Home-Office in Ebersberg:"Gute Erfahrung, blöder Anlass"

Homeoffice

Früher ungewöhnlich, heute Normalität: Ebersberger Unternehmen haben unterschiedliche Erfahrung mit dem Homeoffice gemacht.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Behörden, Betriebe und Banken im Kreis Ebersberg mussten wegen der Corona-Pandemie auf Home-Office umstellen. Hat das Konzept funktioniert? Eine Bestandsaufnahme.

Von Nathalie Stenger, Ebersberg

Es sind große Worte und wichtige Sätze, die im Zusammenhang mit einer der bedeutendsten Umstellungen des Jahres zu hören sind: Von einem "eingeläuteten Abschied der Präsenzkultur" war etwa kürzlich in einer Pressemitteilung des Versicherungskonzerns Allianz die Rede, von einem "unerwarteten Digitalisierungsschub" und davon, dass "längerfristig bis zu 40 Prozent der Mitarbeiter von zu Hause arbeiten werden". Ganz so weitreichende Folgen wie die des Dax-Unternehmens mit Sitz in München hat die Corona-Pandemie im Landkreis Ebersberg wohl nicht bewirkt. Doch auch hier gab es zahlreiche Wechsel vom normalen Büroalltag in das Home-Office, wenngleich vielerorts Mitarbeiter mittlerweile wieder an ihre gewöhnlichen Arbeitsplätze zurückgekehrt sind.

Mit zeitlicher Distanz stellt sich nun die Frage: Wie hat die Umstellung bei Behörden, Banken und Betrieben funktioniert? Hat sie funktioniert? Gespräche aus dem Landkreis Ebersberg zeigen, wo die Schwierigkeiten lagen beziehungsweise immer noch liegen und was den Menschen besonders wichtig ist.

Den Anfang macht das Landratsamt. Trotz der etwa 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgte die Umstellung auf das Home-Office "sehr schnell", wie Sprecher Sebastian Hallmann berichtet, "innerhalb weniger Wochen". Technische Schwierigkeiten habe es gegeben, mit privater sowie gestellter Hardware, sagt er, was unter anderem mit der Ausstattung und Datengeschwindigkeit vor Ort zusammenhänge. Aktuell würden 380 Home-Office-Arbeitsmöglichkeiten vorgehalten, täglich arbeite eine unterschiedliche Anzahl daheim. Und das Fazit der Betroffenen?

Beschwerden, Verbesserungsvorschläge oder Lob? "Von allem etwas", heißt es von Hallmann, aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten überwiegend positive Erfahrung mit dem Home-Office gemacht. "Die Flexibilität wird sehr geschätzt." Ganz auf den Austausch im Büro verzichte aber keiner. Denn, so der Behördensprecher - und er teilt diese Meinung wohl mit vielen aus dem Landkreis: "Persönliche Abstimmung mit den Teammitgliedern und Führungskräften bleibt wichtig."

Auch die Banken des Landkreises mussten sich den neuen Aufgaben stellen. "Zu Zeiten der ersten Corona-Welle im Frühjahr war eine erhebliche Flexibilität von uns und unseren Mitarbeitern gefragt", heißt es von dem Vorstandsstab der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg. "Einige Mitarbeiter befanden sich im Home-Office, andere haben abwechselnd in Teams gearbeitet, je nach Erfordernissen des eigenen Arbeitsplatzes, aber auch familiären Anforderungen." Eine generelle Regelung zum Home-Office gebe es für die Mitarbeiter jedoch nicht, grundsätzlich seien sie an ihrem Arbeitsplatz in der Kreissparkasse tätig.

Von dort, dem Gebäude der Sparkasse, ist es nicht weit bis zur Ebersberger Filiale der Raiffeisen-Volksbank. "Gute Erfahrung, blöder Anlass", fasst deren Vorstand Christian Weber seine Home-Office-Zeit und die seiner Angestellten zusammen. Man habe die Bank zum Anfang der Pandemie einfach geteilt, erzählt Weber, um die Funktionsfähigkeit zu erhalten. Ein paar Mitarbeiterinnen waren also in Grafing, ein paar Mitarbeiter daheim. Außerdem habe man bestimmte Abteilungen, etwa das Kundenservicecenter, in die Filialen nach Ebersberg und Aßling ausgelagert. "Die Umstellung vom Normalbetrieb auf Home-Office hat technisch hervorragend geklappt", erinnert sich der Chef, "und das von einem Tag auf den anderen." Man sei sehr zufrieden. Die Mitarbeiter konnten in der Regel ihren Computer aus der Filiale mitnehmen, der Datenschutz sei, so betont Weber, selbstverständlich zu jeder Zeit vorhanden. "Mittlerweile sind die damaligen Regelungen aber größtenteils wieder aufgehoben."

Ob er sich eine konstante Home-Officenutzung vorstellen könne, etwa für Flächeneinsparung in der Filiale? Es sei mit Sicherheit einen Gedanken wert, antwortet Weber, dazu müsse aber auch Bedarf da sein. Denn auch wenn laut Vorstand das Home-Office gut ankam, gebe es aktuell keine Anfragen von Mitarbeitern, nach Hause zurückzukehren, "das Soziale ist einfach wichtig". Außerdem sei eine Flächenreduzierung aufgrund der Größenordnung der Bank schwierig. "Perspektivisch", so Weber, "also auf wirklich lange Sicht, kann ich mir das aber gut vorstellen."

Nicht so bei der Hans Brunner GmbH aus Glonn - eine Umlagerung der Produktion beispielsweise sei unmöglich, so Prokurist Christoph Schwaiger. Die Firma stellt Schokoladenformen her und hat im Moment fünf bis 15 von 120 Mitarbeitern im Home-Office. Der Großteil befinde sich also im Betrieb, in den Konferenzräumen oder auch in der Kantine. "So können wir immer ein paar Plätze zwischen den Leuten freihalten", sagt Schwaiger. Es sei eine gute Umstellung für die Betroffenen gewesen, so erzählt er weiter, nur ein Problem gebe es zu Hause: "Man kann nicht richtig abschalten." Für ihn steht deshalb fest: "Wenn das alles vorbei ist, holen wir unsere Leute wieder rein."

Bei der Firma Hofmann und Vratny aus Aßling - sie stellt Fräser für Firmen aus aller Welt her - ist dieser Schritt bereits geschehen. "Alle Mitarbeiter befinden sich seit Mitte Juni wieder im Betrieb", so die Assistentin der Geschäftsleitung Vanessa Bauer. "Aufgrund des strengen Hygienekonzepts im Betrieb, konnten wir auch nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz keinen Coronafall feststellen, wodurch Home-Office abhängig von der Corona-Pandemie nicht mehr zwingend notwendig ist." Die IT-Abteilung befinde sich ganz unabhängig von Corona regelmäßig im Home-Office.

Und die Resonanz? Man könne durchaus sagen, so Vanessa Bauer, dass die Mitarbeiter das Arbeiten von Zuhause mehr positiv bewerten als negativ. Der größte Vorteil liege vor allem im Sparen von Zeit und Geld, wenn man nicht in die Arbeit fahren müsse. Außerdem sei es gut für Eltern, um daheim auf ihre Kinder aufzupassen. Und doch kommt Bauer wieder auf diesen einen, bereits bekannten Punkt: "Es fehlte allen der persönliche Kontakt sowie das soziale Miteinander mit Kollegen."

Das weiß auch einer, der schon seit Langem im "Home Sweet Home" arbeitet. Ein Mitarbeiter der Hörmann GmbH, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, ist im Vertrieb des Unternehmens für Entwicklung und Produktion von Sirenenwarnsystemen tätig und aufgrund seines langen Anfahrtswegs nach Kirchseeon ohnehin schon zwei bis drei Tage die Woche im Home-Office. Aber durchgängig, fünf Tage, das sei auch ihm zu extrem: "Man braucht das Kaffeegespräch zwischen Tür und Angel." Das hätten auch seine Kolleginnen und Kollegen gerade in der Anfangsphase der Pandemie gemerkt, erzählt er, "man driftet schnell auseinander". Die Geschäftsleitung habe deshalb letztens fast schon dazu gedrängt, zurück ins Büro zu kommen - mit Abstand natürlich.

Zuletzt erwähnt er noch etwas, das schnell unterschätzt wird, wenn der Küchentisch zum Schreibtisch wird. Er habe manchmal das Gefühl, mehr zu machen als normal. Da muss man aufpassen beim Home-Office, sagt er, man müsse sich einen Wecker hinstellen und an der Selbstdisziplin arbeiten. Zum Glück habe er seine Kinder, die ihn immer wieder aus den Überstunden reißen.

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