Heilers letzte Sitzung:Zum Abschied ein Haushalt

Weil sich Bürgermeister Rudolf Heiler eines Kniffs bedient, gelingt ihm beim letzten Etat seiner fast 18-jährigen Amtszeit ein früher selten erreichtes Kunststück: Das Zahlenwerk mit nur einer Gegenstimme durch den Stadtrat zu bringen.

Von Thorsten Rienth

Knapper wäre es nicht gegangen: Mit nur einer Stimme Mehrheit hatte der Grafinger Haushaltsausschuss vor drei Wochen den Etatentwurf mit einer Beschlussempfehlung in den Stadtrat geschickt. Dort ist die Aufstellung dann - dank eines Kniffs von Bürgermeister Rudolf Heiler (Freie Wähler) - am Dienstagabend mit nur einer Gegenstimme angenommen worden.

Umstritten ist der Haushalt unter zahlreichen Grafinger Stadträten allen voran wegen der geplanten Kreditaufnahme von mehr als 2,7 Millionen Euro. Viele stören sich auch an der darauf aufbauenden Prognose für die nächsten Jahre. Ihr zufolge sollte sich der Grafinger Schuldenstand bis Ende des Jahres 2017 auf etwas mehr als 19 Millionen Euro nahezu vervierfachen.

Heiler, für den die Sitzung am Dienstagabend die letzte in seiner 18-jährigen Amtszeit war, machte etwas, das bei kommunalen Haushaltsabschlüssen höchst selten vorkommt: Obwohl bereits ein Empfehlungsbeschluss aus dem Haushaltsausschuss vorlag, setzte die Verwaltung noch einmal den Rotstift an. Bei einer Reihe ursprünglich geplanter Ausgaben schlug Heiler vor, sie entweder zu verringern oder auf das Jahr 2015 zu strecken.

Würde das Gremium die etwa ein Dutzend Einzelvorschläge annehmen, wäre der Vermögenshaushalt von 8,04 Millionen Euro auf 6,72 Millionen Euro gestutzt. Gleichzeitig ginge die geplante Kreditaufnahme von 2,75 Millionen Euro auf 1,76 Millionen Euro zurück. Zusammen würde das - alleine im Jahr 2014 - eine Einsparung von gut 1,3 Millionen Euro bedeuten. Einige weitere Effekte eingerechnet würde der Schuldenstand bis Ende 2017 auch nicht mehr auf gut 19 Millionen Euro steigen. Sondern auf 14 Millionen Euro.

Konkret schlug die Verwaltung etwa vor, die Fenstersanierungen in der Rathaushasse zu verschieben (minus 80 000 Euro), die Sanierung der Grundschultoiletten auf zwei Jahre zu verteilen (minus 130 000 Euro) oder die Renovierung der städtischen Wohnungen in der Hauptstraße in Grafing Bahnhof auf das nächste Jahr zu strecken (minus 180 000 Euro). Zudem könne man bei den neuen Fahrzeugen des Bauhofs mit weniger Geld auskommen, erklärte Stadtkämmerer Christian Bauer. Statt den ursprünglich angesetzten 255 000 Euro käme man notfalls auch mit 200 000 Euro zurecht.

Weil sämtliche dieser Punkte natürlich vom Empfehlungsbeschluss aus dem Haushaltausschuss abwichen, musste Heiler sie einzeln abstimmen lassen - und am Ende noch einmal den kompletten Haushalt. Den Stadträten gab das bei jedem Einzelpunkt reichlich Möglichkeit, über Grafings Finanzpolitik der jüngeren Vergangenheit in ihrer Gänze zu sinnieren.

CSU-Stadtrat Max Emanuel Graf Rechberg äußerte beispielsweise seine Besorgnis, weil die Stadt seit Jahren deutlich mehr Geld ausgebe, als sie einnehme. Christiane Goldschmitt-Behmer (Grüne) sah sämtliche Mitglieder des Stadtrats gefordert. "Die Ausgaben sind alles Mehrheitsbeschlüsse aus dem Stadtrat, da können wir jetzt nicht herkommen und sagen, dieses und jenes machen wir jetzt doch nicht." Ein Argument, mit dem Bürgermeister Heiler praktisch jede Kritik an seinen Haushaltsplänen zurückwies. "Sie haben das in der Hand", sagte er in die Runde. "In diesem Haushalt steht nichts drin, das Sie hier nicht irgendwie beschlossen haben!"

Zweite Bürgermeisterin Susanne Linhart (CSU) sah die Wochen nach der Sitzung des Haushaltsausschusses "sinnvoll genutzt" und kündigte ihre Zustimmung zu den neuen Plänen an. Gleiches tat auch Freie-Wähler-Stadtrat Heinrich Hölzle: "Wir haben die Pflicht, dem neuen Stadtrat einen Haushalt zu hinterlassen und ihn nicht im Mai in die nächste Runde zu schicken. Wenn wir jetzt nicht zu Potte kommen, haben die nichts, mit dem sie arbeiten können."

Heilers Kalkül, den Stadtrat mit einer deutlich geringeren Neuverschuldung zur Zustimmung zu bewegen, ging also auf. Lediglich CSU-Stadträtin Anja Walz stimmte gegen den neuen Entwurf. Ihr war der Ausblick auf die prognostizierten Schuldenstände noch immer zu hoch. "Man muss ja auch mal bedenken, dass da die Schulden der Stadtwerke hier noch gar nicht eingerechnet sind", sagte sie. "Und wenn wir das tun, sind wir schnell bei 30 Millionen Euro." Das sei nichts, das man einem neuen Stadtrat aufbürden könne.

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