Süddeutsche Zeitung

Hochwasserschutz in Kirchseeon:Land unter im Moos

Der Hochwasserschutz im Kirchseeoner Ortsteil Osterseeon kann nicht wie geplant umgesetzt werden. Damit die Bewohner keine nassen Füße bekommen, muss sich die Gemeinde nun neue Lösungen überlegen

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Tagelange Regenfälle mag niemand so wirklich, für die Bewohner des Kirchseeoner Ortsteils Osterseeon können solcherlei Wetterkapriolen gar zu einem handfesten Problem werden. Dann nämlich, wenn so viel Wasser vom Himmel kommt, dass das dortige Durchlassrohr der Menge nicht mehr Herr wird. Dieses Szenario ist mit der Sanierung des Abflusses sogar noch wahrscheinlicher geworden, denn diese konnte nicht wie geplant zu Ende gebracht werden. Weil die Gemeinde ein dafür nötiges Grundstück nicht bebauen darf, drohen den Bewohnern im Kirchseeoner Moos womöglich bald nasse Füße. Um das zu verhindern, sucht man nun nach Lösungen.

Für kurzfristige Sicherheit soll eine mobile Pumpanlage sorgen, die überschüssiges Wasser aus dem Ortsteil entfernt. Auf diese Interimslösung verständigte sich der Marktgemeinderat bei seiner jüngsten Sitzung, die Verwaltung soll nun entsprechende Angebote einholen. Dass damit das Moos nicht auf Dauer geschützt werden kann, war jedoch allen Beteiligten klar. Deshalb strebt die Gemeinde unter Einbindung entsprechender Fachleute ein grundsätzliches Konzept für das Gebiet im Südwesten des Marktes an. Dass ein solches nötig sein wird, war im Sommer 2019 nicht abzusehen. Damals hatte der Gemeinderat beschlossen, den baufälligen Abfluss zu sanieren. Dazu sollte ein neues Rohr in das bestehende eingeführt und zusätzlich eine zweite Leitung - ein sogenannter Bypass - gelegt werden. Zusammen hätten beide Durchlässe dann die selbe Menge an Wasser ableiten können, wie das bisherige Rohr. Diese Rechnung jedoch scheiterte an dem Veto eines Grundbesitzers, der der Gemeinde nicht erlaubt, den Bypass durch sein Erdreich zu legen. Eine Entscheidung, die Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) allem Ärger zum Trotz nachvollziehen kann. Das Risiko von Gebäudeschäden sei bei solchen Maßnahmen nie ganz auszuschließen, sagte der Rathauschef nun in der jüngsten Gemeinderatssitzung.

In dieser machte Gemeinderat Rüdiger Za (Grüne), der selbst im Moos wohnt, seinen Kollegen mit Hilfe eines Meterstabs die Problematik anschaulich klar: Das alte Rohr hatte einen Durchmesser von 120 auf 80 Zentimeter, das neue hingegen nur 75 auf 50 Zentimeter. Der Bypass, der eigentlich 90 Zentimeter Durchmesser haben sollte, wurde bisher nicht gebaut. Die Menge an Wasser, die von der Marktgemeinde aus in Richtung der Stadt Grafing geleitet wird, hat sich durch die Baumaßnahmen also erheblich verringert.

Und das wird wohl vorerst auch so bleiben, wie die Gemeinde in einer Stellungnahme schreibt: Es sei zu erwarten, dass die Errichtung der zusätzlichen Leitung nur mit einem hohen Zeitverzug oder überhaupt nicht möglich sein wird. Oder wie Bürgermeister Paeplow sagte: "Das mit dem Bypass wird nichts." Selbst die Leitung auf dem Rechtsweg zu erstreiten, würde dem Rathauschef zufolge Jahre dauern.

Zeit, die die Anwohner in Osterseeon nicht haben, denn ihnen steht das Wasser bis zum Hals - oder bis zum Knöchel. Entsprechend kein gutes Haar ließ Rüdiger Za deshalb am bisher mit dem Bau beauftragten Ingenieurbüro. Die Planung sei "grottenschlecht" gewesen, schimpfte der Grünen-Gemeinderat, der im Vorfeld der Sitzung einen Antrag auf die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen gestellt hatte. Er jedenfalls wolle dieses Büro hier in der Gemeinde nicht mehr sehen.

Das muss er wohl auch so schnell nicht, denn nun will sich die Gemeinde eine zweite Meinung einholen und ein anderer Gutachter soll sich mit den Gegebenheiten im Moos beschäftigten. Man müsse schauen, wo das Wasser überhaupt herkomme, sagte Bürgermeister Paeplow. Dann könne man Maßnahmen erarbeiten, um bereits vor einem möglichen Rückstau einzugreifen. "Unser Ziel ist es, das Moos dauerhaft zu entlasten." Dass dies zwingend notwendig ist, machte auch Paul Hörl (CSU) klar. Man müsse künftig verstärkt mit Starkregen rechnen, genauso aber mit Dürreperioden. "Das Moos könnte in Zukunft ein wichtiges Wasserreservoir werden", so Hörl, der mit dem Gedanken spielte, das abgepumpte Wasser womöglich zu speichern.

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SZ vom 03.04.2021
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