Hochsaison in Ebersberg:Ein Knaller, wie es noch keinen gab

Hochsaison in Ebersberg: Trotz Gewitterstimmung muss das große Zirkuszelt, in dem sechs Veranstaltungen des Ebersberger Kulturfeuers stattfinden, zügig aufgebaut werden.

Trotz Gewitterstimmung muss das große Zirkuszelt, in dem sechs Veranstaltungen des Ebersberger Kulturfeuers stattfinden, zügig aufgebaut werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein großes Lagerfeuer, Liegestühle auf Sand, ein Zirkuszelt und mehrere Bühnen: Die Vorbereitungen für das Kulturfeuer bringen die Verantwortlichen an ihre Grenzen

Von Rita Baedeker

Man würde Alexander Liegl vom Verein "Kleinkunst im Alten Kino" ja nur zu gerne unter die Arme greifen bei der Suche nach geeigneten Requisiten für die Sause zur Eröffnung des Kulturfeuers im Klosterbauhof - aber Hinkelsteine? Markus Bachmeier liest die in seinem Smartphone eingegangene Anfrage des Kollegen laut vor und lacht. "Wo bitte soll es hier solche Steine geben? Vielleicht am Stoa in Edling?" Vermutlich werde nur die Bavaria aushelfen können. In deren riesigem Lager gibt es nichts, was es nicht gibt.

Derzeit dreht sich bei Markus Bachmeier und seinem Team alles um das Kulturfeuer, das ein Knaller werden soll, wie es noch keinen gab. Dem Wildschweinbraten am Spieß, der am 16. Juli zur Eröffnung im Klosterbauhof allen Besuchern serviert wird, würde auch Obelix, dem Gallier, kräftig zusprechen. Wie nun insbesondere der Ebersberger zu "sus scrofa", wie das Schwarzwild lateinisch heißt, kam, wird Requisiten- und Heimatforscher Alexander Liegl dem geneigten Publikum bei dieser Gelegenheit ebenfalls erklären. Für einen Verzehrgutschein von zehn Euro ist man dabei beim Festschmaus, der bei Regen in den Alten Speicher verlegt wird. "Das Wildschwein wird frisch geschossen", versichert Bachmeier. Zwei Köche, Anne Liebegott und der Australier Scott Bartel, kümmern sich ums Wildbret. Bartel hat sechs Jahre lang im Hotel Hyatt in Adelaide gekocht, Wildschweinbraten stand da zwar eher selten auf der Speisekarte, dafür Känguru und Krokodil. "Ist auch Wild und schmeckt echt lecker", sagt er. Für die Zubereitung des Wildschweins am Drehspieß veranschlagt er acht Stunden. Zuvor werde das Schwein in Salz gepackt, damit es ein wenig austrocknet. Dann wird die Schwarte kreuzweise eingeschnitten, der knackigen Kruste wegen. Gewürzt wird der Braten mit Thymian, Rosmarin und Kümmel. Scott Bartel hofft auf eine Wildsau ("der Geschmack ist nicht so intensiv") von 60 bis 80 Kilo, die reicht für 300 Portionen. Für die Lieferung des Tiers sei das Forstamt Wasserburg zuständig, sagt Martin Otter, erster Vorsitzender der Kreisgruppe Ebersberg des Bayerischen Jagdverbands. "Im eingezäunten Teil des Ebersberger Forstes ist es leichter, auf Bestellung ein Schwein zu schießen, außerhalb ist das schwierig." Doch wer immer das Bret liefert: Scott Bartel wird es mit Semmelknödel, Spätzle und Blaukraut servieren. Dazu sollte man unbedingt den eigens gebrauten Zaubertrank probieren.

Mit dem eigenwilligen Auftakt des Festivals, das in diesem Jahr Premiere hat, ist der logistische Aufwand, der zurzeit betrieben wird, aber noch lange nicht zu Ende. Von nächsten Montag an, wenn auch das Sommerfest der Musikschule vorbei ist, wird der Klosterbauhof in eine märchenhafte Kulisse verwandelt. Eigens für diesen Zweck genähte Stoffe werden den Hof in ein romantisches weiches Licht tauchen. In der Mitte wird ein Lagerfeuer brennen, dazu wird ein Beach-Bereich mit Sand und Liegestühlen geschaffen. So was gehört heute einfach dazu. Ein alter Bus dient als Bühne, auf der Live-Acts stattfinden oder Bands spielen, die der Ebersberger Gitarrist Jeremy Teigan organisiert.

Die gesamte Gestaltung des historischen Hofes obliegt dem Film- und Kulissenbauer Hermann Größ, der gerade eine Folge der Serie "Polizeiruf" fürs Fernsehen ausgestattet hat. Der Platz soll zum Wohnzimmer für die ganze Stadt werden. "Es ist uns wichtig, dass hier jeder ohne Eintritt zu zahlen hingehen, essen, trinken, plaudern, sich mit Freunden treffen kann." Auch die Gastronomen vom Café Zimtblüte und der neu eröffneten Osteria machen mit. "Wir hoffen, dass unsere Bürger den Platz annehmen", sagt Bachmeier. Bei starkem Regen allerdings passiert auf dem Platz nichts.

Dafür geschieht rundherum umso mehr. Seit Montag herrscht auf dem Volksfestplatz Zirkusatmosphäre. Vier Sattelschlepperhaben die Teile des gelbweiß gestreiften Prachtzelts für die Show der Gruppe "Movimento" und andere Künstler und Artisten herangekarrt. Innerhalb von nur drei Tagen, bei Regen und Wind, soll das "gewaltige Teil", das aussieht wie der Palast eines Nomadenfürsten, aufgebaut werden. Mit Tribüne und einem Tunnel von der Volksfesthalle zum Zelt. "Die 350 Mitglieder von Movimento sollen trockenen Fußes ins Zelt kommen", sagt Bachmeier. Der Tunnel, aus Planen und Bauzäunen errichtet, dient auch der Feuerwehr als Zugang. Das Zelt ist wasserdicht. "Ab Windstärke acht müssen wir es schließen", berichtet Bachmeier.

Eine große Herausforderung werde auch der Wechsel zwischen Zirkus-Variété und Kabarettabend sein. "Die Artisten brauchen eine komplett andere Bühnensituation als die Kabarettisten", erklärt Bachmeier. Zum Beispiel am 22. Juli, dem Abend mit den Artisten von GOP aus München, auf den Gerhard Polt und die Well-Brüder mit ihrem Programm folgen. "Die Manege muss raus, Licht, Ton und Bestuhlung wechseln. Ein Umbau, der die ganze Nacht dauern wird", vermutet Bachmeier. Im Alten Speicher wiederum hat man zwar Ruhe vor den Launen des Wetters; doch auch dort lautet die Devise: Abbauen, Aufbauen, Umbauen! "Das alles ist mit der Organisation einer Veranstaltung im Alten Kino nicht vergleichbar", sagt Bachmeier, "man macht hier alles zum ersten Mal."

Auch eine enorme Geldsumme wird für dieses Festival, das künftig alle zwei Jahre stattfinden wird, bewegt. 20 000 Euro kostet allein die Zeltmiete. Für das gesamte Festival rechnet Bachmeier mit Kosten von etwa 200 000 Euro - "in der Hoffnung, dass wir bei Null rauskommen." Verdient ist dann so gut wie nichts. Dankbar ist Bachmeier dem Hauptsponsor, der Kreissparkasse, sowie der Stadt und der Musikschule für deren Engagement.

Bereits ausverkauft sind die Abende mit Polt, Pelzig und Martina Schwarzmann, gut gebucht GOP, Movimento, Helmut Schleich und Quadro Nuevo. Bei dem noch relativ unbekannten Kabarettisten Timo Wopp hakt es noch; ebenso beim Kinderprogramm von Quadro Nuevo, der Unterbiberger Hofmusik und beim Chorkonzert der heimischen Ensembles Choir's Crossing und dem Gospelchor St. Lukas. "Das sind alles tolle Programme", sagt Bachmeier. Man sollte sich übrigens nicht entmutigen lassen. "Meist gibt es kurzfristig auch für ausverkaufte Vorstellungen Karten, die nicht abgeholt wurden, oder man schafft eben noch ein paar Plätze mehr."

Zunächst aber fiebert der Hüter des Kulturfeuers dem Aufbau des Zelts entgegen. "Wenn alles steht, fällt mir ein Stein vom Herzen." Vermutlich einer von der Sorte, wie ihn Alexander Liegl gerade sucht.

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