Hospiz:Dem Sterbenden die Hand reichen

Cornelia Röthig, Caritas Hospizkultur

Cornelia Röthig, 36, ist Leiterin des Caritas-Projekts. Sie möchte die palliative Arbeit in der Altenhilfe stärken und Pflegekräfte unterstützen. Sie hat selbst als Pflegedienstleiterin gearbeitet.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Caritas setzt sich zum Ziel, die Hospizkultur in stationären Einrichtungen zu stärken

Interview von Johanna Feckl, Ebersberg

Das Caritas-Zentrum für Ambulante Hospiz- und Palliativversorgung (ZAHPV) möchte mit einem Ebersberger Modellprojekt die palliative Arbeit in den 14 stationären Einrichtungen der Altenhilfe stärken. Anlässlich des Welt-Alzheimertages an diesem Freitag hat die 36-jährige Projektleiterin Cornelia Röthig, die selbst mehr als fünf Jahre als Pflegedienstleiterin in einem Altenheim gearbeitet hat, mit der SZ über das Projekt gesprochen.

SZ: Frau Röthig, mit dem Projekt möchten Sie die Hospizkultur und Palliativkompetenzen speziell in Altenheimen stärken. Können Sie das genauer erklären?

Cornelia Röthig: Die Pflege hat eigentlich den Auftrag, Patienten zu aktivieren und zu mobilisieren, sie wieder in die Selbstständigkeit hineinzuführen. Ein alter und auch kranker Mensch möchte das aber vielleicht nicht mehr. Beginnt ein Prozess, in dem der Mensch immer weniger isst und trinkt, nicht mehr aufsteht, sich immer weiter zurückzieht, lässt sich das möglicherweise auch damit begründen, dass er sich auf den Weg machen möchte - das Leben ist nun einmal endlich. Bei dem Projekt geht es darum, dass die Pflegekräfte so etwas erkennen, den Wunsch des Patienten akzeptieren und dementsprechend mit Angehörigen und Hausärzten sprechen können.

Aber ein Demenzpatient sagt ja auch gerne einmal Dinge, die er dann gar nicht so meint - weil er verwirrt ist oder die Zusammenhänge nicht mehr versteht.

Der natürliche Wille ist selbst bei einem Menschen mit einer Demenzerkrankung immer noch vorhanden. Wenn man ihm einen Löffel mit Essen anbietet, und dann seine Hand hochgeht oder er den Kopf nach ein paar Bissen wegdreht, dann ist das ein eindeutiges Zeichen: Er mag nicht mehr. Diese Selbstbestimmung muss man auch einem Menschen mit Demenz zumuten.

Sie arbeiten in der ambulanten Palliativversorgung, das Projekt richtet sich aber an stationäre Einrichtungen. Gibt es da also gar keinen Unterschied?

Die Leistung, die wir als Zentrum erbringen, betrifft zum einen Menschen, die in ihren Haushalten leben. Wir werden aber auch oft in Altenheime gerufen. Dort sehen wir, dass es noch Unterstützungsbedarf bei den Pflegekräften gibt. Je besser das Personal in den Heimen geschult ist, desto leichter fällt es ihnen dann, eine gute Palliativversorgung zu koordinieren.

Das Motto des Projekts lautet "Hand in Hand - im Sterben nicht allein gelassen". Wurden demenziell erkrankte alte Menschen bisher also alleine gelassen?

Es geht darum, dass ein vernetztes Zusammenarbeiten erreicht wird, das vor allem bei Menschen mit Demenz wichtig ist: Wir möchten, dass Pflegekräfte, Angehörige und Ärzte gemeinsam Entscheidungen treffen, die sich nach dem Willen des Patienten richten - Hand in Hand eben. Das kann in manchen Fällen auch eine palliative Versorgung sein, also Symptome lindern, Angst und Unruhe reduzieren, um damit unnötige Einweisungen in Krankenhäuser zu verhindern. Das Thema sollte nicht tabuisiert werden.

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