Dame ist dabei die betagte Wilma. Auf beeindruckende 20 Jahre schätzt Bauer das Alter der sogenannten Glückskatze. Die drei verschiedenen Fellfarben haben Wilma aber nicht nur Glück gebracht: Erst seit einem Monat ist sie in der Unterkunft im Gewerbepark zuhause, aber ihr tiefes, nachdrückliches Maunzen verrät ihre Unzufriedenheit trotz einwandfrei sauberem Zimmer mit Kratzbaum und Klettermöglichkeiten. "Für die hätte ich gerne einen Platz", sagt Bauer. Und fügt hinzu: "Die soll nicht im Tierheim sterben."

Gleich neben der ältesten Bewohnerin sind die Jüngsten untergebracht. Jeanny ist dabei besonders wild. Nur ein Blick durch das Glasfenster ihrer Zimmertür reicht aus, dass sie über die Holzbretter an der Wand und den Kratzbaum bis zur Tür springt und dort anfängt in voller Lautstärke zu miauen. Da muss auch Bauer lachen: "Das ist eine ganz Freche." Anders sieht es bei Jeannys Nachbarn aus. Der schätzungsweise drei Monate alte Gino ist deutlich ruhiger. Geradezu verschreckt blickt er mit großen Augen von seinem Rückzugsort auf der höchsten Holzstufe herunter. Obwohl er noch lange nicht ausgewachsen ist, ist er bereits vom Leben arg gezeichnet. Denn der graugestreifte zierliche Kater ist auf einem Auge blind und verhält sich vielleicht auch deshalb zurückhaltender als seine Altersgenossin.

"Jedes Tier zieht sich erst einmal zurück"

Trotz des unterschiedlichen Temperaments teilen sie das gleiche Schicksal: Beide wurden in schlechten Zustand ausgesetzt und wie auch Wilma in den Sommermonaten gefunden. Das Gleiche gilt für das dritte Katzenjunge, Sammy, der sich weniger für die Besucher und vielmehr für seinen Napf mit Trockenfutter interessiert. Die Zeitpunkte passen ganz zu Bauers Erfahrung, dass es "so zwei bis drei Wochen" vor Ferienbeginn losgehe. Das jüngste Findelkind sei ein ausgesetztes Katzenbaby, das man erst vor kurzem auf einem Parkplatz in Vaterstetten gefunden habe. Inzwischen läuft das auf Pauli getaufte "Vaterstettener Baby" ungeduldig im Käfig auf der Krankenstation herum. In ein Zimmer umziehen darf es vor dem obligatorischen Besuch beim Tierarzt trotzdem noch nicht.

Während Pauli sich erst noch an die neue Umgebung gewöhnen muss, ist Mia mit zwei Jahren Aufenthalt bereits ein alter Hase. Die weiße Katze hat wie Gino auch ein Handicap, sie ist taub, was ihr jedoch nichts von der Aufmerksamkeit nimmt, die sie Besuchern schenkt. Mia hat von ihrem Revier aus einen guten Blick auf die anderen Bewohner der Auffangstation. Und zwei davon können dabei locker mit der Größe einer Katze mithalten: Die deutschen Riesen Moppel und Hoppel bewohnen ein üppiges Gehege mit großem schindelgedeckten Häuschen. Seit dem Angriff eines Marders im Frühjahr ist nun auch das Dach des Geheges stählern und nicht mehr aus einfachem Hasendraht. Zu Schaden gekommen sei damals laut Bauer aber glücklicherweise niemand.

Zur Sicherheit und auf Wunsch von Bauer plant der von ihr als "gute Seele" bezeichnete Helfer Josef Gratz auch noch die Spalten im oberen Bereich des Geheges abzudecken. Die Hasen scheinen von den neuen Sicherheitsvorkehrungen kaum etwas zu bemerken, wenn sie unbekümmert in ihr mit Heu ausgelegtes Haus hoppeln. Und auch viele der untergebrachten Katzen wirken ausgeglichen. Dennoch hinterlassen die Erlebnisse ihre Spuren. So sagt Bauer: "Jedes Tier zieht sich erst einmal zurück." Häufig sind gefundene Tiere, meist Katzen, auch körperlich von Autounfällen und damit verbundenen Verletzungen gekennzeichnet. Insbesondere im Sommer gehe von den Straßen ein erhöhtes Gefahrenpotenzial aus, ganz einfach aus dem Grund, weil Katzen viel unterwegs seien.

Auch wenn die Tiere in der Auffangstation - zumindest vorübergehend - ihre Freiheit einbüßen, werden sie von den Pflegekräften gut versorgt. In den liebevoll eingerichteten Gehegen lässt es sich gut leben - und so manch einer findet recht schnell sein Glück in einem neuen Zuhause.

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