Hohenlinden:Hohenlinden spielt auf Zeit

Lesezeit: 3 min

Direkt neben der vorhandenen Kiesgrube an der Ebersberger Straße ist ein neues Abbaugebiet beantragt. Die Erschließung ist aber strittig. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wegen ungeklärter Fragen zur Erschließung soll das Landratsamt zwei Anträge zum Kiesabbau am Ortsrand zurückstellen. Künftig sollen derartige Projekte nur noch in einem eng begrenzten Areal möglich sein

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden

Wie kann die Gemeinde den umstrittenen Kiesabbau an den Ortsrändern in geordnete Bahnen lenken? Bei der Gemeinderatsitzung am Montag stand dieses Thema wieder im Mittelpunkt. Das Gremium hat dazu einstimmig beschlossen, Konzentrationsflächen für den Kiesabbau auszuweisen. Nur in diesen Bereichen soll es künftig noch erlaubt sein, Baukies abzutragen. Dennoch musste sich der Gemeinderat auch mit Anträgen zum Kiesabbau befassen, die jetzt schon im Rathaus vorliegen: Es geht um Flächen in Neustockach und Neumühlhausen. Nachdem der Antrag eines Forstinninger Unternehmers für das Abbaugebiet in Neustockach während der Sitzung Ende Januar zurückgestellt worden war, war das Thema nun erneut auf der Agenda. Nun versucht die Gemeinde, Zeit zu gewinnen, um vor allem Fragen zur Erschließung klären zu können. Beim Landratsamt als Genehmigungsbehörde soll eine Zurückstellung der Genehmigungen beantragt werden.

Denn gute Erfahrungen haben die Hohenlindener den Bürgermeistern Ludwig Maurer (ÜWH) und Thomas Riedl (CSU) zufolge mit Firmen bei den zahlreichen Projekten zur Kiesgewinnung meist nicht gemacht. Maurer und Riedl beklagten, dass oft beim Kiesabbau Auflagen nicht eingehalten worden seien. Große Hoffnung setzt die Gemeinde deshalb auf die Konzentrationsflächen, die an der kommunalen Entlastungsstraße, der Ebersberger Straße und am Forst vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München und dem Landschaftsarchitekten Max Bauer aus Wörth nun konkret geplant werden. Sie sollen den Kiesabbau in den nächsten 15 Jahren in geordnete Bahnen lenken und den bisherigen Wildwuchs verhindern. Denn bisher müssen Kiesabbauprojekte als privilegierte Vorhaben in der Regel genehmigt werden, wenn nicht gewichtige Gründe dagegen stehen. Gibt es hingegen Konzentrationsflächen in der Gemeinde, so müssen sich die Abbautätigkeiten auf diese Bereiche beschränken. Aus diesem Grunde hatte der Gemeinderat bereits 2013 für Vorrangflächen votiert, wobei zwei der drei ins Auge gefassten Flächen auf Widerstand gestoßen sind. Nun möchte die Gemeinde nur noch ein im Vergleich mit den ursprünglichen Planungen deutlich reduziertes Areal zwischen Forst, Ebersberger Straße und B 12 realisieren. "Dazu sind aber noch einige Schritte nötig", räumte Maurer ein. Vor allem müssten zunächst die Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan rechtsgültig verankert sein. Gemeinderatsmitglied Alois Grabl (CSU) wollte von Maurer wissen, ob er bereits mit Eigentümern der betroffenen Grundstücke der neuen Konzentrationsflächen gesprochen habe. Maurer entgegnete, dass er zunächst den Beschluss des Gemeinderates abwarten und dann Gespräche führen wolle.

Konkret befasste sich der Gemeinderat ausführlich mit dem Antrag zum Kiesabbau und zur anschließenden Wiederverfüllung an der Ebersberger Straße (St 2086) und der B 12 am Ortsrand von Hohenlinden in Neustockach. Maurer und seine Verwaltung sehen hier etliche Punkte, die noch geklärt werden müssen. Vor allem die geplante Erschließung beunruhigte auch die Gemeinderäte. Maurer äußerte zudem die Befürchtung, dass die Erschließung der geplanten Konzentrationsflächen durch das nahe gelegene Einzelprojekt erschwert würde.

Im Zusammenhang mit der Gesamtplanung der Konzentrationsflächen und der Erschließungsstraßen sprach sich der Gemeinderat daher dafür aus, bei der Genehmigungsbehörde zu beantragen, dass über das konkrete Projekt vorerst nicht entschieden wird - ebenso will man beim zweiten Projekt in Neumühlhausen vorgehen. Zudem will sich Hohenlinden juristische Unterstützung suchen: Der Gemeinderat war mit der Einbeziehung eines Münchner Fachanwalts als Rechtsbeistand für rechtliche Fragen zum konkreten Baugesuch und zur Gesamtplanung der Konzentrationsflächen einverstanden. "Wir wollen den Sachverhalt rechtlich ordentlich durchleuchten und mit allen Beteiligten gemeinsam einen vernünftigen Lösungsweg suchen", sagte Maurer dazu. Der Bürgermeister teilte zudem mit, dass im Vorfeld der Sitzung eine Besprechung mit Vertretern der relevanten Behörden statt gefunden habe.

In diesem Kontext kritisierte Zweiter Bürgermeister Riedl das Vorgehen des Staatlichen Bauamtes Rosenheim, das angeblich dem Bauwerber in Vorgesprächen eine Erschließung seiner Kiesgrube auch über die B 12 in Aussicht gestellt habe. Für Riedl wäre das, wie er unterstrich, "eine Katastrophe". Eine Zu- und Ausfahrt von täglich bis zu vier Kieslastern über die B 12 sei an dieser neuralgischen Stelle aufgrund des möglichen Rückstaus und stockenden Verkehrsflusses nicht akzeptabel: "Die direkte Erschließung über die B 12 wäre ein großer Fehler und ein großes Übel für Hohenlinden, denn auf der hoch belasteten Straße fahren täglich 24000 Fahrzeuge." Riedl sagte zudem, dass er nach Fertigstellung der A 94 auf dem privaten Areal Entwicklungsmöglichkeiten für Gewerbe- und Wohnbebauung sehe und es deshalb bedauere, dass die Eigentümer wichtige Flächen für die Ortsentwicklung nun für den Kiesabbau einem Unternehmer zur Verfügung stellen wollen. Auch Bürgermeister Maurer sagte, ihm sei "schleierhaft, wie an dieser Stelle eine Erschließung der Kiesgrube möglich sein soll". Josef Neumeier (Bürgerliche) regte an, mit den Grundbesitzern zu reden und einen Kauf des Grundstücks durch die Gemeinde zu erwägen.

Der Forstinninger Unternehmer als Antragsteller nahm die Debatte und das Vorgehen der Gemeinde eher gelassen hin, er werde nun abwarten und wolle keinen Rechtsanwalt einschalten, sagte er. Er unterstrich, er stehe der Gemeinde weiterhin für Gespräche zur Verfügung. Nachdem der Gemeinderat dem Antrag bei der Genehmigungsbehörde auf Zurückstellung des Baugesuchs zugestimmt hat, wird der Antrag dem Landratsamt umgehend vorgelegt. Danach hat die Gemeinde bis zu einem Jahr Zeit um eine vernünftige Lösung zu suchen.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: