Hohenlinden:Energiewende verschoben

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Hohenlinden lehnt Ökostromtarif und E-Tankstelle erst mal ab

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden

Wie kann die Gemeinde grüner werden und für die Energiewende künftig noch intensiver erneuerbare Energien nutzen? Darüber gibt es seit dem Einzug der Grünen in den Hohenlindener Gemeinderat bei fast jeder Sitzung hitzige Debatten. Das kommt bei einigen der Gemeinderäte, die schon länger im Gremium aktiv sind, offenbar nicht so gut an. Mechtild Maurer (ÜWH) kritisierte den Stil der neuen Gemeinderatsmitglieder beim Thema erneuerbare Energien etwa als "überheblich". Diskussionen würden zu emotional geführt.

Auch in der jüngsten Sitzung war es wieder so weit. Diesmal ging es um den vom Dritten Bürgermeister Johannes Rumpfinger (Grüne) beantragten Umstieg der Gemeinde auf einen Ökostromtarif bei den Sempt-Elektrizitätswerken Erding (SEW) als lokalen Stromanbieter und eine von der SEW angebotene kostenlose Ladesäule für E-Fahrzeuge neben dem Rathaus und den Vertrag dazu. Im neu gegründeten Umweltausschuss konnten sich die darin vertretenen Gemeinderatsmitglieder bislang mit den Themen noch nicht beschäftigen, weil es wegen der Corona-Pandemie nur ein Treffen gegeben hatte. Die Debatte zur Energiewende spielt sich deshalb meist im Gemeinderat ab - zum Missfallen einiger Gemeinderäte aus den Reihen der ÜWH und der CSU. Ihre Kritik: Es sollten Experten einbezogen, Informationsveranstaltungen organisiert und ein fundiertes Konzept erstellt werden, statt ständig über das Thema im Gemeinderat zu diskutieren, sagten Mechtild Maurer, Hildegard Fröhlich (beide ÜWH), sowie der Zweite Bürgermeister Thomas Riedl und Theodor Falterer (beide CSU).

Auch Bürgermeister Ludwig Maurer (ÜWH) gab zu bedenken, dass bei der Energiewende die Praxis auch zu den in der Theorie anvisierten Zielen passen müsse. Die vom Dritten Bürgermeister beantragte Umstellung des Vertrags zwischen SEW und Gemeinde im nächsten Jahr auf einen etwas teureren - 700 Euro pro Jahr - Ökostromtarif wurde mit der Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder von ÜWH und CSU abgeschmettert. Winfried Rohrbach von den Grünen bedauerte diese Entscheidung: "Die Gemeinde hätte ein deutliches Signal für den Ökostrom setzen können." Bürgermeister Maurer hingegen zeigte sich skeptisch, ob die Umstellung auf den Ökostromtarif ein Vorteil im Hinblick auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit wäre. Bisher seien beim Ökostrom viele Ziele nur auf dem Papier, aber noch nicht in der Realität umgesetzt worden, auch wegen der Probleme bei der Speicherung. Mechtild Maurer forderte, Verbesserungen müssten realisierbar und finanzierbar sein. Auch Zweiter Bürgermeister Riedl bezeichnete die Debatten mit den neuen Gemeinderatsmitgliedern zur Energiewende als zu theoretisch. Er sei froh, dass es lokale Stromanbieter wie die SEW gebe, die sich auch um "die Nutzung der regenerativen Energiequellen bemühen". Eine Umstellung auf den Ökostromtarif wäre derzeit ohne große Effekte für die Umwelt. Judith Ortenburger (SPD) hingegen sprach sich für die Umstellung auf den Ökostromtarif aus, weil nur so Verbraucher Druck auf die Stromlieferanten ausüben und damit die Anbieter zwingen können, künftig noch mehr zertifizierten Ökostrom herzustellen.

Eine von Vertretern der SEW angebotene E-Ladesäule neben dem Rathaus zwischen bestehenden Parkplätzen wurde diskutiert, der Punkt aber zurück gestellt, weil es sich dabei um keine Schnellladesäule handelt. Theo Falterer kritisierte dies, denn auch wenn die von SEW angebotene E-Tankstelle E-Fahrzeuge am Rathaus nicht im schnellstmöglichen Verfahren aufladen würde, könnte damit eine Lademöglichkeit in der Ortsmitte geschaffen werden: "Ich verstehe nicht, warum wir das nicht machen, wenn uns die SEW die Ladesäule kostenlos anbietet." Bürgermeister Maurer teilte dazu mit, dass bei der weiteren Planung der Ortsmitte neue Ladestationen eingeplant werden sollen und über Standorte gesprochen werde. Zudem soll auch zu diesem Punkt noch mit Fachleuten über die Details gesprochen werden

Mechtild Maurer forderte in diesem Kontext einen kooperativeren und konstruktiveren Stil im Gemeinderat und sprach damit die Vertreter der Grünen und der SPD an. Ihr gefalle die "Überheblichkeit" nicht, mit der einige der neuen Gemeinderatsmitglieder aufträten, als seien sie Experten. Sie regte an, im Frühjahr zu dem Energie-Thema eine Veranstaltung mit Fachleuten zu organisieren, um die Gemeinderatsmitglieder und interessierte Bürger kompetent zu informieren.

Rumpfinger entgegnete, dass diese Themen für die Grünen eben wichtig seien. Er räumte ein, dass es "Halbwissen" zu energiepolitischen Themen gebe und regte an, enger für künftige fachliche Beurteilungen mit der Energieagentur Ebersberg -München zu kooperieren, um die Gemeinde klimafreundlicher zu gestalten. Mit der Energieagentur arbeitet die Gemeinde bereits bei der anvisierten Umsetzung von zusätzlichen Fotovoltaikanlagen nach einem Beschluss des Gemeinderats zusammen.

© SZ vom 07.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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