Harmonie im Landratsamt:Ohne große Differenzen

Der Kreistag verabschiedet einstimmig den Etat für 2018. Nur bei der Kreisumlage, die die Kommunen zahlen müssen, sind sich nicht alle einig

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Es schien, als habe sich der Weihnachtsfrieden bei den abschließenden Haushaltsberatungen des Kreistags bereits über den Hermann-Beham-Saal im Landratsamt gesenkt: Von einem "ganz besonders guten Haushalt" schwärmte Landrat Robert Niedergesäß (CSU), auch SPD-Fraktionschef Albert Hingerl zeigte sich zufrieden über den Etatentwurf, "weil wir uns alle wiedergefunden haben". Wilfried Seidelmann von den Freien Wählern hob zu einer großen Dankrede an, die die Mitarbeiter der Kreisklinik ebenso umfasste wie die Steuerzahler im Landkreis, und Christian Eckert lobte für die Fraktionsgemeinschaft aus Bayernpartei, ÖDP und AfD das gute Miteinander im Kreistag. Selbst Reinhard Oellerer, der Finanzexperte der Grünen, sprach von einer generell soliden Finanzierung, er appellierte dennoch dafür, auf die erneute Senkung der Kreisumlage zu verzichten.

Freilich vergeblich: 47 Punkte wird die Umlage im kommenden Jahr betragen, das wird voraussichtlich einer der niedrigesten Hebesätze in Oberbayern sein. Die Senkung um 0,5 Punkte wurde gegen die Stimmen der Grünen und Teilen der Fraktionsgemeinschaft beschlossen. Durch die fünfte Umlagensenkung in Folge werden neun der 21 Städte und Gemeinden weniger an den Landkreis abgeben müssen. Für den Etatentwurf an sich hoben alle Kreisräte geschlossen die Hand. Denn insgesamt steht der Kreis gut da, die Einnahmen sprudeln, nach konservativen Schätzungen wird der Überschuss im kommenden Jahr gut acht Millionen Euro betragen.

Hohe Überschüsse sind aber auch nötig, weil der Kreis hochfliegende Pläne und wenig Rücklagen hat: Allein für Schulbauten will er in den nächsten zehn Jahren 100 Millionen Euro aus der eigenen Kasse ausgeben; Finanzmanagerin Brigitte Keller macht daher keinen Hehl aus der Tatsache, dass sie die erneute Senkung der Kreisumlage für keine gute Idee hält. "Nur unter Vorbehalt" blicke das Finanzmanagement positiv in die Zukunft, heißt es im Vorbericht zum Haushalt; die Finanzplanungsperspektiven hätten sich durch das Absenken der Umlage "deutlich verschlechtert". Eigentlich, so Keller, müsste der Landkreis antizyklisch handeln und sich das Geld von den Gemeinden holen, wenn es ihnen gut gehe, und sie entlasten, wenn die Zeiten schwieriger würden.

"Dieses antizyklische Handeln ist dem Landkreis beim nächsten Einbruch der Steuereinnahmen nicht möglich, er verfügt angesichts des Investitionsprogramms der nächsten Haushaltsjahre lediglich über sehr geringe Liquiditätsreserven", so die Einschätzung Kellers, die sie allerdings den Kreisräten zum Endspurt der Haushaltsberatungen nur noch in schriftlicher Form nahebrachte - in der letzten Sitzung des Jahres gehört das Podium traditionell den Politikern.

Der Landrat unterstrich, die komfortable finanzielle Situation des Landkreises sei vor allem der starken Wirtschaftskraft der Region geschuldet, die allerdings auch ihre Kehrseiten habe, etwa mangelnden Wohnraum. Doch auch hier handle der Landkreis Ebersberg beispielhaft, so Niedergesäß, zum einen durch erhöhte Zuschüsse für Bauprojekte von Wohnungsgenossenschaften, zum anderen aber auch durch das neue Kommunalunternehmen für den Wohnungsbau. Niedergesäß nannte noch einige andere Bereiche, in denen der Landkreis eine Vorreiterrolle spielt: Beispielsweise erhalte er als einer der ersten in Bayern das RAL-Gütezeichen für eine mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung.

Für die CSU/FDP-Fraktion lobte Thomas Huber den Etat. Zwar werde sich der Kreis wieder neu verschulden, das sei aber "per se nichts Schlechtes", vor allem, wenn die Schulden für Investitionen in die Schulen genutzt würden.

Albert Hingerl von der SPD schlug in seiner Haushaltsrede einen größeren Bogen, auf die Fluchtursachen ging er ebenso ein wie auf die Herausforderungen der Digitalisierung, er nahm aber auch den Kreistag in die Pflicht: "Wir müssen raus aus der Denke, das ist Länder- und das ist Bundessache. Wir müssen lauter werden!", forderte er. Reinhard Oellerer von den Grünen schloss sich an, er appellierte ebenfalls dafür, mehr gegen soziale Schieflagen zu unternehmen.

Nachdenklich zeigte sich auch Christa Stewens. Der früheren bayerischen Sozialministerin fiel als dienstältester Kreisrätin das Schlusswort zu. Sie erinnerte an die Bedeutung eines funktionierenden Gemeinweisen in einer krisengeschüttelten Welt und appellierte hier an die besondere Verantwortung der Kreisräte: "Wichtig ist für mich: Der Frieden fängt vor Ort, im Kleinen an."

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