Hilfe in Not:Überfällige Bescherung

Hilfe in Not: Doppelt Grund zu feiern gibt es beim Ebersberger Frauennotruf: Neben dem Jubiläum wird auch ein eigenes Frauenhaus immer wahrscheinlicher.

Doppelt Grund zu feiern gibt es beim Ebersberger Frauennotruf: Neben dem Jubiläum wird auch ein eigenes Frauenhaus immer wahrscheinlicher.

(Foto: Christian Endt)

Beim 30. Jubiläum des Frauennotrufs Ebersberg werden Erfolge und eine frohe Botschaft gefeiert: Landrat Niedergesäß stellt ein Frauenhaus im Landkreis in Aussicht, für das lange gekämpft wurde

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Das Beste kommt zum Schluss, hat Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sich vielleicht gedacht, als er am Donnerstagabend auf der Bühne des Alten Kinos in Ebersberg erscheint. 18 Frauen sitzen und stehen dort bereits; 18 Frauen verschiedenen Alters, die sich alle für den Frauennotruf in Ebersberg engagieren oder engagiert haben, und dessen 30-jähriges Bestehen heute gefeiert wird. Eigentlich hätte Niedergesäß das Grußwort eingangs übernehmen sollen, doch wegen einer Verspätung wird es nun das Schlusswort. "Ich bin ein optimistischer Mensch", beginnt Robert Niedergesäß, und es ist plötzlich sehr leise im Saal. 20 000 Plätze in Frauenhäusern bräuchte man eigentlich in Deutschland, so Niedergesäß, rund 7000 gibt es. "Wir haben den Antrag auf ein Frauenhaus in Ebersberg nächste Woche im Kreisausschuss", sagt er. "Ich kann nicht für das Gremium sprechen, aber ich denke, wir können nächste Woche den Grundstein dafür legen, dass wir in naher Zukunft in Ebersberg ein Frauenhaus haben werden können." Die Stille hält noch kurz an, dann sagt eine der Frauen auf der Bühne: "Ich muss jetzt doch mal klatschen", und der Applaus brandet los.

Die frohe Botschaft ist längst überfällig. Seit 30 Jahren gibt es in Ebersberg den Frauennotruf, seit 30 Jahren setzen sich die Frauen für ein Frauenhaus in Ebersberg ein. Bisher beteiligte sich der Landkreis finanziell mit an der Erdinger Einrichtung, die jedoch meist voll belegt und somit kaum verfügbar ist. SPD und Grüne haben nun einen Antrag auf ein Frauenhaus im Landkreis eingereicht, der am Montag noch eine Mehrheit im Kreisausschuss finden muss.

Doch das ist nur eines der Themen an diesem Abend, der auch ein Streifzug durch die Geschichte der Frauenbewegung im Bayern der 80er und 90er Jahre ist. Toni Ried (Freie Wähler), Ebersbergs Zweiter Bürgermeister, erzählt von der Gründung des Frauennotrufs aus seiner Sicht. "In der damaligen Gesellschaft war das nicht unumstritten", so Ried. "Ja, für was ist denn des notwendig; wenn mir mal die Hand ausrutscht, dann ist das ein Kavaliersdelikt" - das sei in den 80ern die landläufige Meinung gewesen.

Von den Widerständen in den Anfängen und heute berichten dann auch die Gäste der Talkrunde, durch welche die Moderatorin Marlen Reichert führt. Dazu haben Frauen aus der Gründungsphase des Frauennotrufs, ehemalige und aktuelle Mitarbeiterinnen Platz auf der Bühne genommen. Auch wenn die Geschichten und Anekdoten über ihre Arbeit teils harter Tobak sind, schafft es insbesondere Katharina Gstettenbauer, Frauennotruflerin der ersten Stunde, die Stimmung immer wieder aufzulockern. Sie erzählt vom Herbst 1988, als sie gemeinsam mit fünf anderen Frauen einen Brief an alle parteipolitisch engagierten Frauen verfasste, der alles ins Rollen brachte. Bei der legendären Gründungsversammlung des Vereins "Frauen helfen Frauen im Landkreis Ebersberg", von dem eine Säule der Frauennotruf ist, seien 80 Frauen anwesend gewesen. Einige konservativ eingestellte Frauen wollten die Forderung "Wir sind feministisch und selbstbestimmt" nicht mittragen und "sind mit einem Knall ausgezogen", so Gstettenbauer. Heute lachen die Anwesenden darüber - wenn auch mit einem Kopfschütteln, denn 30 Jahre, das sagen viele an diesem Abend, sind ja eigentlich keine allzu lange Zeitspanne.

Nur mit viel Ausdauer und Liebe, das wird bei den Erzählungen der Frauen klar, war und ist ihre Arbeit zu machen. Nicht nur die Dramen, die hinter den Anrufen beim Frauennotruf stecken, sind kräftezehrend; auch das Klinkenputzen, das der Verein nach 30 Jahren Bestehen immer noch tätigen muss, um Geld einzutreiben. Mittlerweile unterstützt zwar der Landkreis Ebersberg die Arbeit der Frauen finanziell, doch zehn Prozent muss der Verein, welcher der Träger des Frauennotrufs ist, selbst aufbringen. "Es wäre wichtig, dass Geld reinkommt", heißt es auf der Bühne, oder: "Ohne Moos nix los", wie es Katharina Gstettenbauer ganz prosaisch zusammenfasst.

Positiv blickt Geschäftsführerin Angela Rupp in die Zukunft der Frauenarbeit. "Der bayernweite Trend geht dahin, dass mehr Gelder für unsere Arbeit gegeben werden", sagte sie der SZ. Die bereits existierenden 1,75 Stellen konnten jüngst auf 2,5 aufgestockt werden. Den Bedarf jedoch deckt das bei Weitem nicht: Immer mehr Frauen wenden sich an den Notruf. Neben Großspenden ist der Verein also auch händeringend auf der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen.

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