Süddeutsche Zeitung

Hilfe für die Jugend:Neues Konzept gegen Jugendarbeitslosigkeit

  • Die "Jugendberufsagentur" soll jungen Menschen beim Eintritt ins Berufsleben helfen.
  • Das Jobcenter arbeitet mit verschiedenen Partnern derzeit an einem Konzept.
  • Grund dafür ist, dass es auch in Ebersberg eine "Dunkelziffer" junger Menschen gibt, die Probleme haben, aber keine Unterstützung erfahren.

Von Theresa Parstorfer, Ebersberg

Ein Besuch im Jobcenter kann Überwindung kosten, stressig und nervenaufreibend sein. Oft müssen Wartezeiten in Kauf genommen, allerhand Formulare vorgelegt und ausgefüllt werden. Man stelle sich jedoch vor, nicht nur ein Gang zum Jobcenter, sondern auch zum Jugendamt, der Schulberatung und dem zentralen Sozialdienst stehen an.

Und dann stelle man sich noch vor, ein Jugendlicher kurz vor oder nach dem Schulabschluss sucht Arbeit und muss den Weg durch diesen "Behördendschungel" antreten. Jemand, der vielleicht nicht weiß, wohin, und der von zuhause womöglich keine Unterstützung erfährt, weil die Eltern selbst mit gesundheitlichen, psychischen oder anderen Problemen zu kämpfen haben.

Ein derartiges Szenario schilderte Hermann Schmidbartl vom Ebersberger Jobcenter am Donnerstag im Sozialausschuss des Ebersberger Kreistags. In Ebersberg gebe es zwar bereits ein gutes Angebot für Jugendliche mit sozialen und schulischen Problemen, dennoch kommen Fälle vor, in denen sich ein junger Mensch nicht mehr zu helfen weiß.

Das soll ein neues Projekt des Jobcenters in Zusammenarbeit mit Partnern wie dem Zentralen Sozialdienst, der "Brücke" und auch den Mentoren und Familienpaten ändern. "Jugendberufsagentur" heißt das Projekt, das Schmidbartl und Christian Salberg, Leiter des Jugendamtes, im Kreistag vorstellten.

Bundesweit wurde es bereits 2013 unter dem Motto "Kein Talent darf verloren gehen" ausgerufen. Detlef Scheele, der damals Senator für Arbeit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg war und heute Vorsitzender des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit ist, hat es initiiert.

Ziel soll es auch in Ebersberg sein, jungen Menschen den Weg durch den "Behördendschungel" zu erleichtern. Denn wie die Erfahrung zeigt, so Schmidbartl, gibt es auch im Landkreis junge Menschen, die "am Übergang von Schule in den Beruf stehen und die das nicht schaffen".

Es geht darum, alle ins Boot zu holen

Wie ein "Stützkorsett" soll die Jugendberufsagentur funktionieren und den jungen Menschen eine Anlaufstelle bieten, die den Überblick über berufliche Möglichkeiten behält, sich aber auch im Umgang mit behördlichen Schritten auskennt. Deshalb sei eine bessere Zusammenarbeit zwischen den bereits etablierten Stellen unabdingbar, erklärte Schmidbartl. "Das Know-how ist ja schon da, es geht darum, die Verbindungen zu stärken und alle ins Boot zu holen."

Bewusst "spät" und "klein" habe man mit der Ausarbeitung eines Konzeptes für den Landkreis angefangen. Nicht, weil das Thema nicht wichtig, sondern gerade weil es so wichtig ist. In anderen Landkreisen, beispielsweise in Mühldorf, gibt es bereits derartige Jugendberufsagenturen.

"In Mühldorf wird das Angebot gut angenommen, befindet sich aber ebenfalls noch im Aufbau, sodass der Ansturm überschaubar ist", sagt Schmidbartl. Für ihn und seine Kollegen sei die Orientierung an bisherigen Praxismodellen jedoch sehr hilfreich. Auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) lobte das bedachte Vorgehen. "Manchmal ist es gut, wenn man nicht der allererste ist, sondern von anderen Erfahrungen profitieren kann", sagte er.

Konkret soll die Jugendberufsagentur in der ersten Hälfte 2019 ihre Arbeit aufnehmen. Eine halbe Stelle für die Koordination und Vernetzung der bestehenden Strukturen ist geplant. "Je nachdem, wie gut es läuft, kann man aufstocken", sagt Schmidbartl. Vor allem sei jedoch wichtig, herauszufinden, wie groß der Bedarf tatsächlich ist. Denn das größte Problem, vor dem sowohl das Jobcenter als auch das Jugendamt steht, ist die "Dunkelziffer an Jugendlichen, die im Moment noch durch die Hilfen durchrutschen".

Dass es diese Dunkelziffer gibt, davon gehen sowohl Schmidbartl als auch Salberg aus. Um sie zu erreichen und einzubinden, "müssen wir die Art der Kommunikation ändern", sagt Schmidbartl. Denn eben diese Jugendlichen würden nicht aktiv Hilfe suchen. Schulen seien wichtige Ansprechpartner, Vereine wurden von Ulrich Proske (SPD) noch einmal explizit erwähnt. Vertrauenspersonen zu finden, sei ein wichtiger Punkt, und dann in regelmäßigem Kontakt zu bleiben, ein anderer.

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SZ vom 19.05.2018/tpa
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